Gefragte Meinung: Welche Zukunft fürs Klybeck wünschen sich Migranten?

Das Klybeck steht vor einem grossen Umbruch. Die Bewohner sind zum Mitgestalten angehalten – gerade auch diejenigen ohne Schweizer Pass. Allerdings ist es gar nicht so einfach, die Stimme der grössten Gruppe im Quartier zu hören.

Wie soll dieses Quartier belebt werden? Der Verein Zukunft Klybeck will auch Migrantinnen und Migranten an der Mitbestimmung teilhaben lassen.

Das riesige Industrieareal Klybeck wird zu einem neuen Stück Stadt. Bei diesem Projekt, Klybeck plus genannt, wird Partizipation grossgeschrieben. Zumindest in offiziellen Verlautbarungen. An mehreren Beteiligungsveranstaltungen war die Bevölkerung Basels eingeladen, sich kreativ in den Denkprozess einzuklinken.

Das klingt ganz schön und klappte zu Beginn auch ganz gut. Zu den Veranstaltungen kam bei Weitem nicht nur die Mitwirkungs-Stammklientel von pensionierten Architekten. Aussen vor blieb einmal mehr eine durchaus wichtige Gruppe: diejenige der Migrantinnen und Migranten. Dabei machen sie im Klybeckquartier über die Hälfte der Bevölkerung aus.

Christoph Moerikofer vom Verein Zukunft Klybeck sagt: «Wenn wir den Anspruch haben, dass die Bevölkerung mitreden kann, müssen wir auch diese Menschen einbeziehen.» Sein Verein versteht sich als Lobbyorganisation für die Bevölkerung und den Partizipationsprozess. Und das explizit ohne politische oder gesellschaftliche Ausgrenzung.

Gekommen sind nur die gut Integrierten

Mitte März hat Zukunft Klybeck deshalb einen Workshop speziell für Quartierbewohner, die keinen Schweizer Pass besitzen, organisiert. Die Verantwortlichen traten mit rund 50 Vereinen, Organisationen und Einzelpersonen in Kontakt. Sie druckten Flyer, Plakate, und dies in sechs Sprachen. Erschienen sind laut Moerikofer rund 40 Personen, darunter auch einige Schweizer.

Aufgabe erfüllt? «Es war ein schöner Auftakt, aber eben nur ein Auftakt», sagt Moerikofer. «Gekommen sind eher gut gebildete und integrierte, politisch und solidarisch denkende Menschen», sagt Moerikofer. Dies habe sicher auch am Format des Workshops gelegen, vermutet er. Jugendliche oder weniger gut Integrierte erreiche man auf diese Weise ziemlich sicher nicht – «gleich ob mit oder ohne Schweizer Pass», wie Moerikofer hinzufügt. «Da müssen wir zu den Leuten gehen und können nicht erwarten, dass sie zu uns kommen.»

Das hat der Verein Zukunft Klybeck denn auch vor. Geplant sei unter anderem ein Auftritt beim Alevitischen Kulturverein oder auf dem «Pink Sofa», das die mobile Jugendarbeit als öffentliche Begegnungszone einsetzt. «Wir wollen übrigens nicht zuletzt auch Bürgerliche und das Gewerbe ansprechen, die sich an den offiziellen Beteiligungveranstaltungen im Hintergrund hielten», sagt Moerikofer.

Grosse inhaltliche Schnittmengen

Aber was ist nun das Resultat des Workshops mit den Migrantinnen und Migranten, die tatsächlich mitgestalten wollten? Moerikofer stellt diesbezüglich «grosse inhaltliche Schnittmengen zu den Bedürfnissen der einheimischen Bevölkerung» fest: Es gehe um Grünraum, Verkehrsreduktion, einen belebten öffentlichen Raum und günstigen Wohnraum.

Unterschiede habe es aber auch gegeben, zum Beispiel, wie ein «belebter öffentlicher Raum» verstanden wurde. So gelangte etwa bei der mitwirkenden Migrantengruppe ein Haus der Kulturen und Vereinslokale auf die Wunschliste. Oder «ein grosser zentraler Platz, auf dem man Feuer machen, gemeinsam feiern und kochen kann».

Viel wichtiger erscheint aber folgender Unterschied: «Für viele Migranten ohne die notwendigen Ersparnisse ist der Einkauf in eine Genossenschaft nicht möglich», sagt Moerikofer. Das sei im Workshop klar herausgekommen und bedeutet: Bei der grössten Bewohnergruppe des Quartiers funktioniert das klassische genossenschaftliche Wohnen nicht als Mittel, um günstigen Wohnraum zu schaffen.

Das zeigt, wie wichtig es ist, dass man bei der Arealentwicklung Migrantinnen und Migranten einbezieht – auch wenn es schwierig ist. Integration, auch das eine Forderung aus dem Workshop für Migranten, müsse Kernthema der Arealentwicklung sein, sagt Moerikofer. Und an die Adresse des Kantons fügt er hinzu: «Aber das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein bei Stadtentwicklungsprojekten.»

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