Riehen hat ein neues Leitbild und ein neues Lied, die beide das Zuhause im grossen, grünen Dorf preisen.
Basel hat ein Lied, Baselland sogar mehr als nur eins (die vielen Lieder der einzelnen Gemeinden nicht mitgerechnet), von Bettingen wissen wir es nicht so genau, aber Riehen hatte bislang offenbar keines. Wollte aber eines und hat jetzt auch eines, das unter anderem folgenden Text hat:
Rieche zmitzt imene prächtige Landstrich,
immer im Wandel und trotzdäm authentisch,
ländlich im Charakter, doch im Geist modärn,
jo Rieche, Du hesch e mänge Fan.
Diese Zeilen aus dem neuen «Riechemer Lied», eine selig-soulige Ballade der Liedermacherin Michèle Thommen, bringen es auf dem Punkt: Riehen hat es nicht so einfach mit seiner Identität. Die Gemeinde ist nach Basel der zweitgrösste Ort in der Nordwestschweiz – mit mehr Einwohnern als die Kantonshauptorte Solothurn und Aarau (und erst recht mehr als Liestal). Riehen ist also eigentlich klar eine Stadt, will aber Dorf sein.
Das zieht sich durch das gesamte Lied und auch das neue Leitbild, das die baselstädtische Landgemeinde kürzlich vorgestellt hat. Mit der Fondation Beyeler bietet die Gemeinde einer Kulturinstitution von Weltformat Platz, an die man sich jedoch fast zwanzig Jahre nach ihrer Gründung noch nicht so richtig gewöhnt hat. Aber es wird Abhilfe versprochen. «Die Gemeinde arbeitet mit der Fondation Beyeler enger zusammen», wird im neuen Leitbild versprochen.
«Mit eigenem Räbberg»
Doch zurück zu den gesungenen Versen, die beim «Song-Contest» («Riehener Zeitung») um das «Riechemer Lied» obenauf schwangen. Die Verse schienen den Nerv des Riesendorfs so gut getroffen zu haben, dass die Jury – oder wer auch immer das Lied auserkor – bereit war, über den einen oder anderen Holperer hinwegzusehen:
Rieche, grieni Lunge und Kulturstadt,
Wänkepark, Langi Erle, Beyeler, Naturbad
Dass sich «Stadt» nicht auf «Bad» reimt, spielt keine so grosse Rolle. Nur dass hier von «Kulturstadt» die Rede ist, mutet etwas seltsam an. Denn Riehen sieht sich ja, wie bereits erwähnt, als Dorf. Aber auf «Kulturdorf» wäre wohl selbst ein holpriger Reim nicht mehr zu finden gewesen. Auch bei diesem Reim muss man sich ein bisschen durchschummeln:
Sportaalage, Musikschuele, Freizytaagebot,
muesch nid bis uff Basel, wenn Du willsch, dass öbbis goht.
«Aagebot» und «goht» geht nicht so richtig. Und auch inhaltlich schiessen diese Zeilen etwas über die Realität hinaus. Das Leitbild ist da etwas selbstkritischer: «Für Jugendliche sind Frei- und Entfaltungsmöglichkeiten in Riehen beschränkt», heisst es da. Aber das will man ändern: «Chancen bestehen in einer künftig noch engeren Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure und in der Entwicklung von Arealen» – was immer dies auch heissen mag.
So gehen diese Zeilen zumindest als erwünschtes Zukunftsszenario durch. Aber nicht immer scheint die Gemeinde mit dem Liedtext ganz einverstanden gewesen zu sein. So wurden offensichtlich auch Korrekturen angebracht, die vorbildlicherweise im veröffentlichten Text (pdf-Dokument) offen dargelegt werden.
So wurde der Begriff «Geothermie» aus dem Lied gestrichen und durch Rebberg ersetzt. Etwas seltsam mutet es dann aber doch an, dass jetzt ein Rebberg Ausdruck für Nachhaltigkeit sein soll. Neu heisst es:
Ökologischi Vorbildgmeind
Mit eigenem Räbberg, d‘ Nochhaltigkeit.
Aber es ist ja ein Lied. Und ein Lied lässt sich natürlich erst richtig beurteilen, wenn man es hört. Hier ist es: