Junges Festival fragt, wie wir in Städten zusammenleben wollen

«stattutopie» heisst das Festival, das ab Montag in der Markthalle steigt. Auf der Suche nach Antworten, wie wir unser städtisches Zusammenleben in Zukunft gestalten wollen, wird ähnlich viel geschmaust und gefeiert werden, wie diskutiert und performt.

Was vom Hyperwerk kommt, sieht auch gleich immer nett aus: Blick aufs Werbematerial für das Festival.

«stattutopie» heisst das Festival, das ab Montag in der Markthalle steigt. Auf der Suche nach Antworten, wie wir unser städtisches Zusammenleben in Zukunft gestalten wollen, wird ähnlich viel geschmaust und gefeiert werden, wie diskutiert und performt.

«Ich behaupte einfach, dass es ein Festival ist», sagt Livia Matthäus. Das klingt frisch. Denn die Veranstaltungsreihe «stattutopie», die in allen Formen darüber nachdenkt, wie wir Städter in Zukunft zusammenleben wollen, ist ihre Diplomarbeit. Das Studium (am Hyperwerk) mit einem Festival abschliessen: macht nicht jeder.

Und, wird es eines? Weiss sie natürlich nicht, es ist ihr erstes. Aber der Geist zählt. Lust auf Festival? Also macht man eins, Punkt.

Der Grund dafür ist, dass «stattutopie» keine Tagung sein soll, etwas, das schon beim Wort Staub ansetzt und gewisse Leute ausschliesst. Es wird viel gefeiert werden, nach den Workshops, Performances und Referaten, mit Kino, gemeinsamem Essen und Konzert. Und jeder soll vorbeikommen können, Kids, Banker, Skeptiker, vielleicht weil man sowieso gerade in der Markthalle ist, und zuhören, Hand anlegen, stören.

Die Veranstalterin Livia Matthäus (Bild: Nils Fisch)

Die Debatte eine Umdrehung zurückschrauben

Livia Matthäus sucht nicht die Debatte über Begriffe wie Nachhaltigkeit oder verdichtetes Bauen, die im öffentlichen Diskurs bereits verankert sind. Sie meint, dass diese Auseinandersetzungen, auch wenn sie wichtig sind, meistens darin enden, dass man über Gesetzesartikel streitet. Sie will einen Schritt zurücktun, vor die Fragen der politischen und wirtschaftlichen Umsetzung. «Wir müssen eine Vision entwickeln, wie wir überhaupt miteinader leben wollen», sagt sie.

Nicht, dass das neu wäre. Ein bisschen denkt sie dabei an Max Frisch, Lucius Burckhardt und Markus Kutter mit ihrem 1955 erschienen Buch «Achtung: Die Schweiz». Diese Art grundlegender Infragestellung und Vision fehlt ihr heute.

Nicht, dass Matthäus eine von Grund auf neue Stadt bauen will, wie die Herren vorschlagen. Ihr geht es mehr um den Einzelnen und sein direktes Umfeld. Sie selbst zum Beispiel wünscht sich für das Leben in der Stadt das Wohnen in Mehrgenerationenhäusern, wo alte Menschen, die normalerweise in Altersheimen verstaut werden, mit jüngeren zusammenleben. Das müssen nicht Eltern und Kinder sein («wir wollen ja nicht zurück aufs Dorf»). Es können «fremde» sein, wo die Erwachsenen zu den Alten, und die Alten zu den Kindern schauen. Sie selbst wird in diese Richtung gehen und demnächst zu einer grossen WG in einem Haus mit Garten stossen.

Machen.

Jedenfalls, das Festival. Zwei Namen auf dem Programm lesen sich besonders schön: Der des «Zentrums für politische Schönheit», das mit seinen stark politischen Kunstinterventionen für reichlich Furore sorgt, und die Karriere-Verweigerer Alix Fassmann und Anselm Lenz, die über ein neues Verhältnis zur Arbeit nachdenken. Irgendwie verwundert es nicht, dass beide Gruppen aus Berlin kommen.

Während diese Leute für das grosse Umdenken arbeiten, ist das Schöne am Gespräch mit Matthäus, dass sie nicht missioniert. Sie will die Welt nicht verändern, sondern sich so vernetzen, dass sie die Dinge tun kann, die ihr vorschweben. «Ich will nichts bewegen, ich will etwas machen. Und dadurch bewegt sich vielleicht etwas.» Eben, wie das Festival als Diplomarbeit.

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stattutopie Festival: 14. bis 18. April, je ab 9 Uhr, Markthalle Basel.
Gerne erinnern wir an dieser Stelle an das Interview mit dem dänischen Stadtplaner Jan Gehl, der in Basel zu Besuch war: «Architekten wissen zu wenig über Menschen»

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