Das Basler Tierheim muss zügeln. Alles muss raus: Kaninchen, Hunde, Rennmäuse. Chefplaner dieser logistischen Herausforderung ist Marco Füllemann.
Seit ein paar Wochen hat Marco Füllemann unruhige Nächte. Er träumt von Rasenteppichen. Da hat er bei den Kollegen nachgefragt, ob mit ihm noch alles stimme: «Tut es. Geht allen so.» Sie sind alle ein bisschen angespannt im Basler Tierheim in der Breite. Es ist Zügeltermin. Das alte Heim muss abgerissen werden, weil es den Ansprüchen des neuen Tierschutzgesetzes nicht genügt. Bis Ende des Monats soll der Umzug in ein Münchensteiner Provisorium abgeschlossen sein, als Letztes müssen die 67 Hunde raus am 26. März. Dann wird mit dem Neubau an der alten Stelle begonnen.
Füllemann, 45, ist der Leiter Infrastruktur des Tierheims. Er war mal Bauarbeiter, aber auf dem Bau gabs keine Tiere. Er sieht so aus, als müsste er nur kurz in die Hände spucken und könnte dann das Heim mit seinen Händen anheben und nach Münchenstein tragen. Die Sache ist komplizierter. Sie müssen Ferienkatzen aus ihren Verstecken ziehen, einen Hamster mobilisieren, zwei Mäuse in Kisten locken, 16 Kaninchen dazu. «Die Nager freuen sich», sagt Füllemann. Die denken sich, wenn sie aus der Box springen: Schau an, Junge, wieder mein Revier vergrössert.
Wirklich Arbeit machen Füllemann nicht die Tiere, sondern das Übergangsheim auf dem Walzwerk-Gelände in Münchenstein. Eine 2000 Quadratmeter grosse ehemalige Werkhalle muss hergerichtet werden. Und so träumt er von Rasenteppichen und nicht von raumergreifenden Hamstern. Die Tierschützer wollen verschiedene Beläge austesten, Kunstrasen, Kies, Holzstreu. Was sich für Tiere und Pflegerschaft am besten bewährt, kommt ins neue Heim, das in zwei Jahren stehen soll.
Auch ein Rundgang für Besucher ist vorgesehen. So sollen die Leute ermutigt werden, dringend benötigtes Geld zu spenden. Von den 13,5 Millionen Franken, die Provisorium und Neubau total kosten, sind erst vier Millionen in den Kassen des Tierschutzes beider Basel. Füllemann ist erleichtert, dass er dafür nicht auch noch zuständig ist. Er und sein Team müssen so schon vieles im Kopf haben. Seltsame Ernährungsgewohnheiten der Bewohner etwa. Shi Tsu Flo verlangt eine grosse und zwei kleine Kartoffeln am Tag. Und zwei Löffel Cottage Cheese. Der Hund lässt durchblicken, dass er ungemütlich werden kann, wenn das vergessen geht.
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Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 09.03.12