Im Gundeli erhielten mehrere alte Menschen die Kündigung, obwohl die Immobilienfirma kein Sanierungsprojekt vorweisen konnte. Solche Fälle häufen sich gemäss dem Mieterinnen- und Mieterverband Basel.
Der Basler Immobilienmarkt ist ausgetrocknet. Es gibt immer weniger freie Wohnungen und die Mieten steigen. Der Mieterinnen- und Mieterverband Basel (MV Basel) bereitet diese Tendenz Sorgen: «Wir stellen zunehmend fest, dass die Vermieter mit windigen Sanierungsprojekten versuchen, ihre Mieter rauszubekommen», sagte Präsidentin und Anwältin Kathrin Bichsel anlässlich eines Mediengesprächs am Dienstag.
Ein «krasser und stossender Fall» habe sich an der Dittingerstrasse 31 im Gundeli ereignet: Mehrere Bewohner der Liegenschaft aus dem Jahr 1933 haben letzten November infolge einer angeblichen Sanierung die Kündigung von einer Berner Immobilienfirma erhalten. «Nur der Hälfte der Liegenschaftsbewohnern wurde gekündigt – und zwar jenen, die alt sind und teilweise schon über 50 Jahre dort wohnen.» Laut Bichsel sind die Mieterinnen unter anderem 92, 86 und Mitte 70.
Für Bichsel ist der Grund der Kündigung offensichtlich: «Die Personen leben bereits zwischen 42 bis 50 Jahre dort und profitieren im Vergleich mit anderen Bewohnern von einem günstigeren Mietzins.» Die Kündigungen wollten die Mieterinnen und Mieter nicht hinnehmen, am 4. Juni landete man vor der Schlichtungsstelle – mit Erfolg. Die Berner Immobilienfirma konnte kein baureifes Sanierungsprojekt präsentieren, was für eine Kündigung aber nötig ist. Die Kündigung wurde von der Schlichtungsstelle somit für ungültig erklärt und aufgehoben. Der MV Basel schliesst nicht aus, dass der Fall weitergezogen wird und das Zivilgericht sich damit auseinandersetzen muss.
Zwei neue Initiativen
Patrizia Bernasconi, Geschäftsleiterin des MV Basel, kann über solche Fälle nur den Kopf schütteln: «Sanierungen sind oft nur ein vorgeschobener Grund für eine Kündigung. Leidtragende sind langjährige und ältere Mieter. Alte Menschen finden nicht so schnell wieder eine neue Wohnung.»
Laut Beat Leuthardt, Co-Geschäftsleiter und Leiter der Rechtsabteilung, «machen die Vermieter, was sie wollen». Der MV Basel setzte sich bereits mit 3565 Einzelklagen und 95 Gruppenfällen auseinander – oft geht es auch um ungerechtfertigte Mietzinserhöhungen. «Die Vermieter versuchen, die Mieter abzuzocken.» In Basel herrsche Goldgräberstimmung und Wildwuchs – und die Regierung unternehme nichts dagegen. Auch auf die Verwaltung ist er alles andere als gut zu sprechen, diese betreibe Schikane. So verlange das Bau- und Gastgewerbeinspektorat für Akteneinsichtsgesuche Geld vom MV Basel. «Wir weigern uns, das zu zahlen, früher war das gratis. Sollen sie uns doch betreiben!»
Leuthardt kündigt für den Herbst die Lancierung zweier Initiativen an. Mit der einen sollen die Gerichtsgebühren bei Mietstreitigkeiten abgeschafft werden (ein ähnliches Volksbegehren wurde letzten September abgelehnt). Die andere Initiative soll unter dem Motto «Ich will hier wohnen bleiben können» stehen.
Das Wohnraumfördergesetz, über das letzten Herbst an der Urne entschieden wurde, gilt ab dem 1. Juli. Dies teilte die Basler Regierung am Dienstag mit. Das Wohnraumfördergesetz sieht eine Offensive bei der Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus vor. Künftig können Genossenschaften vom Kanton ein Darlehen für die Entwicklung von Wohnbauprojekten erhalten und mit Bürgschaften unterstützt werden. Der Kanton wird zudem Areale erwerben und diese im Baurecht den Genossenschaften überlassen können. Mit dem Wohnraumfördergesetz wird die Sozialhilfe zudem die Möglichkeit erhalten, benachteiligten Personen günstige Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Auch die Investoren und Hauseigentümer kommen mit dem neuen Gesetz auf ihre Kosten: Für sie soll das Abbruchgesetz gelockert werden. Demnach wird der Abbruch von bestehenden Wohnungen dann bewilligt, wenn mindestens wieder gleich viel Wohnraum entsteht.