Heiko Vogel: «Es war mir eine Ehre»

Keine Spur von Bitterkeit liess sich Heiko Vogel nach seiner Entlassung Mitte Oktober anmerken. «Es war mir eine Ehre, für den FC Basel zu arbeiten», sagte der entlassene FCB-Cheftrainer gegenüber der TagesWoche.

Das niederschmetternde Erlebnis: Heiko Vogel verliert am 13. März 2012 mit dem FCB in München 0:7. (Bild: Keystone/TOBIAS HASE)

Keine Spur von Bitterkeit lässt sich Heiko Vogel anmerken. «Es war mir eine Ehre, für den FC Basel zu arbeiten», sagt der entlassene Cheftrainer gegenüber der TagesWoche. Seine Ex-Spieler Marco Streller und Alex Frei sind einerseits traurig – andererseits beginnt für sie am Dienstag ein neues Kapitel mit Murat Yakin, ein Trainer, mit dem die beiden noch gespielt haben.

Am Montag um die Mittagszeit haben die Verantwortlichen des FC Basel Heiko Vogel ihre ebenso überraschende wie harte Entscheidung eröffnet. Der Trainer war gerade aus dem Wochenendtrip zu seiner Familie am Tegernsee zurück und wollte am Nachmittag wieder die Trainingsarbeit aufnehmen.

Am Montagabend hat Heiko Vogel bei der TagesWoche zurückgerufen. Ein kurzes Gespräch, viel wollte er nicht äussern zu seiner Entlassung ein Jahr und zwei Tage nach seiner Installation als Cheftrainer, damals noch interimistisch. «So ist Fussball», sagte er, ruhig und gefasst wirkend. So wie ihn sein Captain Marco Streller und Alex Frei auch erlebt hatten, als sich Vogel unmittelbar nach dem letzten Gespräch mit der Clubleitung von der Mannschaft in der Garderobe verabschiedet hatte.

Vogel: «Ich bin dankbar für alles»

«Es war mir eine Ehre, für den FC Basel zu arbeiten und mit diesen Spielern», sagte Vogel noch, und: «Ich bin dankbar für alles.» Bis 2014 läuft sein Vertrag mit dem FC Basel, Existenzsorgen muss sich der junge Trainer, der am 21. November seinen 37. Geburtstag feiern wird, nicht machen. Er wird sich ein paar Tage in der Region aufhalten, seine Wohnung in Oberwil auflösen, die Vogel zum Jahreswechsel bezogen hatte.

Ein Jahr hielt die Beziehung zwischen dem fröhlichen Pfälzer und dem FC Basel, dessen Protagonisten eine so grosse Freude daran hatten, dass der Wechsel vom am 13. Oktober 2011 nach Hamburg weiter gewanderten Thorsten Fink zu seinem Assistenten so reibungslos vonstatten ging. Momentaufnahmen, die ein paar Monate später nur noch untergeordneten Belang haben.

«Ich bin sehr traurig», sagte Marco Streller, als er nach dem Nachmittagstraining zur immensen Medienrunde stiess. Gut und gerne 70 Journalisten waren der um 13.59 Uhr kurzfristig verschickten Einladung des FC Basel gefolgt. Sowohl Streller als auch Alex Frei waren zuvor von Präsident Bernhard Heusler in die Geschäftsstelle gebeten worden, wo sie über die Trennung von Heiko Vogel unterrichtet wurden.

«Die Clubleitung wird ihre Gründe haben, diese gehen uns nichts an, und das haben wir zu akzeptieren», sagt Streller.

Streller: «Dachte, wir bekommen die Kurve»

Streller findet, es sei absehbar gewesen, dass sich die Saison schwierig entwickeln würde. Er spricht vom «Meisterblues» und dem Effekt einer «gewissen Sättigung», der sich in der  Mannschaft breit gemacht habe. Zudem sei das gesamte Kader «quasi erst einen Tag vor Saisonstart» beisammen gewesen: «Da ist es schwierig, etwas zu zaubern.» Und dennoch glaubt Streller: «Wir hätten die Kurve mit Heiko Vogel bekommen, ich habe gedacht, wir sind auf dem aufsteigenden Ast.» Eine Einschätzung, die sich nicht mit jener der Clubleitung deckt.

