Klima-Aktivisten blockieren den Birsfelderhafen und lassen LKW-Fahrer fluchen

Rund 100 Beteiligte der Aktionstage «Climate Games» halten am Ölhafen zwei neuralgische Verkehrsknoten besetzt. Das hat Konsequenzen für den Lastenverkehr. Die Polizei beobachtet die Situation. 

Am Birsfelderhafen werden seit dem frühen Freitagmorgen des 10. August zwei neuralgische Verkehrsadern blockiert. Es handelt sich dabei um die mehrfach angekündigte Grossaktion im Rahmen der Climate Games, deren Akteure seit einer Woche in Pratteln campen.

Es ist noch frisch, als rund 80 Aktivisten gegen 6.00 Uhr morgens in weissen Schutzanzügen auf die Kreuzung Hafenstrasse/Rührbergstrasse treten. Sie spannen Banner über die Strasse, die Kreuzung ist binnen Sekunden dicht. Die Einfahrt zum Ölhafen liegt 100 Meter von der Blockade entfernt, doch Lastwagen müssten beim Abtransport die Kreuzung passieren.

Eine Kette aus Velos und Menschen

Die andere Ausfahrt liegt nämlich im Grundwasserschutzgebiet und darf deswegen von Öltrucks nicht befahren werden, erklärt Lisa. Sie hat einen Lageplan dabei für die Medien. Über ihrem Kopf summt eine Drohne in der Luft und filmt. Kurz nach 8.00 Uhr treffen Vertreter sämtlicher regionaler Medien ein, die an einen gemeinsamen Treffpunkt gelotst worden waren.

Der zivile Ungehorsam hat sich organisiert, so viel steht fest.

Während die Aktivisten die Kreuzung am Birsfelderhafen beinahe gelassen besetzen, ist vier Kilometer rheinaufwärts mehr Hektik im Spiel. Beim Auhafen kommen gegen 5.00 Uhr rund 30 Aktivisten auf aussortierten Leihrädern der Pleite-Firma O-Bike aus dem Hardwald gefahren und ketten sich eingangs der Auhafenstrasse zwischen den Leitplanken fest. Die Velos werden dabei Stück für Stück mit U-Schlössern verzahnt, verketten sich zusätzlich zwischen den Rädern.

Die einzige Zufahrtsstrasse ist damit gesperrt, der Auhafen blockiert. Drinnen wie draussen stauen sich die LKW. Drinnen jene, die am Vorabend ihre Fracht entladen haben und am Freitagmorgen zurückfahren wollten. Ein Nummernschild trägt das Kürzel aus Hamburg, der Fahrer ist sauer. Er will nach Hause und jetzt das, mit der Zigarette zeigt er auf die Menschenkette, der Chef sei auch nicht begeistert. «Kurwa», flucht er auf polnisch.

Bei den Rheinhäfen will man die finanziellen und logistischen Konsequenzen der Lage nicht kommentieren, «dazu ist alles gesagt», heisst es auf Anfrage.

Aktivisten aus Genf

Die Polizei beobachtet die Szenen aus der Distanz, kontrolliert einige PKW bei der Zufahrt, bittet Kleinlaster umzudrehen. Die Stimmung ist friedlich, die Aktivisten beim Auhafen tragen ebenfalls Schutzanzüge, manche auch Gesichtsmasken, und lassen bereitwillig zu, dass Beamte über die Menschen hinwegsteigen und die Kettenkonstruktion fotografieren. Eine Auflösung der Sperre dürfte Bilder ergeben, die niemand will. Ein Aktivist mit Fotoapparat steht etwas abseits und beobachtet die Szene.

Polizeisprecher Adrian Gaugler sagt, man stehe mit den Aktivisten in Kontakt. «Die Stimmung ist absolut friedlich, es gab keine Zwischenfälle.» Einer möglichen Räumung müsse eine Anzeige der Grundbesitzer wegen Hausfriedensbruch vorausgehen, ohne die bliebe die Polizei im Hintergrund.

In der Menschenkette am Auhafen wird vor allem Französisch gesprochen, ein Grossteil der Leute ist aus Genf angereist. Es hat ältere Menschen darunter, sie verzichten auch vor den Fotografen auf die Gesichtsmaske. «Ich bin 75 und pensioniert, wozu soll ich mich verstecken», sagt einer. «Wenn wir uns jetzt nicht gegen die Ausbeutung der Erde stemmen, wird es bald keine Rolle mehr spielen, in welcher Datenbank unsere Personalien gespeichert sind.»

An der Rheinfelderstrasse, der Hauptverkehrsader des Industriegebiets, regeln Beamte der Baselbieter Polizei den Abzweigeverkehr zur Auhafenstrasse. Er könne das Anliegen der Klimaschützer verstehen, sagt ein Polizist, aber jetzt stünden hier oben leere Lastwagen herum. «Friedlich sind die Aktivisten ja, aber so friedlich finde ich die Aktion als Ganzes nicht». Dann bittet er um den Presseausweis, sicher ist sicher.

Die Aktivisten haben sich derweil auf einen längeren Aufenthalt eingestellt, bis Samstagabend soll die Blockade aufrecht erhalten werden. Hauptziel der Aktivisten ist es, den kompletten Ölumschlag an den Rheinhäfen für 48 Stunden lahmzulegen.

Gegen 10.00 Uhr kommt ein Lastenrad, bringt Kaffee und Snacks, aus Solarpanels fliesst Strom für Musik. Und langsam wird es heiss, am Auhafen liegt ein beissender Gestank in der Luft. Auch wenn die Fotografen langsam abziehen, die Atemmasken lassen die Aktivisten lieber an.

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