Hey Kumpels, ist das nicht der Typ von The bianca Story?

The bianca Story haben bis zum 11. November Zeit, um ihr Crowdfunding-Projekt zu vollenden. 90’000 Euro treibt die Basler Band für ihr neues Album «Digger» auf. Dafür schwingt sie die Marketing-Schaufeln so heftig, dass sich bei uns Rezipienten allmählich Abnützungserscheinungen bemerkbar machen.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

The bianca Story haben noch bis zum 11. November Zeit, um ihr Crowdfunding-Projekt zu vollenden. 90’000 Euro treibt die Basler Band für ihr neues Album «Digger» auf. Dafür schwingt sie die Marketing-Schaufeln so heftig, dass sich bei uns Rezipienten allmählich Abnützungserscheinungen bemerkbar machen.

Wer sich für Musik interessiert und in den sozialen Medien präsent ist, konnte sich in den vergangenen Wochen dem Hashtag #bistdukumpel nicht entziehen. Die umtriebigste Basler Popgruppe der Gegenwart, The bianca Story, schleudert den Claim in die Runde – und pickelt hart, um damit ein Crowdfunding-Ziel zu erreichen: 90’000 Euro. Oder, wie die Band es ein wenig pathetisch auf der Plattform Wemakeit.ch formuliert: «Wir versuchen mit euch zusammen ein Loch in das verhärtete Gestein der Musikindustrie zu hauen. Auf der anderen Seite erwartet uns freie Sicht auf ein Land, in dem die Musik frei ist.» Was sie damit sagen wollen: Investiere in unser neues Album, im Gegenzug erhältst Du einen persönlichen Bonus – je nach Betrag reicht dieser von einem signierten Brief mit Album über eine Gitarre bis zu einem Wohnzimmerkonzert.

Die Idee ist nicht neu, TagesWoche-Leser wissen vom epochalen Durchbruch, den die US-Sängerin Amanda Palmer vor eineinhalb Jahren schaffte. Ihre Fans spendeten mehr als eine Million Dollar (wie das ging, können Sie in unserem Gespräch mit ihr nachlesen). The bianca Story gehen aber einen Schritt weiter: Sie legen ihre Produktionskosten offen. Wollen so transparent machen, wie ihr Album finanziert wird. «Digger» heisst es – und erscheint auf jeden Fall Ende November. Bereits werden erste Vorabexemplare verschickt. Das irritiert ein wenig, scheinen die Kosten doch demnach gedeckt. Doch einen Unterschied gibt es: Gelingt das Crowdfunding, dann soll die Musik für alle verfügbar sein. Ein Versuch also, die Probleme, die das Auslaufmodell CD, klassische Distribution und Gratisdownloads mit sich bringen, originell zu lösen.

Es wird hart gepickelt

Offensichtlich dient die Sammelaktion aber auch als Werkzeug für die Bewerbung des Albums. Cleverer Schachzug: Die Fangemeinde aufbauen, animieren, bei Laune halten. Was haben The bianca Story nicht gepickelt an der Marketingfront: Einen Song mit Yellos Dieter Meier rausgehauen, was ihnen zusätzlich Publizität bescherte. Dazu Videoclips mit Bandbotschaften veröffentlicht, Konzerte gegeben, Interviews auch, E-Mails verschickt – und dabei immer wieder zum Zahlen animiert zum Zahlen animiert zum Zahlen animiert zum Zahlen animiert. So erregt man Aufmerksamkeit. Aber so geht man mit der Zeit auch ein bisschen auf den Sack. Haste mal ’ne Mark?

Ein Chrampf: Die Band schüttet alle Medienkanäle zu

Die #bistdukumpel?-Aufrufe, sie nützen sich ab, sodass ihnen mittlerweile etwas Enervierendes, Verkrampftes anhaftet. Klar, der Aufwand, den die Band betreibt, ist beträchtlich, der Einsatz gross. Die Penetranz allerdings auch. Eine Kollegin hat die Band kürzlich auf Facebook entfreundet, weil ihr die ständige Kumpelei zu viel wurde. Um den Berg zu durchstossen, schütten The bianca Story tatsächlich alle Social-Media-Kanäle zu. Verzweiflung? Overkill? Nah dran, auf jeden Fall.

Mit gutem Grund: Vor einem Monat noch schien das Ziel, die stolze Summe von 90’000 €, in weiter Ferne. Zuletzt aber stieg die Kurve an, nahmen die gesprochenen Beträge zu. Darunter auch jene von stillen Spendern, die kein Goodie wollen. Vielleicht die Plattenfirma? Das bleibt am Ende das Geheimnis von Tim Renners Motor Music und der Basler Band. Auf jeden Fall wäre es ihnen zu gönnen, wenn die restlichen 10’000 Euro bis Montag zusammenkommen würden. Respekt!

Uff, endlich Licht am Ende des Tunnels

Aber auch höchste Zeit, dass das Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist, dass das Quintett seine Schaufeln zur Seite legt. Sonst bräuchte es diese womöglich, um einen neu gebuddelten Graben zuzuschütten – jenen zwischen ihnen, den Dauerwerbesendern, und uns, den Werbeempfängern.

PS: Ein Gerücht, das wir im Titel gestreut haben, möchten wir an dieser Stelle noch aus der Welt schaufeln: Der Modelmann im neuen Katalog von Möbel Pfister ähnelt zwar Sänger Elia Rediger sehr. Er ist es aber nicht. Sollten beim Crowdfunding am letzten Tag noch ein paar Tausender fehlen, empfehlen wir der Band, dem Möbelausstatter wegen Look-Plagiats mit einer Klage zu drohen. Vielleicht läge mit Hilfe der Crowd ja sogar eine «Sammelklage» (hihi) drin.

Albumtaufe: Kaserne, Basel. 29. November 2013, 21 Uhr.


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