Streller erinnert daran, dass die drei Jahre Zusammenarbeit mit Vogel – erst als Assistent, dann als Cheftrainer –  aussergewöhnlich gewesen seien: «Da ist etwas Grosses gewachsen.» Das Verhältnis der Spieler zu Vogel sei «sehr freundschaftlich» gewesen, Streller sagt jedoch auch: «Heiko Vogel konnte auch sehr bestimmt sein und laut werden.»

Für eine Trennung hatte es aus der Perspektive des Mannschafts-Captains keine Anzeichen gegeben, nicht nach der Saison, in der der FC Basel die grössten Erfolge seiner Clubgeschichte gefeiert hatte. Streller sagt aber auch: «Wir sind nicht blind. Es gibt Mechanismen, die greifen, wenn der Erfolg nicht so da ist.» Dass es wie üblich in der Branche den Trainer als «schwächstes Glied» (Streller) getroffen hat, kümmert den Captain schon: «Das tut weh, weil wir Spieler das mit zu verantworten haben.»

Frei: «Trauriger Moment, aber das gehört zum Fussball»

Nach Christian Gross und Thorsten Fink ist Heiko Vogels Entlassung die dritte Trainer-Trennung, die Streller miterlebt. Alex Frei sagt mit Rückblick auf seine lange Karriere: «Es hat mich höchst selten nicht getroffen, wenn ein Trainer gehen musste. Es ist ein trauriger Moment, aber es gehört zum Fussball dazu.»

Die Verpflichtung von Murat Yakin ist für ihn insofern etwas Besonderes, weil Frei zum ersten Mal einen Trainer haben wird, mit dem er noch zusammen gespielt hat. Über die gemeinsame Zeit in der Nationalmannschaft sagt Frei: «Wir haben uns immer gut verstanden.» Marco Steller, der als junger Stürmer Yakin als Verteidiger-Ikone beim FC Basel kennengelernt hat, sagt über den Spieler Yakin: «Er hat mir als junger Spieler geholfen, und als Captain hatte er eine Vorbildfunktion für mich, als ich Captain beim FCB wurde.»

Traurig ist Streller einerseits über Vogels Absturz, andererseits «sehr glücklich» über Murat Yakin als neuem Chef. «Er hat bisher tolle Arbeit geleistet, er hat aus Luzern etwas gemacht und weil er frei war, ist es klar, dass er erste Wahl beim FC Basel war.»

Yakins erster Auftritt: Ausgerechnet in Luzern

Am Sonntag, so viel Ironie des Spielplans muss sein, reist der FC Basel in der 13. Runde der Super League zum FC Luzern, wo Yakin wiederum am 20. August entlassen wurde. Streller macht gar kein Hehl aus der Ausgangslage: «Da steckt extrem viel Brisanz drin.» Und er kündigt in seiner Strellerartigkeit bereit schon einmal an: «Vielleicht können wir Muri ein bisschen rächen.» Will heissen: Dessen Entlassung mit einem Sieg in der Swissporarena zu ungewohnter Anspielzeit um 13.45 Uhr mit einem Triumph Yakins beantworten.

Etwas gedämpfter argumentiert Alex Frei: «Ab Dienstag beginnt ein neues, spannendes Kapitel, und wir Spieler müssen Muri den Einstieg so einfach wie möglich machen.» Für ihn ist Murat Yakin der nächste, den der FC Basel zurückholt, so wie der Club in den vergangenen Jahren die Huggels, Strellers, Degens und nicht zuletzt ihn selbst zurück ans Rheinknie gelotst hat.

Die «spezielle Sache» mit Murat Yakin

Als «König», wie der neue Trainer Yakin die Routiniers im FCB-Team, also unter anderem Frei oder Streller bezeichnet, will sich Alex Frei nicht fühlen: «Aber ich weiss, was er damit gemeint hat», sagt Frei und ahnt: «Für uns wird es nicht gemütlich. Murat wird noch mehr erwarten von uns älteren Spielern.»

Und dazu, dass die Yakin-Brüder die Menschen stets polarisiert haben, und das über die Grenzen Basels hinaus, hat Alex Frei auch eine Meinung: «Ich glaube, dass die eine oder andere Zeitung weniger Auflage hätte ohne Muri, Hatsch und mich.»

Wahrscheinlich trifft Strellers Einschätzung ziemlich genau den Punkt: «Das mit Murat Yakin wird eine ganz spezielle Sache.» Und Zuversicht versprüht der Captain obendrein: «Ich glaube, wir werden auch mit ihm tolle Erfolge feiern.» 

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