Die kommenden drei Wochen könnten für die Kirche und ihre 1,2 Milliarden Mitglieder weltweit entscheidend sein. Es geht um nichts weniger als das Familienbild der Zukunft.
Von Sonntag an treffen sich zahlreiche Bischöfe der katholischen Kirche bis zum 25. Oktober im Vatikan zur Familiensynode. «Drei Wochen Kampf» erwarten die einen, für andere ist es «die entscheidende Schlacht des Pontifikats». Warum die kommenden drei Wochen für die Kirche und ihre 1,2 Milliarden Mitglieder weltweit entscheidend sein könnten.
Was ist überhaupt eine Synode?
Der Begriff kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie «gemeinsamer Weg». Bei einer Bischofssynode kommen die katholischen Bischöfe im Vatikan zusammen, um den Papst zu einem bestimmten Thema zu beraten.
Was ist das Thema dieser Synode?
Es geht um die Familie und ihre Rolle «in der Kirche und in der zeitgenössischen Welt». Mit diesem Titel ist die Stossrichtung der Synode bereits vorgegeben. Es geht um die Frage, ob das traditionelle Familienbild der Kirche auch modernen Entwicklungen Rechnung tragen oder unangetastet bleiben soll.
Was bedeutet das konkret?
Für die Kirche ist das Ideal eine Familie, in der Mann und Frau heiraten und Kinder bekommen. Es geht bei der Synode zum Beispiel auch um die Frage, wie die Kirche sich zu homosexuellen Beziehungen verhält, die sie bislang kategorisch ablehnte. Umstritten ist aus katholischer Sicht etwa, ob diese Verbindungen auch begrüssenswerte Elemente haben, etwa die Treue der Partner oder gegenseitige Fürsorge. Fragen wie diese stehen im Zentrum der Synode.
Was hat es mit den wieder verheirateten Geschiedenen auf sich?
Die Kirche verteidigt das Dogma der Unauflöslichkeit der katholischen Ehe. «Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen», heisst es im Matthäus-Evangelium. Viele Ehen scheitern jedoch. Gläubige, die nach einer Scheidung erneut heiraten, sind von der Kommunion ausgeschlossen, weil sie gegen das Sakrament der unauflöslichen Ehe verstossen. Die Bischöfe streiten nun darum, ob die Zulassung zur Kommunion unter bestimmten Bedingungen doch möglich wäre.
Warum werden diese Fragen ausgerechnet jetzt thematisiert?
Papst Franziskus betont immer wieder, dass die Barmherzigkeit die Kernbotschaft des Evangeliums sei. Alle Menschen ohne Ausnahme, aber insbesondere Menschen in schwierigen Situationen, stünden in Gottes Gnade. Franziskus stellt sich die Kirche als «Feldlazarett» vor, sagte er einst. Dieser Geist soll aus Sicht des Papstes Schwerpunkt der offiziellen Haltung der Kirche werden und nicht mehr das Betonen von Verboten.
Das Betonen von Verboten soll nicht mehr der Schwerpunkt der Kirche sein.
Wie hat der Papst diesen Prozess eingeleitet?
Franziskus liess die Gläubigen per Fragebogen zur gelebten Wirklichkeit der kirchlichen Regeln befragen. Die Kluft, die sich dabei auftat, verursachte Reformdruck. Dann liess Franziskus die Bischöfe bereits im vergangenen Herbst auf einer ausserordentlichen Synode diskutieren. Jetzt folgt der letzte Akt. Der Eindruck ist, dass der Papst die Neuausrichtung der Kirche nicht im Hau-Ruck-Verfahren verfügen will, sondern die Kirche Schritt für Schritt in die von ihm beabsichtigte Richtung schieben.
Gibt es Widerstand gegen diesen Kurs?
Ja, denn zahlreiche Bischöfe und Kardinäle meinen, die strengen Regeln und das schwer zu erreichende katholische Idealbild der Familie müssten unbedingt aufrecht erhalten werden. Sie befürchten, dass ein Nachgeben bei den Prinzipien einen Domino-Effekt haben könnte. Die «heilige katholische Kirche» würde zu einer beliebigen Glaubensgemeinschaft. Widerstand kommt vor allem aus der Kurie, von den afrikanischen Bischöfen, aber auch aus den USA und Polen.
Wer ist für die Reformen?
Die Mehrheit der deutschen Bischöfe, aber auch zahlreiche Bischöfe aus Frankreich oder der Schweiz stehen hinter Franziskus. Protagonisten der Öffnung sind der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper, auch er stimmberechtigtes Mitglied der Synode.
Wer sind die Teilnehmer aus der Schweiz?
Die Schweiz ist durch den Bischof von Sitten vertreten, Jean-Marie Lovey. Teilnehmen wird auch der ehemalige Bischof und jetzige Kardinal Kurt Koch.
Wie entscheidet die Synode?
Die Synode entscheidet nichts, sie ist nur ein beratendes Organ. Diskutiert wird vor allem in Kleingruppen, erst in der dritten Woche stehen die umstrittenen Fragen auf dem Programm. Alle Vorschläge, die in den Schlussbericht der Synode eingehen, müssen mit einer Zweidrittel-Mehrheit verabschiedet werden. Es ist fraglich, ob Reformer oder Konservative bei den strittigen Fragen eine Mehrheit bekommen. Nach der Synode entscheidet der Papst alleine, er ist nicht an die Vorschläge der Bischöfe gebunden.