Einst nach Kanada ausgewandert, ist Hans Wüthrich heute für das Eis der Curling-WM in der St. Jakobshalle zuständig.
Dass er etwas gesucht hatte, merkte er erst, als er es gefunden hatte. Vor 35 Jahren verliess Hans Wüthrich das solothurnische Brügglen und reiste nach Kanada. Sechs Monate Landwirtschafts-Austausch waren geplant. Doch als er einmal diese Grösse gesehen hatte, diese Weite, da konnte er nicht mehr zurück in seine 200-Seelen-Gemeinde. Da wanderte er aus nach Manitoba. Gimli heisst der Ort, wie das Paradies in der nordischen Mythologie.
Frei wie im Paradies hat sich Hans Wüthrich zu Beginn auch gefühlt: «Da konntest du praktisch ein Haus bauen, wo du wolltest.» Diese Freiheit hat ihm gefallen. Der 55-Jährige wirkt nicht wie einer, der lange zaudert. Er sucht nach Lösungen und dann macht er.
Darum arbeitet er jetzt auch in der St. Jakobshalle. Wüthrich ist Eismacher. Einer der Besten, wenn es darum geht, Eis für Curling-Turniere herzustellen. Darum ist er für die Spielunterlage der Männer-WM zuständig, die vom 31. März bis zum 8. April in Basel stattfindet.
Curling-Eis ist eine diffizile Sache. Es muss sehr glatt sein und wird vor den Spielen mit kleinen Wassertropfen präpariert, sogenannten «Pebbles», damit die Curling-Steine mit Effet gespielt werden können. Diese Kunst hat Wüthrich erlernt, weil sich der Eismeister in Gimli pensionieren liess: «Da habe ich übernommen.» Er stellt das mit derselben Selbstverständlichkeit fest, mit der er erzählt, wie er nach Kanada ausgewandert ist.
Dort hat er eine Frau und einen Sohn. Und er fühlt sich mehr als Kanadier denn als Schweizer: «More canadian-swiss than swiss-canadian.» In seiner Arbeit kommt er dem Schweizer Klischee trotzdem recht nahe. Über jede Anlage, die er baut, führt er lange Listen. Da steht, wie viel Wasser er in welcher Zeit gefroren hat, Eis- und Lufttemperatur, Wasserqualität: «Es gibt so viele Faktoren.»
Und es gibt immer etwas zu tüfteln. Wenn Hans Wüthrich etwas vermisst, dann erfindet er es. Eiskratzer, Formen für eine bessere Verteilung der «Pebbles», drahtlose Temperaturmessung des Eises und vieles mehr. Im Sommer, ja da hat Wüthrich noch einen «real job», wie er es mit einem Lachen nennt, er führt eine Landschaftsgärtnerei. Aber die Leidenschaft gehört dem Eis: «Du musst es fühlen. Wenn du es nicht fühlst, bringen zehn Jahre Ausbildung nichts.»
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 30.03.12