Giiiitz, gitz, gitz, gitz – die Landfrauen tischen Geiss auf

Das SRF beglückt uns mit der zehnten Staffel von «Landfrauenküche». Wir haben uns die erste Folge im Voraus angeschaut – und sind auf den Geschmack gekommen.

«Die Appenzeller Geiss ist mein Lieblingstier». Was denn sonst? Landfrau Theresia Hollenstein aus Brülisau. 

(Bild: Oscar Alessio)

Das SRF beglückt uns mit der zehnten Staffel von «Landfrauenküche». Wir haben uns die erste Folge im Voraus angeschaut – und sind auf den Geschmack gekommen.

Eigentlich haben wir uns darauf gefreut, ein bisschen über die «Landfrauenküche» zu schnöden. Die Serie, bei der sieben Bäuerinnen aus sieben Regionen zu sich nach Hause einladen, um ein richtig rustikales Menü «zu zaubern», wie man so gern sagt. Beim «grossen Finale» wird dann eine Gewinnerin gekürt.

Die «Landfrauenküche» ist ein Ableger von «SRF bi de Lüüt», und dessen Konzept kennen wir ja zur Genüge: Ein Kameramann besucht ein paar Schweizer bei ihnen zu Hause und schaut, was sie so treiben.

Natürlich nicht irgendwelche Sekretärinnen oder Versicherungsvertreter aus einer Agglogemeinde, sondern Bäuerinnen müssens sein. Bäuerinnen, die möglichst auf einem lieblichen Bauernhof in einem idyllischen Dörfchen mit wunderbarem Landschaftspanorama leben und im Schweisse ihres Angesichts heuen – und ihrem Ehemann täglich ein Essen auf den Tisch stellen. 

Lieber Bäuerin als Burkaträgerin

Da darf man schon ein bisschen schnöden, nicht? Weil, man könnte ja erwarten, dass die Schweiz langsam genug gesehen hat von der pseudoheilen Welt, wo Mann noch seine bimmelnden Kühe hört statt den Muezzin aus dem Minarett, und wo dessen Frau noch aus dem Küchenfenster schaut statt aus einem Burkaschlitz.

Hat die Schweiz aber nicht.

Das eidgenössische Schwingfest macht über Wochen Schlagzeilen, das Magazin «Landliebe» gewinnt stetig Leserinnen. Und die «Landfrauenküche» geht in die zehnte Runde. Seit ihrem Beginn im Jahr 2007 hatte die Dokuserie gemäss dem Mediapulse Fernsehpanel bei jeder Staffel über eine halbe Million Zuschauer.

Doch dann haben wir uns die erste Folge der «Landfrauenküche» im Vorfeld angeschaut und gemerkt: So viel zu schnöden haben wir da gar nicht, im Gegenteil, die Serie macht gute Laune. Und das, obwohl – oder gerade weil – sie alle Klischees bedient, die einem zum Landleben einfallen.

Eine Frau mit «Pfupf»

Das fängt schon beim ersten Bild an: «Tütato» macht das Postauto und fährt eine kurvige Strasse hoch. Und drin sitzt, wie gewohnt seit neun Jahren, eine Horde Frauen in Trachten – ja klar, in Trachten, wie es sich gehört.

Die guten Bäuerinnen sind unterwegs ins Appenzellerland, nach Brülisau zu Theresia Hollenstein. Sie ist als erste mit Kochen dran und ihre Konkurrentinnen haben schon ein paar passende Attribute für sie parat: Theresia sei «urchig», «bodenständig», habe «Pfupf», sagen sie. Das ist mal eine Wortwahl für eine Landfrau. 



Nicht alle sieben Landfrauen haben eine Tracht. Wenn man gut schaut, findet man – ganz versteckt in der hinteren Reihe – zwei Frauen ohne.

