Fremdi Fötzel mit Drummle

Zur Basler Fasnacht zieht es nicht nur Heimwehbasler von weit her ans Rheinknie, auch auswärtige Trommler von New York, über London und Leiden bis ins Oberwallis lassen sich Basel’s most beautiful days of the year nicht entgehen.

George Kubicek aus New York schränkt kurz vor der Fasnacht eine seiner selber gebauten Trommeln. (Bild: Dominique Spirgi)

Viele Trommler aus fernen Ländern (und Kantonen) zählen die Basler Fasnacht ebenfalls zu den most beautiful days of the year. Ein paar von Ihnen wollen wir hier vorstellen.

«Basel bound, FASNACHT» («Bin auf dem Sprung zur Basler Fasnacht»), erhält zur automatisierten Antwort, wer derzeit eine E-Mail an George Kubicek schickt. Der New Yorker, der im Big Apple in einem Technologie-Zulieferbetrieb tätig ist, ist bereits eine Woche vor Fasnacht in Basel angekommen. Mit im Gepäck hatte er eine spezielle Trommel im typisch grünen Look des Landwirtschaftsmaschinenbetriebs John Deere, die er für einen amerikanischen Freund gebaut hat, der mit Schlegeln bewaffnet ebenfalls nach Basel gereist ist.

Kubicek ist über das amerikanische Trommeln mit der Basler Fasnacht in Kontakt gekommen. Bei einem internationalen Treffen von Fife and Drum Corps in den USA, zu dem auch Basler Formationen angereist waren, liess er sich vor ein paar Jahren vom Basler Trommeln anstecken. Seither lässt er keine Fasnacht aus.

An der Fasnacht selber trommeln mag er zwar nicht: «I am to slow and my drumming has a New York accent» («Ich bin zu langsam und mein Getrommel hat einen New Yorker Akzent»), sagt er, was aber seiner Fasnachtsbegeisterung keinen Abbruch tut. Er komme an die Fasnacht, um diese spezielle Kultur zu geniessen, Freunde zu treffen und neue Menschen kennenzulernen.

Der amerikanische Freund als Trommeldoktor

Bei der Tambourengruppe Frauenhilfswerk ist er als Vorträbler und Laternenträger unterwegs. Sowie als Trommellieferant und -doktor. Von seinem Hobby, dem Bauen von Holztrommeln, profitieren inzwischen elf aktive Trommler in Basel (sowie unzählige in den USA). Profitieren ist das richtige Wort, denn seine Instrumente sind mit Preisen um die 1300 Dollar (und das ist noch nicht der Freundschaftspreis!) um einiges billiger als die der Basler Anbieter. Und wenn eine Trommel notfallmässig geschränkt (nachgespannt) werden muss, packt George flugs die Handschuhe aus und legt sich ins Zeug.

Drei Tage trommelnd unterwegs ist indes Bill Lockhart, der seit gut zwanzig Jahren kaum eine Fasnacht mit der Pfeifer- und Tambourengruppe «Kerzedrepfli» auslässt – wenn es der Spielplan der English National Opera in London zulässt.

Lockhart ist Paukist im Opernhausorchester seiner Heimatstadt. Bei einem Gastauftritt in Luzern ist er mit der Basler Fasnacht in Kontakt gekommen. Über einen Schlagzeuger-Kollegen am dortigen Sinfonieorchester, der an der Fasnacht übrigens als Pfeifer unterwegs ist.

Seine vielen Fasnachts-Teilnahmen haben ihm inzwischen mit dem heimischen Grundwortschatz, den ein Tambour beherrschen muss, vertraut gemacht: «Hesch mr e Wysse» und «Bisch e glatte Siech». Leider pausieren muss ein weiterer Londoner, der vom Faschnachts- und Trommelfieber gepackt wurde: Paul Quarry, seit vielen Jahren Mitglied und Mittambour bei der Männer-Stammclique «Schnurebegge», muss einen Beinbruch auskurieren.

Fasziniert vom Fasnachtsuniversum

Was die Gäste aus dem angelsächsischen Raum so sehr am Basler Trommeln fasziniert, können sie selber nur ansatzweise erklären. Irgendwie ist es die Kombination der speziellen Rhythmen, die sich vom stumpfsinnigen Marschtakt des militärischen Ordonanztrommelns abheben, mit der Faszination, die vom speziellen Fasnachtsuniversum mit Kostümen und Larven ausgeht.

Oder ist es vielleicht tatsächlich das, was der 2000 verstorbene Deutsche Jazzpapst Joachim Behrendt einst geschrieben hat, nämlich «dass es in unserer Welt vor allem zwei wirklich weitausgebildete und musikalisch sinnvolle Trommeltraditionen gibt, die das Militärische abgestreift haben: Jazz-Drummer und Basler Tambouren».

Dieser Meinung scheint auch die Holländische Trommelgroep West-Nederland aus Leiden zu sein, die auf ihrer Website stolz vermerkt, dass sie «gespecialiseerd in een van de meest ingewikkelde, visueel aantrekkelijke en interessante trommeltechnieken ter wereld, het Basler trommelen» («spezialisiert sei auf eine der komplexesten, optisch ansprechendsten und interessantesten Trommeltechniken der Welt: das Basler Trommeln»).

Seit bald zwanzig Jahren reist eine Delegation der Holländischen Trommler an die Basler Fasnacht, um mit den Mätzli, dem Drummler, Gorilla, dem Ueli oder anderen Basler Trommelmärschen durch die Gassen zu ziehen. Und das tun sie, unter anderem gestählt durch die Basler Trommelinstruktorin mit holländischen Wurzeln, Edith Habrakken, mittlerweile mit beeindruckender Virtuosität.

Technisch ebenbürtig (bis sogar überlegen)

Mit den Spitzentambouren aus Basel spielend (bzw. schlagend und wirbelnd) mitzuhalten vermögen Guido Heyden und seine zwei Kollegen von der Oberwalliser Pfeifer- und Trommlerformation «Ahnenstolz» aus Ausserberg, was sie bei den gesamtschweizerischen Wettbewerben immer wieder unter Beweise stellen. Sie gehören zur Stammformation der Basler Trommlergruppe Piranhas.

Nicht wenige Trommelvirtuosen aus der Restschweiz lassen sich den Dreitages-Dauerauftritt in Basel nicht nehmen. Ihr zehnjähriges Jubiläum als Fasnachtsclique feierte letzte Fasnacht die Trommlerformation «D’Vaudois Basiliensis» aus Chablais im Kanton Waadt. Aus diesem Anlass hatten sie am Fasnachtsdienstag 2012 die Crème de la Crème der Basler Tambourenszene zu einem Apéro im Hof des Staatsarchivs eingeladen – und ganz viele von ihnen waren der Einladung gefolgt. Unter ihnen übrigens auch der Hausherr und Regierungspräsident Guy Morin.

Einen kleinen Wermutstropfen hat das Fasnachtspilgertum aber: Die Basler Trommler bekommen so Jahr für Jahr erneut den Beweis vorgesetzt, dass ihre Kollegen aus anderen Städten und Dörfern qualitativ durchaus mit der heimischen Spitze mitzuhalten vermögen, diese nicht selten gar übertrumpfen.

Nächster Artikel