Heul doch, Hetero – aber leise!

Weisse Hetero-Männer beklagen sich, sie seien neuerdings die Neger: Zeit, dass ihnen einer von ihnen ihr erbärmliches Mimimi um die Ohren haut.

Trötzeln, bis der Medizinmann kommt: Wenn weisse Männer sich benachteiligt fühlen, tut es weh.

Neulich hat es einen auf Twitter wieder einmal verjagt. Der mir bis dahin zum Glück unbekannte US-Comedian Josh Denny zwitscherte:

«Der heterosexuelle weisse Mann» sei der «Nigger» dieses Jahrhunderts. Er meinte es ernst. Ich musste lachen und weinen.

Denny wurde in den sozialen Medien dann immerhin knusprig geroastet, aber im Real Life glauben das mehr Menschen, als man glauben möchte. Heute müsse man sich ja fast dafür schämen, ein weisser Hetero-Mann zu sein, habe ich in Varianten schon von einigen weissen Hetero-Männern gehört und mich jeweils geschämt, ein weisser Hetero-Mann zu sein.

Fast gleichzeitig musste man in der SRF-«Arena» einem EVP-Politiker und einer Frau, die in den «Marsch fürs Läbe» verwickelt ist, erklären, dass Homosexualität keine Entscheidung ist. Wobei mir unpassenderweise gerade in den Sinn kommt, dass eine Frau, die sich zum Mann umoperieren lässt, tatsächlich eine «Ent-Scheidung» im wahrsten Sinne des Wortes durchmacht.

Voll Däniken

Auf jeden Fall wollten da in der Arena ein paar Fundis homosexuellen Paaren das Heiraten und das Adoptieren verbieten. Adam und Eva und so. 2018. Es geht abwärts. Oder wie Erich voll Däniken mal gesagt hat: «Überall Festivals für Homos, Lesben etc. Nichts dagegen. Aber gibts eigentlich auch noch Festivals, an denen sich Normale zeigen dürfen?»

Mir hats fast den Löffel verbogen. Die gibts schon, Erich, aber da lassen sie dich nicht rein, von wegen Normalität. Für alle, die jetzt vor lauter Rumgespringe schon so verwirrt sind wie Flach-Erdler, die man fragt, ob der Mond denn auch eine Scheibe sei, will ich hier kurz mal die Befindlichkeit dieser verängstigten weissen Männer auf den Flach-Weltbild-Schirm malen.

Durch exzessiven Feminismus, durch überbordendes Gendern und überempfindliches Rassismus-Keulen-Schwingen sind wir schon so weit, dass der Hetero – also der normale weisse Mann – sich seiner reinen Existenz schämen muss. Ja, man sieht diese sogar bedroht. Wenn das so weitergeht, werden bald gar keine Kinder mehr gezeugt, und wenn, dann sicher nicht weisse Christkinder. Und dann wimmelt es hier von schwulen schwarzen Moslemkindern, und die Feminazis sind an der Macht und lassen uns alle zwangskastrieren.

(Einschub: Ich habe 1993 in Wangen an der Aare am Grümpelturnier mal 7:0 gegen eine Mannschaft namens «Moslem Kickers» verloren. Wir hingegen hiessen, glaub ich, «Dä am Mikrofon isch e Tubel».)

«Ich möchte diesen armen kleinen Männern über das schüttere Haar fahren und ihnen zuflüstern: ‹Es ist einfach zu früh.›»

Item: weisse Männer als die neuen Opfer. Frauenfeindlichkeit als Rebellion. Ich habe wieder Tränen in den Augen. Vor Lachen. Aber auch vor Rührung. Ich möchte diesen armen kleinen Männern über das schüttere Haar fahren und ihnen zärtlich zuflüstern: «Es ist einfach zu früh. Schau: Seit Jahrhunderten werden Frauen, Homosexuelle und dunkelhäutige Menschen unterdrückt, misshandelt, versklavt und ungerecht behandelt.»

Das Frauenstimmrecht wurde hier etwa vorgestern eingeführt, und der Geruch verbrannter Hexen liegt immer noch über Europa, währenddem in den USA reihenweise Schwarze erschossen und in Russland Schwule verprügelt werden – von weissen (Hetero-)Männern. Jahrhunderte der Unterdrückung gegen drei bis vier Jahrzehnte der Annäherung an mehr Gerechtigkeit. Es ist zu früh für die Opferrolle. Bitte warte, bis männerfressende Trans-Amazonen zwei bis drei Jahrhunderte an der Macht waren, dann kannst du rumheulen – solange das Mimimi bitte minimieren.

Es folgt eine floskelfreie kochentrockene These: Regeln waren früher ein Mittel der Konservativen, um die (oft ungerechten) Zustände aufrechtzuerhalten. Heute sind sie ein Mittel der Fortschrittlichen, um Ungerechtigkeiten zu überwinden. Früher war es die Regel, dass Frauen nicht abstimmen durften, Schwarze im Bus hinten sitzen mussten und Schwule keine Rechte hatten. Dagegen hat man rebelliert.

Die letzten Jahrzehnte waren ein permanenter Kampf gegen diese Ungerechtigkeiten und allmählich haben sich die Zustände für die genannten Gruppen verbessert. Zwar beschämend langsam und zu einem immer noch erbärmlichen Grad, aber immerhin. Um diese Errungenschaften abzusichern, brauchte es Regeln. So wurden die Rebellen von damals zu den Sittenwächtern von heute und umgekehrt.

«Die einstigen Unterdrücker wurden ein bisschen an den Eiern gekitzelt und schwups! sind sie weinende Schnuderbuben.»

Mit dem klitzekleinen Unterschied, dass die einen – und hier endet der trockene Part – solche Regeln aufstellten wie: Frauen dürfen nicht studieren, weil sonst zu viel Blut vom Hirn beansprucht wird, das gefälligst für einen hoffentlich bereits gedeihenden weissen männlichen Hetero-Embryo gespart werden soll. Während die Regeln der anderen eher sind: «Du darfst deine Frau nicht vergewaltigen, nur weil ihr verheiratet seid.»

Aber es hat gereicht: Die einstigen Unterdrücker wurden ein bisschen an den Eiern gekitzelt und schwups! sind sie weinende Schnuderbuben, die ihren übertriebenen Trotz mit heroischem Einsatz gegen eine halluzinierte Ungerechtigkeit verwechseln.

Ein paar Benimmregeln

Und natürlich sind nicht alle weissen Hetero-Männer Unterdrücker, und natürlich haben sie es auch nicht immer leicht. Aber wir sind unbestreitbar privilegiert: gegenüber Dunkelhäutigen, gegenüber Homosexuellen und auch immer noch gegenüber Frauen. Da muss man sich als weisser Mann nun etwas anpassen, auch wenn Veränderungen immer schwer sind. Hier ein paar kleine Regeln, an die du dich als «Straight White Male» neuerdings halten musst. Ich weiss, es ist schwer. Aber du kannst es schaffen!

  • Frauen beim Flirten nicht an die Geschlechtsteile fassen und vor dem Sex nicht betäuben,
  • Schwarze nicht für den Besitz von Gras erschiessen, während in LA weisse NeoHippies «Stoned Yoga» anbieten dürfen,
  • Schwule nicht verfolgen und lynchen,
  • keine dieser Gruppen dafür kritisieren, dass sie die gleichen Rechte ausüben (wollen) wie du.

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