Grosse Haie, kleine Fische

Die Wirtschaftsoffensive lockt zwar nicht die gewünschte Anzahl neuer Unternehmen ins Baselbiet. Die Regierung schreibt ihr aber einen Anteil an den Investitionen ansässiger Firmen zu. Fazit: «Der Trend stimmt», bilanziert Volkswirtschaftsdirektor Thomas Weber.

(Bild: Lucas Huber)

Die Wirtschaftsoffensive lockt zwar nicht die gewünschte Anzahl neuer Unternehmen ins Baselbiet. Die Regierung schreibt ihr aber einen Anteil an den Investitionen ansässiger Firmen zu. Fazit: «Der Trend stimmt», bilanziert Volkswirtschaftsdirektor Thomas Weber.

Was ist nun mit dieser Wirtschaftsoffensive, in die man in Liestal so viel Hoffnung setzt und die seit ihrer Proklamation vor bald drei Jahren zwar zum geflügelten Wort wurde, aber nicht zum Abheben der Unternehmenssteuereinnahmen des Kantons geführt hat? Denn genau das sollte die Offensive eigentlich. Das konkrete Ziel: 50 Prozent mehr Steuern von juristischen Personen bis 2018.

Am Dienstag erklärten die Regierungsräte Sabine Pegoraro und Thomas Weber an einer Billanzmedienkonferenz, wie es um die Offensive steht. Dass diese aufgrund des Postulats von Grünen-Fraktionschef Klaus Kirchmayr im Landrat zustande gekommen ist, darf angenommen werden. Pegoraro hatte denn auch gleich zu berichten, dass das steuerliche Wachstum den Erwartungen hinterherhinke. Von den 50 Prozent sind bislang 13 erreicht. «Wir dachten, wir schaffen das in fünf Jahren. Das wird aber nicht gelingen», konstatierte sie.

Und noch etwas ist nicht gelungen: das Spektakuläre. Das sagte Marc-André Giger, Leiter Wirtschaftsoffensive des Kantons Baselland. Er sprach dabei vom sogenannten Big Fish, dessen Ansiedlung die Regierung nur zu gern kommuniziert hätte. Doch das Grossunternehmen mit enormer Wertschöpfung blieb dem Wirtschaftsbecken Baselland in knapp eineinhalb Jahren Wirtschaftsoffensive fern. Stattdessen verlassen Harlan und Frech-Hoch den Kanton.

Zusätzlich schmerzt der Vergleich mit Glarus, wo sich Heineken kürzlich ansiedelte und 800 Arbeitsplätze schuf. Davon habe man sich im Baselbiet schon etwas blenden lassen, erklärte Giger. Obschon er aus der Zeit bei der Unternehmensberatung PriceWaterhouseCoopers weiss, dass klassische Firmenansiedlungen in der Schweiz kaum noch stattfänden.

Auch am Samstagmorgen nicht frei

Doch auch der erträumte Schwarm an kleinen Fischen fand nicht ins Baselbiet, auch wenn mit der Jaquet Technology Group AG 2017 ein namhaftes Unternehmen von Basel nach Pratteln ziehen wird. Ihr Verwaltungsratspräsident Marc Jaquet erklärte an der Medienkonferenz, dass insbesondere die gute Verkehrsanbindung Prattelns für den Standort gesprochen habe. Doch als Aushängeschild dürfte man sich mehr erhofft haben.

Vielleicht betonen die Regierungsräte darum derart nachhaltig, wie wichtig die Pflege ansässiger Firmen sei. Beinah im Monatsrhythmus hat der Gesamtregierungsrat Firmen besucht. Diese Wertschätzung sei enorm wichtig, betonte Pegoraro, und Weber ergänzte: «Wir pflegen den Bestand ansässiger Unternehmen in nicht dagewesener Intensität.»

Positives vermeldete Wirtschaftsförderer Marc-André Giger in Sachen Welcome-Desk, der als erste Anlaufstelle für Firmen dient, die sich für den Standort Baselland interessieren. Man habe 155 Anfragen in 15 Monaten direkt , kundenfreundlich und unkompliziert bearbeitet, «denn Geschwindigkeit und Verlässlichkeit sind die wichtigsten Pfeiler für Erfolg», so Giger. Weber ergänzte: «Und wenn es drei Regierungsräte am Samstagmorgen an einem Tisch braucht, dann muss das möglich sein.» Wille und Einstellung sind also da.

Schlüsselunternehmen sind zufrieden

Das Baselbiet hat sich insbesondere als Produktionsstandort etabliert. In dieser Branche wurden die grössten Investitionen getätigt und die meisten Arbeitsplätze geschaffen. Die Regierung hat eine Umfrage unter den bezüglich Arbeitsplätzen, Steuersubstrat, Relevanz, Wertschöpfung und Zukunftspotenzial wichtigsten Unternehmen im Kanton, den sogenannten Key Accounts, durchgeführt.

Das Resultat ist positiv, die Unternehmen investierten im vergangenen Jahr 400 Millionen Franken im Kanton und schufen netto 129 Arbeitsplätze. Im laufenden Jahr prognostizieren die Schlüsselunternehmen Investitionen von 340 Millionen Franken und 300 zusätzliche Arbeitsplätze. Und 82 Prozent der Firmen rechnen mit einem positiven Geschäftsgang. Gigers Fazit: «Die Firmen fühlen sich wohl im Wirtschaftskanton Baselland.»

Er führte weiter aus, dass der Regierungsrat für das Jahr 2014 ein Wachstum von zwei Prozent im Kanton erwarte, dies nach zwei schwachen Jahren. Man habe die Kehrtwende geschafft. «Und auch für 2015 ist der Ausblick freundlich», fuhr er fort, gehe man doch von einem BIP-Wachstum von 2,2 Prozent aus.

ABB-Areal bald belegt?

Grossen Anteil daran wird das Fokusareal Salina Raurica haben, wo derzeit Coop im grossen Stil baut. Die Testplanung für die weiteren Bereiche will Sabine Pegoraro bis Ende Jahr abgeschlossen haben: «Hier läufts auf vollen Touren.» Auch sei man froh, dass es nach langem Hickhack endlich auch im Ostbereich des Areals vorwärtsgeht, wie Prattelns Gemeindepräsident Beat Stingelin ergänzte.

Er schwärmte vom Buss-Areal am Prattler Bahnhof, wo heute 46 Firmen 1200 Menschen beschäftigten, «und durch den Umzug von Coop wird eine Fläche von 45’000 Quadratmetern an allerbester Lage frei». Er sei überzeugt, schloss er, in naher Zukunft weitere Neuigkeiten vermelden zu können. Entlocken liess er sich allerdings nichts.

Und auch Sabine Pegoraro wollte nicht sagen, welches Unternehmen sich so sehr für das ABB-Areal in Arlesheim interessiere. Nur so viel: «Es ist ein grosser Interessent, und wir sind auf gutem Weg, das zu einem guten Ende zu bringen.» Daneben geht es mit der Planung des Birsfelder Hafenareals vorwärts, Pegoraro sprach von einem langfristigen Planungshorizont, für den eine Strategie in Ausarbeitung sei.

142’589 Beschäftigte verdienen ihre Brötchen heute im Kanton Baselland. Für sie und ihre Arbeitgeber will der Kanton administrative Hürden minimieren und die «Wirtschaftsfreundlichkeit vergrössern, wo es nur geht», so Volkswirtschaftsdirektor Thomas Weber. Es sind vielleicht nicht die erhofften Grosserfolge, die er vorweisen kann, «aber der Trend stimmt».

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