Zuviel Anonymität macht das Leben nicht besser.
«Verkäuferlis» ist meist einer der ersten Berufe, den Kinder im wahrsten Sinne des Wortes ausüben. Geschrumpfte Produkte werden sorgfältig in ebenfalls verkleinerten Regalen platziert, um möglichst viele Kunden anzulocken, dann wechselt buntes Spielgeld den Besitzer. Interessanterweise ist das Bezahlen mit Karte auch für fantasiebegabten Nachwuchs nicht besonders reizvoll.
Wer einen anderen Beruf gewählt hat und sich gerne an solche Szenen zurückerinnert, hat nun auch in grossen Geschäften wieder die Möglichkeit dazu: Coop und Migros bieten Selbstbedienungskassen an. Man nimmt die Produkte aus dem Warenkorb, scannt sie, bezahlt mit Karte oder Bargeld – ein bisschen ist es wie im Internet einkaufen, nur mit Sachen zum Anfassen.
Es stellt sich die Frage, ob das Leben besser wird, wenn man für sich bleibt.
Der menschliche Kontakt ist dabei auf ein Minimum beschränkt, da es keine Verkäufer gibt, nur noch jemanden, der bei Bedarf hilft und sonst aufpasst, dass man auch alles richtig macht. Nun verzichten viele gar nicht ungern auf das «Grüezi» der Person, die sonst hinter dem Band sitzt. Schliesslich sind andere Menschen anstrengend, man hat schon den ganzen Tag so viel geredet, und eilig hat man es auch, da ist es doch klug, man nimmt die Sache selbst in die Hand.
Es stellt sich aber die Frage, ob das Leben besser wird, wenn man für sich bleibt, ohne Lächeln oder Blickkontakt, als sässe man unter einer Glasglocke oder trüge einen Ganzkörperschleier – selbstgewählt oder nicht.
Manchmal macht es durchaus Sinn, sich zu verhüllen: Skimaske von Mammut, 34.90 Franken, bei Ochsner Sport, Güterstrasse 115; www.ochsner-sport.ch
Artikelgeschichte
Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 15.11.13