Sammelalben wirken nur auf den ersten Blick unnötig – eigentlich befriedigen sie ein menschliches Grundbedürfnis.
Es gibt wohl kaum etwas Sinnloseres als ein Sammelalbum. Ausser Zeit- und Geldverlust resultiert aus dem Kaufen und Kleben scheinbar rein gar nichts. Man ist weder schlauer, erfahrener noch gebildeter geworden; denn wer sich ein Album über die Europameisterschaft kauft, der hat die Namen der Spieler und die Farben ihrer Trikots sowieso intus. (Oder empfinden Sie dieses Bild als realistisch: Bildchensammler klebt ein, verharrt, runzelt zweifelnd die Stirn, blättert, vergleicht Nummern, muss feststellen: Tatsächlich, Marin hat zu Chelsea gewechselt, das wusste ich ja gar nicht!? Eben.)
Natürlich, vielleicht lernt man durch die Tauscherei neue Freunde mit gleichen Interessen kennen. Und ja, so ein Päckchen mit Bildern ist spannend, vielleicht verbirgt sich ja Ronaldo genau hier drin, und dann ist die portugiesische Nationalmannschaft komplett!
Die Alben zielen auf ein Grundbedürfnis der Menschen ab, das in der normalen Welt so schwer zu befriedigen ist: den Wunsch nach Vollständigkeit. Man könnte sogar sagen: nach Vollendung. Und hier ist sie greifbar nahe. Mit Geld und Tauschgeschick ist es möglich, ein vollkommenes Kunstwerk zu erschaffen!
Das Bedürfnis, Dinge abzuschliessen, ist übrigens auch der Grund, weshalb es wohl immer gedruckte Zeitungen geben wird, Internet hin oder her: Letzteres ist niemals fertig, und das mögen wir Menschen nicht.
Wer ein wenig Perfektion braucht, um sich zu sammeln, und demnach ein Album, der kann das schnöde Panini-Heftchen links liegen lassen und sich statt dessen ein «Tschutti-Heftli» zutun: Hier gibt es keine Fotos, sondern Bilder von Künstlern, Fussballprojekte sowie die Hilfsorganisation Viva con Agua werden mit dem Erlös unterstützt. Und die Schweiz ist dabei – wenn auch in der Rubrik «leider nein».
Album (für 3 Franken) und Bilder (Päckchen à 10 Stück für 1 Franken) in Basel erhältlich im Café Hammer, Hammerstrasse 133, im Comix Shop, Theaterstrasse 7, und im Kulturbüro Florastrasse 1 – oder online auf www.tschuttiheft.liArtikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 11.05.12