Jobben nach dem Lustprinzip

Für immer mehr gut Ausgebilde­te zählen Offenheit und Risiko zum Berufsalltag. Wir sollten uns von ihnen anstecken lassen.

Für eine zunehmende Zahl gut ausgebilde­ter Menschen zählen Offenheit und Risiko zum Berufsalltag. Wir sollten uns von ihnen anstecken lassen.

Das Jahr ist blutjung. Wäre es ein Buch, die meisten Seiten wären blütenweiss …

Vielleicht geht es Ihnen ähnlich wie mir: Ich mag den Jahreswechsel. Die Wünsche und Erwartungen, die den Neubeginn begleiten. Das Unvorhersehbare, das einen nach­denklich stimmt. Das Offene und Unbe­kümmerte, das neue Möglichkeiten verspricht und uns manchmal auch Riskantes wagen lässt.

Für eine zunehmende Zahl gut ausgebildeter Menschen zählen Offenheit und Unwägbarkeit zum Berufsalltag. Marion Regenscheit, die Autorin unserer Titel­geschichte, nennt sie, abgeleitet vom Schriftzeichen «/», Generation Slash: Leute, die in verschiedenen Berufen gleichzeitig tätig sind. Nicht aus Not, sondern aus Über­zeugung – wissend, dass sie zu den Privilegierten zählen.

«Ich mache das, was ich mache, aus absoluter Lust», sagt etwa der 44-jährige Kommunikationsexperte Peter Glassen im Interview. «Aber zugleich gibt es Menschen, die aus purer Notwendigkeit verschiedenen Jobs nachgehen müssen, um sich und ihre Familien zu ernähren. Diese Leute darf man in der ganzen Diskus­sion nicht vergessen.»

Der Luxus, über seine Zeit bestimmen und in Lebensabschnittsjobs arbeiten zu können, hat jedoch seinen Preis. Es drohe die Gefahr, dass man sich in seinen ver­schiedenen ­«Berufs-Ichs» verliere und sich selbst überfordere, schreibt Marion Regenscheit, die sich selber als «typischen Slashie» bezeichnet: Die 26-Jährige ist Studentin/Uni-Hilfsassistentin/Schwimmlehrerin/Medien­schaffende/Literaturhaus-Angestellte/Aushilfslehrerin.

Trotz gelegentlicher Stresssituationen, in ihrem Leben verändern möchte sie nichts. Genauso wenig wie die optimistischen Multitasker, die wir in dieser Ausgabe porträtieren. Denn das hiesse auf­hören, neugierig zu sein; auf­hören, frei zu sein und sich immer wieder neu erfinden zu können.

Vielleicht sollten wir Normalberufler uns hie und da ein wenig von der Zuversicht und Lässigkeit der Generation Slash anstecken lassen. Nicht nur zum Jahresbeginn.

Artikelgeschichte

Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 03.01.14

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