Jetzt reichts! Social-Media-Marketing nervt die Kunden

Wenn du möchtest, dass deine Kunden sich mit dir beschäftigen, dann binde sie ein: Was im Grunde eine vernünftige Idee ist, läuft manchmal ganz anders, als Werbestrategen sich das denken.

(Bild: EasyJet Basel, Facebook)

Wenn du möchtest, dass deine Kunden sich mit dir beschäftigen, dann binde sie ein: Was im Grunde eine vernünftige Idee ist, läuft manchmal ganz anders, als Werbestrategen sich das denken.

Ob es die Wahl zum Produkt des Jahres ist oder eine firmenfinanzierte Charity-Aktion: Durch die Einbindung der Kundinnen und Kunden steigen Markenakzeptanz, Reichweite und Kundenbindung. Wer für eine Marke aktiv wird, verbindet damit positive Gefühle und kommt wieder.

Kundeneinbindung und «Community-Building» sind das Gebot der Stunde. Durch die Möglichkeiten der sozialen Medien sind die Chancen dafür enorm gestiegen. Marketingabteilungen grösserer Firmen betreiben eigene Social-Media-Seiten und bewirtschaften die Interaktion.

Der Austausch mit dem Kunden soll einfacher und unmittelbarer werden und dadurch dem Unternehmen nützen. Zusätzlich gewinnt man Daten für die Kundenkartei. Was grundsätzlich eine gute Idee ist. Nur sollte man die Rechnung nicht ohne die Community machen.

Der Nutzer, das unberechenbare Wesen

Es gibt sehr gute und witzige Community-Aktionen, die sich Werbeabteilungen ausgedacht haben. Beispielsweise diese Werbeaktion der Genossenschaft Elektra Baselland (ebl): Die spendet für jeden neuen Like auf ihrer Facebook-Seite fünf Franken an die Stiftung Pro UKBB.

Nutzer reagieren allerdings nicht immer berechenbar. Für Lacher sorgte vor drei Jahren eine Aktion der Firma Henkel, welche die Kunden aufforderte, Designvorschläge für die Plastikflasche des Geschirrspülmittels «Pril» zu machen.

Der Sieger des Wettbewerbs war nicht das, was die Marketingabteilung wohl erwartet hatte. Das Voting gewann eine braune Flasche mit dem Slogan «Schmeckt lecker nach Hähnchen». Henkel änderte daraufhin kurzerhand die Bewertungskriterien und wählte einen anderen, eher vermarktungsfähigen Entwurf. Die User waren empört, Peter Breuer, der «Hähnchendesigner», nahm sein Modell aus dem Netz.

Sorgte 2011 für Lacher: Die Firma Henkel bat ihre Nutzer um Designideen für eine Spülmittelflasche.

Sorgte 2011 für Lacher: Die Firma Henkel bat ihre Nutzer um Designideen für eine Spülmittelflasche. (Bild: t3n.de)

Mehr als ein bisschen Anarchie im Netz erfuhr diese Woche eine Aktion von EasyJet in Basel. Die Firma forderte ihre Fans auf Facebook auf, Bilder einer mit EasyJet-Logo bemalten Lokomotive zu machen und auf die EasyJet-App hochzuladen. Die Vorstellung von EasyJet: Eine spannende Jagd nach der orangen Lok. Ein Link zum Fahrplan, nach dem diese verkehrt, ist beigefügt. Beim anschliessenden Voting gibt es zwei Flugtickets zu gewinnen.

 

(Bild: EasyJet Basel, Facebook)

Wirklich gut kam das nicht an. Der Facebook-Post bekam bis zum Freitag gerade mal 22 Likes, dafür äusserten sich mehrere Nutzer zur Gewinnaktion. Und zwar ausschliesslich negativ. «Voting, nein danke», schrieb einer. «Votings sind unfair, mach ich nicht mit!», ärgerte sich ein anderer Nutzer.

Not amused: Von einem Voting wollten einige Nutzer nichts wissen.

Not amused: Von einem Voting wollten einige Nutzer nichts wissen. (Bild: Facebook)

Teilgenommen haben bisher sieben Personen, davon sechs mit einem Bild der Lok und eine mit einer Winterlandschaft. «Snap The Train» endet am 24. Dezember.

Möglicherweise nur ein Fall von vorweihnachtlicher Genervtheit. Votings stehen allerdings schon länger im Ruf, eher Show-Veranstaltungen ohne echten Wettbewerbscharakter zu sein. Wenn überhaupt, helfen sie eher dem Selbstmarketing der Teilnehmer auf die Sprünge, als der Interaktion dienlich zu sein. Eine Kommunikationsstrategie wie die oben beschriebene Notbremse von Henkel verärgert zusätzlich Nutzer und wirkt nach.

Na und? Wer Votings nicht mag, muss ja nicht daran teilnehmen. Dass Nutzer aktiven Protest gegen Beteiligungsformen äussern, ist jedoch neu. Bahnt sich da eine Abwanderung des Wutbürgers zu den Werbeangeboten an?

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