Internet-Seite lässt Arcade-Klassiker wieder aufleben

Für Arcade-Spiele wie Space Invaders, Pac-Man oder Donkey Kong verzockten Jugendliche in Kneipen einst ihr ganzes Sackgeld. Auf der Seite «Internet Arcade» warten nun über 900 Klassiker aus den Siebziger- bis Neunzigerjahren auf ihre alten Spieler.

Hässliches Möbel mit virtuellem Inhalt: Pac-Man-Tischchen aus den Achzigern.

Für Arcade-Spiele wie Space Invaders, Pac-Man oder Donkey Kong verzockten Jugendliche in Kneipen einst ihr ganzes Sackgeld. Auf der Seite «Internet Arcade» warten nun über 900 Klassiker aus den Siebziger- bis Neunzigerjahren auf ihre alten Spieler.

Insert Coin! Ja, das Vergnügen ist nur einen Stutz in den Schlitz dieses armseligen Kastens entfernt. Ein Franken für die Hoffnung, dass das Vergnügen mehr als gerademal 90 Sekunden dauern würde, die einem dieser Automat mindestens gewährt.

In einer dunklen Ecke der verrauchten Spelunke am Claraplatz hat er gefunkelt und geleuchtet, tief in den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts. In einer Zeit, als Computer nur in Banken und Militäreinrichtungen standen und sonst alles, was elektrisch leuchtete und an Bildschirmen stattfand, als Videospiele bezeichnet wurde.

Pixel gegen Pixel

An diesen aus heutiger Sicht primitiven Spielkasten verzockten wir unser Taschengeld. Wir flogen gepixelte Helikopter vorwärts links und rechts (2-D war ganz schön anstrengend) und schossen unbegrenzte Salven auf immer grösser werdende Ziele.

Es gab unzählige Spiele, jedes fest eingebaut in ein furniertes Möbel, doch im Prinzip beliebig austauschbar: ballern auf Raumschiffe, ballern auf Panzer, schiessen auf bewegliche Ziele. Es war klar: Diese Kasten sind Abfallprodukte des Kalten Krieges und sollten uns Teenager zu flinken Soldaten trainieren.

Doch das Suchtpotenzial war enorm. Nutzniesser und Dealer dieser neuen Droge waren die Wirte, die – noch geübt vom Aufstellen ihrer Jukeboxen – sich erneut über jede eingeworfene Münze freuten.

Münze verzögert das «Game over»

Die Spielverläufe waren ganz fies programmiert: Die ersten Stufen konnten meistens relativ leicht erfolgreich abgeschlossen werden. So sollte der Spieler den Eindruck gewinnen, er beherrsche das Spiel.

In den darauffolgenden Runden zog der Schwierigkeitsgrad schon merklich an. Anfänger mussten bereits Rückschläge hinnehmen und sahen sich mit dem unerwünscht baldigen Ende des Spiels konfrontiert – so sie dann nicht noch eine weitere Münze in den Schlitz schoben. Auf diese Weise liess sich bei den meisten Arcade-Spielen das gefürchtete «Game over» mit einem «Continue» noch etwas hinauszögern.

Einige Arcade-Spiele «belohnten» die erneute Geldfütterung gar gnädig mit einem kurzfristig wieder gesenkten Schwierigkeitsgrad. Dadurch sollte der Spieler den Eindruck erhalten, er sei besser geworden oder habe beim ersten Versuch einfach Pech gehabt. 

Das Ende einer Ära

Das erste kommerzielle Arcade-Spiel hiess Computer Space (1971). Der Erfinder war Nolan Bushnell. Später gründete er die Firma Atari, bei der 1974 als vierzigster Mitarbeiter auch ein gewisser Steve Jobs arbeitete. Ein Name, der heute nicht mehr erläutert werden muss.

Ende der 1970er-Jahre sowie Anfang der 1980er-Jahre, in der Blütezeit der Arcade-Automaten, erschienen die bis heute bekannten und durch Neuauflagen populär gebliebenen Arcade-Klassiker wie Space Invaders, Pac-Man, Donkey Kong und wie sie alle hiessen.

Gegen Ende der Achtzigerjahre jedoch, als sich die Homecomputer und Videokonsolen immer mehr verbreiteten, ebbte der Boom der Arcade-Spielkasten zusehends ab. Die übrig gebliebenen Spielhallen leben heutzutage vom Billardtisch und Döggelikasten – und von dem, was die Spieler konsumieren.

Nicht dasselbe ohne Kneipen-Atmosphäre

Es gibt noch einige Sammler, welche den nötigen Platz haben, um die alten Kasten aufzustellen. Wer den nicht hat, aber trotzdem gerne wiedermal solche Klassiker spielen möchte, darf sich beim Programmierer Jason Scott bedanken. Er hat den Programmcode von über 900 Arcade-Spielen in eine moderne Programmiersprache übersetzt, sodass sie sich in normalen Browsern spielen lassen.

Auf der Seite «Internet Arcade» ist dies seit wenigen Tagen möglich – und zwar kostenlos.

Doch seien Sie gewarnt: Ohne die Atmosphäre einer Kneipe und ohne den Druck, nicht sein ganzes Geld in jenem Schlitz zu verlieren, macht die Sache leider nur noch halb so viel Spass. «Game over» also, ein «Continue» ist nicht programmiert.

Quellen

https://archive.org/details/internetarcade

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