Krise bei den Grossen, Zuversicht bei den Kleinen

Ex Libris schliesst zahlreiche Filialen, Orell Füssli und Thalia müssen kooperieren: Die grossen Buchhändler kämpfen mit Schwierigkeiten. Besser geht es – mit Ausnahmen – den kleineren Fachhändlern in Basel.

Im kriselnden Buchhandel schlägt klein und anpassungsfähig, gross und schwerfällig. Den kleinen Quartierbuchläden geht es ganz gut, die grossen Ketten serbeln. (Bild: Nils Fisch)

Ex Libris schliesst zahlreiche Filialen, Orell Füssli und Thalia müssen kooperieren: Die grossen Buchhändler kämpfen mit Schwierigkeiten. Besser geht es – mit Ausnahmen – den kleineren Fachhändlern in Basel.

Kulturpessimisten haben es heraufbeschworen, Traditionalisten beklagt und Pragmatiker begrüsst: Das Ende des Buches und der physischen Ton- und Filmträger, noch mehr aber der Läden die diese verkaufen. Am Donnerstag gaben zwei der wichtigsten Buchhändler der Schweiz, Orell Füssli und Thalia, bekannt, dass sie ihre Buchhandelssparte künftig zusammenlegen wollen.

Auch die Medienmitteilungen der Migrostochter Ex Libris lesen sich wie Nachrufe in Managementsprech. Von einem «insgesamt stark rückläufigen Markt» ist dort die Rede, von einer «Straffung des Verkaufsnetzes» ebenso. In diesem Jahr sollen weitere 20 Filialen geschlossen werden, da man in Zukunft verstärkt auf den Onlinehandel setzen will, liess Ex Libris im Februar wissen.

So wurde beispielsweise die Filiale am Fischmarkt vor einem Monat geschlossen, heute stehen die Räume leer. Von den einst fünf Ex Libris in Basel gibt es nun noch drei (Steinen, Bahnhof SBB und Stücki). Auf Anfrage teilt die Mediensprecherin von Ex Libris, Marie-Christine Schindler, mit, dass in Basel nicht mit weiteren Filialschliessungen zu rechnen sei.

Dass die Ex Libris-Läden nicht gerade von Kunden überrannt werden erstaunt nicht weiter, setzt diese doch auf Massenware. In den Buchregalen (beziehungsweise auf den -wühltischen) reihen sich Bestsellerromane an Thriller, die Auswahl der Tonträger ist ein exaktes Abbild der Hitparade und das Filmrepertoire eine Vorschau auf das Primetime-Fernsehprogramm in zwei Jahren. Kurz: Alles was Ex Libris verkauft, kann man ohne weiteres auch im Internet herunterladen oder bestellen.

Optimismus beim kleinen Quartierbuchladen

Wie präsentiert sich die Situation aber im Fachhandel, bei den kleinen Quartierbuchhändlern und spezialisierten Musikgeschäften? Wir haben uns bei einigen von Ihnen erkundigt und wurden überrascht. Die meisten «können sich nicht beklagen».

Beispielsweise der «Olymp & Hades». Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass der Buchladen aus der Innerstadt verdrängt wurde. Denn seit dem 1. März befindet sich die Buchhandlung nicht mehr an der Gerbergasse, sondern im Neubad, gleich beim Neuweilerplatz. Gegenüber der TagesWoche sagt Yvonne Peyer, Mitinhaberin und Geschäftsführerin, jedoch, dass man schon seit längerem den Laden verkleinern wollte.

«Unser Lager an der Gerbergasse war beispielsweise viel zu gross». Auch habe sich die Innerstadt nicht gerade zum Guten verändert, «früher war die Gerbergasse ein inspirierender Ort von grosser Vielfalt», sagt Peyer. Heute aber habe man sich dort mit der Buchhandlung nicht mehr heimisch gefühlt. Über den Geschäftsgang am neuen Ort kann Peyer natürlich noch nicht viel sagen, sie ist aber optimistisch, dass viele Stammkunden auch den Weg ins Neubad nicht scheuen werden.

Von seinen Stammkunden lebt auch Matthyas Jenny, der Inhaber der Bachletten Buchhandlung. Sonst nie um ein kritisches Wort verlegen, sagt er auf die Frage nach seinem Geschäftsgang lapidar: «Ich kann nicht klagen.» So sei beispielsweise das letzte Weihnachtsgeschäft das beste gewesen in der 20-jährigen Geschichte der Bachletten Buchhandlung. Er ist auch in keiner Weise überrascht, dass eine Branchengrösse wie Ex Libris die Folgen des expandierenden Internethandels stärker spüre als er.

«Mit ihrer Tiefstpreispolitik zerfleischen sich die grossen Ketten selbst», sagt Jenny. Auch eine Sortimentsverbreiterung wie sie beispielsweise im Thalia zu beobachten sei, wirke kontraproduktiv. «Wenn man anfängt statt Bücher, Duftkerzen und Bastelmaterial zu verkaufen ist man als Buchhändler irgendwann nicht mehr glaubwürdig», ist Jenny überzeugt. Und punkto Buchhändler-Glaubwürdigkeit können Jenny nur wenige das Wasser reichen. Sein Laden quillt über von bedrucktem Papier, in der kleinen Küche hinter dem Verkaufstresen stehen sich Bücherstapel gegenseitig auf den Seiten herum. Jennys unermüdlicher Einsatz für die Literatur wurde 2011 gar mit dem Basler Kulturpreis bedacht.

Schallplatten wieder stärker gefragt

Im Kleinbasel, an der Feldbergstrasse 48, werden keine Bücher verkauft, sondern musikalische Raritäten abseits des Mainstream und meist auf Vinyl gepresst. Seit 2009 versorgt Michael Zaugg im Plattfon die hiesigen Sound-Afficionados mit Tönen die in Basel sonst nirgendwo gibt. Zaugg bedient eine Nische und doch sagt auch er, dass sein Geschäft gar nicht so schlecht laufe. «Etwas mehr wäre natürlich immer gut.» Insbesondere die Nachfrage nach Schallplatten habe zugenommen, und zwar nicht nur bei DJs. «Wir bieten beispielsweise auch Jazz und World Music, beides eher Sammler-Genres», sagt Zaugg.

Eine Grösse auf dem Basler Markt für CD, DVD und Vinyl ist auch der Media Markt. Der dortige Leiter der Abteilung Tonträger, Alexander Rudin, sagt auf Anfrage, dass sein Bereich bestens rentiere. Auch er sieht (wie Ex Libris) seine grösste Konkurrenz im Internet. Was sich aber in den letzten Jahren geändert habe, sei das Kaufverhalten der Kunden. «Heute wissen die Kunden sehr genau, was sie wollen», denn die meisten würden sich zuvor via Internet schlaumachen.

Die traurige Ausnahme

Den Basler Medienanbietern geht es also prächtig? Das wäre wohl zu schön. Mitten in der Grossbasler Altstadt gelegen, ist Tobias Toggweilers «Pep + No Name» die traurige Ausnahme dieser Geschichte voller Optimismus. Seit fünf Jahren schon lohne sich sein auf Bildbände und Kunstliteratur spezialisierter Laden nicht mehr, sagt Toggweiler. «Was ich mir in knapp dreissig Jahren aufgebaut habe, ist in den letzten Jahren zusammengeschrumpft.» Nun hat er genug. Wenn er bis Ende Jahr niemanden gefunden hat, der mit ihm die grossen Räumlichkeiten am unteren Heuberg 2, und damit die Miete, teilt, muss er gehen. «Ich will nicht aufhören, werde aber wohl verkleinern müssen», sagt Toggweiler.

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