Initiativenflut im Baselbiet überschwemmt Harmos & Lehrplan 21

In Baselland wachsen die Bestrebungen, Harmos und Lehrplan 21 prinzipiell zu verhindern oder die Reformen des Bildungswesens auf ein Minimum einzudampfen. Das blockiert die Bildungspolitik des Kantons. Eine Einschätzung.

Eine nicht endende Flut an Initiativen sorgt für stetige Unruhe in der Baselbieter Schulpolitik.

(Bild: Nils Fisch)

In Baselland wachsen die Bestrebungen, Harmos und Lehrplan 21 prinzipiell zu verhindern oder die Reformen des Bildungswesens auf ein Minimum einzudampfen. Das blockiert die Bildungspolitik des Kantons. Eine Einschätzung.

Monica Gschwind kam, sah und blies zum Marschhalt. Mit einer ihrer ersten Entscheidungen als neugewählte Baselbieter Bildungs-, Kultur- und Sportdirektorin stoppte sie die bereits angelaufenen Reformen in der Sekundarschule. Damit erntete sie bei den Skeptikern und fundamentalen Gegnern von Harmos und Lehrplan 21 Applaus.

Obwohl die Bildungsdirektorin selber eine bekennende Skeptikerin ist, dürfte dies nicht ihr primäres Ziel gewesen sein. Mit dem Marschhalt will Gschwind nach eigenen Angaben Ruhe in die aufgebrachte Debatte bringen. Viel mehr als ein frommer Wunsch ist das nicht. Die Reform-Skeptiker gewinnen in Baselland zunehmend die Oberhand. Und sie torpedieren jeden Schritt, der in Richtung Harmos und Lehrplan 21 führt. 

Zeichen dafür sind die zwei parlamentarischen Initiativen, die am 5. Juni zur Abstimmung gelangen und die im rechtsbürgerlich dominierten Landrat bereits deutliche Mehrheiten erhalten haben: Die eine Vorlage hat zum Ziel, die Einführung von Sammelfächern zu verhindern, mit der anderen soll dem Bildungsrat die Entscheidungsbefugnis beim Lehrplan entzogen und dem Landrat übertragen werden.

Sturmlauf gegen Lehrplan 21 und Harmos

Gschwind gibt sich Mühe, nach aussen Ruhe zu verbreiten. Sie betont im Interview mit der TagesWoche, dass der Lehrplan 21 lediglich eine Mustervorlage sei, die man relativ frei umsetzen könne, ohne den Harmonisierungsgedanken gleich ganz über Bord zu werfen. Die Bildungsdirektorin will nach eigenen Angaben den Fuss vom Gaspedal nehmen, das ihr Vorgänger Urs Wüthrich ihrer Ansicht nach viel zu stark durchgedrückt hat.

Die Reformgegner lassen sich durch den Marschhalt aber nicht von ihrem radikalen Destruktionskurs abbringen. Eine massgebende Rolle spielt dabei das Komitee Starke Schule Baselland um den streitbaren Lehrer und Landrat Jürg Wiedemann (Grüne-Unabhängige).

Dieses Komitee produziert eine wahre Flut an Initiativen und parlamentarischen Vorstössen, die allesamt zum Ziel haben, die Schulreformen massgeblich einzudämmen oder gar ganz rückgängig zu machen. Schon aus den Titeln der eingereichten Initiativen ist die pure Verachtung gegenüber den Reformen herauszulesen:

Zweigleisige Ausbildung an der Fachhochschule

Je nach Ausgang der aktuellen und künftigen Volksabstimmung dürfte sich der Riss zwischen Baselland und Basel-Stadt, das den Lehrplan 21 auf Sekundarschulstufe im vergangenen Sommer bereits eingeführt hat, vertiefen. Auch an anderen Grenzen tun sich Gräben auf: Der Kanton Solothurn will den Lehrplan 21 auf das Schuljahr 2018/2019 hin, Aargau auf 2020/2021 umsetzen.

Das hätte auch Folgen auf die Ausbildung der Lehrer an der Pädagogischen Hochschule der FHNW. Wenn im Baselbiet die Sammelfächer aus dem Lehrplan gekippt werden, müssten die Lehrer unter Umständen zweigleisig ausgebildet werden – mit den entsprechenden Kostenfolgen.

In der Pädagogischen Hochschule will man sich dazu noch nicht konkret äussern. Integrationsfächer wie Natur & Technik oder Physik & Chemie werden schon seit vielen Jahren angeboten. Und auf das Jahr 2017 wird die Hochschule ihre Studiengänge turnusgemäss erneut anpassen müssen.

Aus freien Stücken kann sie dies aber nicht tun. Letztlich muss sie die Vorgaben der Regierungen der vier Trägerkantone umsetzen und die Auflagen der eidgenössischen Erziehungsdirektorenkonferenz erfüllen. Wenn die beiden Basel, Solothurn und der Aargau in ihren Lehrplänen auseinanderdriften, müssen sich also zuerst die zuständigen Regierungsräte auf einen wie auch immer gearteten gemeinsamen Weg einigen.

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