Gefordert: Graf Seismo

Beim schrägen Second-Händler Graf Seismo hat sogar die US-Sängerin Erykah Badu fast einen Hut gekauft.

(Bild: Nils Fisch)

Kommende Woche beginnt die Uhren- und Schmuckmesse Baselworld. Tausende werden auf der Suche nach Preziosen zum Messeplatz strömen. «Alles Leute in Schwarz und Grau», sagt Graf Seismo, der direkt gegenüber den Secondhand-Laden «Musicarte» betreibt. «Dafür kommen sie aus aller Welt.»

Und das ist gut für den Grafen, der eigentlich Frank Keller heisst und Gitarren, Lederjacken («200 Stück!»), Hüte, einen Himmel voller Leuchter und vieles mehr verkauft. Das klingt nach Chaos, hat aber System. Viele gute Stücke schlummern in Seismos Sortiment, trotzdem will die heimische Kundschaft nicht so recht anbeissen. «Ich verhungere noch an den Baslern», sagt der Graf. Ihm ist das schleierhaft. «Bei mir gibt es karibische Musik im Sommer und im Winter!» Das stimmt, sie schallt bis weit auf die Strasse.

«Mein Laden ist eine überdimensionale Schatzkiste!»

«Amazing!», rufen die ausländischen Besucher regelmäs­sig aus, wenn sie den Laden betreten, behauptet Seismo. Etwa «zwei kanadische Girls», die ihm wegen eines Youtube-Videos über ihn extra einen Besuch abstatteten. Die Franzosen rufen «Ali Baba». Ali Baba? «Ist doch so, mein Laden ist eine überdimensionale Schatzkiste!» Und wenn kommende Woche die internationale Kundschaft, erschöpft von der Schmuckschau, hoffentlich zwischen Seismos Kuriositäten Erfrischung sucht, wird dieser mit einem Shaker an der Tür stehen und Stimmung machen.

Wer mehr davon will, kann den Seismo auch mieten, als Bluesröhre. «Möchten Sie mich in Ihrem Hause?», wirbt sein handkopierter Flyer. Er gibt auch gerne eine Kostprobe, greift in den Gitarrenwald, nimmt eine verstimmte Mundharmonika hervor und singt: «If you show me the way to the coconutbar …» Alle Songs hat er natürlich selber geschrieben. Engagements regnet es für den Grafen, der sein Alter mit «Ich war mal 60» angibt und früher in Bands spielte, im Moment noch nicht. Wenn alles gut geht, kriegt er aber einen Auftritt am Blues Festival Basel. Im Laden vorbeischauen sollte man aber auf jeden Fall. Im Herbst wird das Haus ­nämlich zugunsten des Claraturms abgerissen. «Kommt rechtzeitig», ruft der Graf, «es gibt keine Prozente!» 


Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 19.04.13

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