Gericht mildert Strafmass im Fall Y. S. und rügt die Medien

Der zu Unrecht als Erdogan-Spitzel gebrandmarkte Polizeiassistent Y. S. hat lediglich Amtsmissbrauch in wenigen Fällen begangen. Das Strafgericht milderte jetzt auch noch das Strafmass und sprach dem Beschuldigten eine Genugtuungssumme zu.

Opfer eines «Kesseltreibens»: Das Gericht hat am Montag den Fall Y. S. behandelt.

Aus dem aufgeplusterten Elefanten wurde nun endgültig eine winzige Mücke. Beginnen wir mit dem Elefanten:

Verschiedene Medien, vorab die «Basler Zeitung», aber auch «20 Minuten» und die «bz Basel», hatten den türkischstämmigen Polizeiassistenten Y. S. monatelang als Spion und Spitzel im Dienste des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan gebrandmarkt – ohne viel Wert auf die Unschuldsvermutung zu legen. Die Basler Staatsanwaltschaft goss zusätzlich Öl ins Feuer, indem sie türkische Einwohner aufforderte, sich als mögliche Opfer einer Bespitzelung zu melden.

Strafmass deutlich gemildert

Nun zur Mücke: Von all dem ist nichts mehr übrig geblieben. Von Spionage kann nicht die Rede sein, befand die Staatsanwaltschaft, nicht im Geringsten. Übrig blieb der Vorwurf des Amtsmissbrauchs, weil Y. S. ohne dienstlichen Auftrag in den Datenbanken der Polizei herumgestöbert hat: rund 870 Datensätze von 162 Personen und Firmen. Besonders rege hat er Daten über seine Exfrau abgerufen. Die Strafe hierfür: eine Busse von 1800 Franken, eine bedingt ausgesprochene Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 130 Franken plus Verfahrenskosten in der markanten Höhe von über 11’000 Franken.

Gegen diese Strafe hatte Y. S. Rekurs eingelegt, sodass der Fall vor das Strafgericht kam. Dieses minderte die Strafe wesentlich ab. Der Vorwurf des Amtsmissbrauchs könne nur auf die Datenabfragen angewandt werden, aus denen er oder eine weitere Person Vorteile hätten ziehen können, befand Strafgerichtspräsident Roland Strauss. In den meisten Fällen sei dies nicht nachvollziehbar.

Übrig blieben für das Gericht nur noch die missbräuchlichen Anfragen zu seiner Ex-Frau, zu seiner jetzigen Freundin und zu einer Bekannten, die den Verdacht gehegt haben soll, einst Opfer einer Zwangsadoption gewesen zu sein.

Das Gericht strich also die Busse, halbierte die bedingte Geldstrafe auf 30 Tagessätze und kürzte die auferlegten Verfahrensgebühren auf ein Drittel. Auf der anderen Seite bekam Y. S. einen Schadenersatz von 500 und eine Genugtuungssumme von 2000 Franken zugesprochen.

Unlautere Berichterstattung

Klar ist, dass Y. S. nicht aus bösem Willen gehandelt hatte. Die grosse Rüge von Richter und Verteidiger ging letztlich an die Adresse der Medien. Richter Strauss sprach von einem «Kesseltreiben» und mahnte, die Begriffe «Spionage» oder «Spitzel» in diesem Zusammenhang nicht mehr zu verwenden. Verteidiger Markus Mattle äusserte sich noch pointierter: «Mein Mandant wurde als ein der Terrororganisation IS nahestehender Erdogan-Spitzel abgestempelt, der erst noch Velos klaut.»

Obschon das Gericht das ursprüngliche Strafmass spürbar gemildert hat, ist Verteidiger Mattle, der auf Freispruch plädiert hatte, mit dem Urteil ganz und gar nicht zufrieden. «Für mich ist das Urteil absolut inakzeptabel», sagte er im Anschluss an die Verhandlung, weil in keinem Fall ein Amtsmissbrauch nachgewiesen sei, der Y. S. persönliche Vorteile gebracht hätte. Er werde seinem Mandanten nahelegen, den Fall weiterzuziehen. Dieser wollte sich unmittelbar nach der Urteilsverkündung noch nicht dazu äussern.

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