Nicht alle sieben Landfrauen haben eine Tracht. Wenn man gut schaut, findet man – ganz versteckt in der hinteren Reihe – zwei Frauen ohne. (Bild: Ueli Christoffel)

Und wo könnte man eine solche urchige Bäuerin besser inszenieren als auf der Alp? Nirgends. Wir sehen Theresia nämlich nicht nur beim Kochen, sondern auch in ihrem Alltag. Und dieser Alltag findet – welch ein Glück fürs SRF – drei Monate auf der Alp statt. Stellen Sie sich die fernseherischen Möglichkeiten vor! Die Zuschauer bekommen die volle Dosis Bergromantik. 

Eine Kuh im Hohllicht

Da sehen wir zum Beispiel eine Kuh im abendlichen Gegenlicht stehen, vor der felsigen Bergspitze – schwarz zeichnen sich ihre Umrisse vor dem rötlichen Himmel ab. Hach.

Oder wir sehen Theresia dabei zu, wie sie ihrem Mann Benni dabei zuhört, wie er im Abendrot den Alpsegen vom Berg ins Tal singt: «Bhüetis Gott». Das ist einfach schön. (Das ist nicht ironisch gemeint.)

Der Benni ist sowieso ein wichtiger Protagonist, der zu wichtigen Themen seine Einschätzung gibt. Zum Beispiel zu seiner Frau. Als er ihr beim Käsen über die Schulter schaut (Käsen ist Bennis Domäne), sagt er anerkennend wie ein Vorgesetzter: «Die Theresia macht die Arbeit schon gut.» Oder beim Kochen: «Ich staune, wie schnell sie ein Menü auf den Tisch zaubert, und das kann man alleweil essen.» 



Beim Käsen ist eigentlich Theresia Hollensteins Ehemann der Chef. Aber sie darf helfen. 

Beim Käsen ist eigentlich Theresia Hollensteins Ehemann der Chef. Aber sie darf helfen.  (Bild: Oscar Alessio)

Benni darf auch beim grossen Landfrauenznacht mithelfen. Zum Beispiel bei den Menükarten. O-Ton der SRF-Moderatorin: «Benni will, dass Theresia ihre Menükarten mit handbestickten Sujets seines Vaters verziert.» Bennis Vater ist einer der letzten Sticker im Appenzell, er hat eine riesige alte Stickmaschine aus dem 19. Jahrhundert im Keller und zeigt vor, wie er Wappen und Geissen stickt. Benni klebt sie eigenhändig mit Leimstift auf die Menükarten. Hach.

Und als die sechs Landfrauen mit dem Postauto dann endlich bei Theresia Hollenstein angekommen sind, um zu essen und Punkte zu vergeben, darf Benni auch beim Servieren helfen. Was für ein Stress in der Küche. Seine Frau steht unter Druck. «Renn, renn», sagt sie ihm, aus Angst, dass der Braten auf den Tellern sonst kalt wird. «Du bist aber eine Schese», sagt er. Alltag pur.

Geissen zur Vorspeise, zum Hauptgang und zum Dessert

Den roten Faden zum Film liefern aber die Geissen. «Die Appenzeller Geiss ist mein Lieblingstier», sagt Theresia am Anfang des Films, inmitten von Geissen, die Salz schlecken wollen. Die Appenzeller Geiss landet dann auch auf dem Teller. Und zwar nicht nur in einfacher Ausführung, oh nein, Theresia gibt ihren Kolleginnen mehr Geiss, als sie ertragen können, inklusive Geissleberli.

Dazu sagt sie mutig (ja, mutig, das SRF betont immer wieder, wie mutig Theresia in ihrer Menüwahl ist): «Ich zweifle gewaltig, dass alle das gern haben, aber sie müssen jetzt halt einmal probieren.» Und Benni fügt an: «Ich hoffe, dass Theresia mit ihrem Menü Vorurteile gegenüber der Geiss abbaut.»

Die «Landfrauenküche» baut Vorurteile gegenüber der Geiss ab. Damit ist unser letzter Widerstand gegen die Serie gebrochen und wir empfehlen: Schalten Sie ein. Es wird Ihnen guttun.


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«SRF bi de Lüt – Landfrauenküche». Freitag, 23. September, 20.05 Uhr, SRF 1.

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