Kunst verstehen dank YouTube

Kunst für Kunstmuffel? Der YouTube-Channel «Understanding Art» machts möglich.

Was macht der da? «Understanding Art» hat die Antworten.

Der YouTube-Channel «Understanding Art» macht das Unmögliche möglich: Kunst für Kunstmuffel, grossartig angelegt.

Vor zwei Jahren im Museum Brandhorst in München: Ich bewundere Cy Twomblys grossartige Blumenbilder. Mein Mitbewohner steht daneben und ist ebenso begeistert — allerdings nicht von der Malerei, sondern vom Museumsboden. «Kirschholz!» ruft er verzückt und verbringt den Rest des Durchgangs mit sorgfältiger Gelände-Inspektion. Die paar Male, die ich versuche, ihn auf die ausgestellten Bilder aufmerksam zu machen, zuckt er mit den Schultern. «Tut mir Leid, aber ich verstehe das ganze Getue um dieses Zeug einfach nicht.» 

Ich konnte nichts entgegnen. Wer grundsätzlich nicht interessiert ist, dem kann man noch so lange mit einem Twombly vor der Nase rumwedeln. Desinteresse ist das Kardinalproblem der Kunst, da helfen meist auch keine Events und Workshops und heitere Vermittlungs-Armadas. 

Was lässt sich also noch tun, damit der Kunstmuffel bekehrt wird? Die Antwort liegt da bereit, wo immer eine Antwort bereitliegt: In den Tiefen des Internets. Konkreter: auf YouTube, noch konkreter: dem YouTube-Channel «Understanding Art». Dieser Channel schafft es nämlich, Kunst auf solche Weise rüberzubringen, dass es weder dünkelhaft noch bescheuert rüberkommt, in unter 10 Minuten.  

Den Anfang macht man am besten mit dem Video «The Treachery of Images»:

Es geht um den Grundsatz der Kunst: Repräsentation versus Realität. Oder, um es mit den Worten des Erzählers zu formulieren: «Is Kanye West Kanye West?».

Wer diese Grundlage besitzt, ist bereit für «Der Tod des Sokrates» von Jacques Louis David: Hier erfährt man wieso David das Bild zweimal unterschrieb, was es mit der französischen Revolution zu tun hat, was runde und eckige Formen bedeuten und wieso die Szene aus Platons Kopf «herausexplodiert»:

Die Portion bildender Kunst ist gegessen, jetzt ist Film dran. Den Anfang macht eine leicht zugängliche Besprechung eines schwer zugänglichen Films: Wong Kar Wais Meisterwerk «In the Mood for Love»:

Wer «In the Mood for Love» noch nicht gesehen hat, kann auf die Folge über den grossartigen «Ghost in the Shell» ausweichen: 

Hier sollte man den Film auch gesehen haben, aber diesen Film sollte man sowieso in jedem Fall gesehen haben. Also schaut man ihn. Danach wird man verstört auf dem Sofa zurückbleiben – der dystopische Anime-Film ist bemerkenswert gut aber leider auch unglaublich verwirrend. Diese Folge schafft Abhilfe: Man lernt, was die ewig langen Einstellungen sollen, wieso Hongkong die Hauptrolle spielt, was das alles mit Identität und Raum zu tun hat und überhaupt wie unsere Welt funktioniert.

Das trifft auch auf die sieben weiteren Folgen zu: Anhand von Yeats, «Snowpiercer», Cézanne und Co. werden uns Welten erklärt, bündig und unkompliziert. Und wem die knapp zehn Minuten immer noch zu viel sind, dem sei «One Minute Art» empfohlen – eine Minute für ein Kunstwerk. So lange kann man sich wohl noch vom Kirschholzboden wegreissen:

 

Nächster Artikel