In Basel steigt die Zahl der Schülerinnen und Schüler schneller als im Rest der Schweiz

Wenn nicht mehr Schulraum entsteht und mehr Lehrkräfte eingestellt werden, müssen die Klassengrössen erhöht werden. Eine gefährliche Entwicklung, warnt die Bildungsexpertin Gaby Hintermann.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Wenn nicht mehr Schulraum entsteht und mehr Lehrkräfte eingestellt werden, müssen die Klassengrössen erhöht werden. Eine gefährliche Entwicklung, warnt die Bildungsexpertin Gaby Hintermann.

Je mehr Schülerinnen und Schüler im Klassenzimmer sitzen, desto mehr wird geschwatzt. So haben es die meisten in ihrer Schulzeit erlebt, so erleben es Lehrpersonen auch heute im Unterricht. Und die Lehrpersonen könnten in Zukunft mit noch mehr schwatzenden Kindern konfrontiert sein.

Denn die Zahl der Schüler steigt in Basel-Stadt rapide und der Kanton sucht nach Möglichkeiten, bei der Bildung zu sparen. Eine Studie des Bundesamts für Statistik (BfS) zeigt: In keinem anderen Kanton nimmt die Zahl der Lernenden an obligatorischen Schulen so schnell zu wie in Basel-Stadt.

Laut BfS wird die Zahl der Schülerinnen und Schüler zwischen 2013 und 2024 um etwa 23 Prozent steigen. Die Modellrechnung bezieht sich auf die Anzahl Lernender, die sich simultan zur Bevölkerung entwickelt. Die Zahlen entsprechen deshalb nicht dem Bestand an Schülerinnen und Schülern, wie sie der Kanton ausweist.

Ist das Erziehungsdepartement auf die steigende Schülerzahl vorbereitet? Man arbeite mit einer «mehrjährigen Planung», sagt Simon Thiriet, Sprecher des Erziehungsdepartements. So wisse man «relativ genau, wie viel Schulraum in ein paar Jahren benötigt werden». 

Doch genau diesen Punkt hinterfragt Gaby Hintermann, die Leiterin der kantonalen Schulkonferenz Basel-Stadt. Sie geht davon aus, dass in Basel ein Raumproblem entsteht, wenn die Schülerzahlen so drastisch steigen, wie es das BfS voraussagt. Zudem sieht sie die Gefahr, dass nicht genügend Lehrpersonen eingestellt werden. «Ich befürchte, dass die Stadt zuerst die Klassen weiter füllen wird. Diese Entwicklung wäre falsch.»

«10-vor-10»-Beitrag zum Thema Sparen bei der Bildung, 12.1.2016:

 

Derzeit liegt die durchschnittliche Klassengrösse bei etwa 20 Schülerinnen und Schülern. In der Primarschule dürfen die Klassen laut Bildungsgesetz maximal 25 Schülerinnen und Schüler zählen. In der Sekundarstufe hängt die Maximalgrösse von den jeweiligen Leistungszügen ab. Im schwächsten Leistungszug (A-Zug) dürfen die Klassen bis zu 16 Schülerinnen und Schüler betragen, im mittleren 23 (E-Zug) und im stärksten 25 (P-Zug).

Von 408 Klassen auf Primar- und Sekundarstufe überschreiten derzeit 13 Klassen die Maximalgrösse. Das schrieb der Regierungsrat im Dezember 2015 als Antwort auf eine Interpellation der BastA!-Grossrätin Heidi Mück. 

In den nächsten Jahren könnten die Klassen aufgrund der steigenden Schülerzahlen noch weiter wachsen. Simon Thiriet vom Erziehungsdepartement schliesst das nicht aus. Es sei jedoch ein wichtiges Ziel des Kantons, die Zunahme der Klassengrösse zu verhindern.

Mit Shuttle-Bussen die Schüler verschieben

Gaby Hintermann sagt, dass die Klassen nicht weiterwachsen dürften. Denn «die Zunahme der Klassengrösse beisst sich mit allem, was die Gesellschaft von den Schulen erwartet. Zum Beispiel die Integration von möglichst allen Kindern lässt sich mit noch grösseren Klassen kaum mehr bewerkstelligen.»

Besonders bei Kindergärten und Primarschulen mache sich die steigende Kinderzahl bemerkbar, da die Kinder in der Regel dort zur Schule oder in den Kindergarten gingen, wo sie wohnten. «Auf der Sekundarstufe ist die Einteilung hingegen eher möglich, weshalb die Zunahme der Schülerzahlen dort weniger pointiert spürbar ist.»

Das Argument, bei den Klassengrössen gebe es noch Luft nach oben, kritisiert Hintermann. Die durchschnittliche Klassengrösse sei bloss ein statistischer Wert. Er stimme also mit der Realität nur dann überein, wenn man alle Schülerinnen und Schüler gleichmässig über die Stadt verteilen könnte. «Die Quartiere wachsen aber sehr unterschiedlich. Wollte man die maximalen Klassengrössen besser ausschöpfen, müsste man zum Beispiel Shuttle-Busse einrichten, die Primarschüler in andere Schulen fahren, wo die Klassen noch nicht voll sind.»

Wenn die Zahl der Lernenden so steigt, wie es das BfS voraussagt, steht die Regierung also vor der Frage: Shuttle-Busse einrichten oder mehr Schulraum schaffen und mehr Lehrpersonen einstellen.

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