Lärmpaläste, spannende Klangwelten und Geräuschplätze

Jede Stadt tönt anders – und jede Stadt beherbergt Ruhezonen, in denen der Verkehr und Lärm weit weg scheint, sowie Zonen, in denen der Lärm hereinbricht wie ein Wasserfall. Auf einem Spaziergang durch Basel zeigt uns der Stadtakustiker Trond Maag, welche Gebiete als Lärmkatastrophen gelten und welche sich für ein Mittagsschläfchen eignen. Im Video können Sie sich selbst überzeugen.

Im Lärmloch: Unter der Autobahnbrücke in der Breite wird das Gehör malträtiert. (Bild: Livio Marc Stöckli)

Eine Stadt ist viel mehr als nur eine Ansammlung von Gebäuden, Menschen und Maschinen. Sie funktioniert, bewegt sich, agiert und reagiert. All das geht mit Geräuschen einher, die zusammen wiederum Lautwelten bilden. Jede Stadt klingt anders. Und jede Stadt beherbergt Orte, die ihre eigene Soundkulisse aufziehen.
Der Urbanist Trond Maag kennt sich mit Stadtklängen aus. Auf seinen Spaziergängen durch Basel hat er viele Ecken entdeckt, die akustisch interessant sind. Wir waren bei einem seiner Hörrundgänge dabei und liessen uns die Ohren öffnen.

Elisabethenanlage

Im Café «Zum Kuss» treffen wir Maag. Obwohl die Kaffeemaschine rattert, die Sitznachbarn plaudern und im Hintergrund der Verkehr rauscht, können wir seinen Ausführungen problemlos folgen. Maag nennt das die «Hörperspektive». Quasi die Hörabsicht, die es uns erlaubt, uns zu konzentrieren.

Die Elisabethenanlage ist historisch gewachsen, diese Geschichte verleiht dem Ort eine Kraft. Die Bäume sind mächtig, das und die leicht geschwungenen Hügel wirken sich sehr gut auf die Akustik aus. Deshalb kann man hier im Park auch problemlos sein Mittagessen verzehren oder eine halbe Stunde auf den Zug warten. Auch wenn gleich daneben eine der wichtigsten Zubringerstrassen in die Stadt verläuft. Der Park verbindet den Centralbahnplatz mit der Innenstadt und ist gleichzeitig Ruhe- und Durchgangsort.

Breite

Wir steigen aus dem Tram und stehen mitten in einem der grössten Verkehrsknoten der Stadt. Hier fahren Trams und Busse, aber auch unzählige Autos hindurch. Dazu gesellen sich regelmässig noch Güter- und Personenzüge, die über die beiden Bahnbrücken donnern.

Hier kann man sich kaum noch unterhalten. Das Gehör ist ein soziales Organ, diese Funktion kann es hier kaum noch erfüllen, weil wir unsere Mitmenschen nicht mehr hören. Deshalb ist es wichtig, dass man auch die Akustik bei solchen Alltagsräumen beachtet. Hier fällt akustisch hauptsächlich die grosse Verkehrsmenge ins Gewicht. Selbst wenn die Ampeln auf der Hauptstrasse rot sind, dröhnen die Autos weiter. Dann einfach von der Autobahn her. Ausserdem sind alle Gebäude und Böden rundum hart materialisiert und reflektieren dadurch den Lärm zusätzlich. Die beiden bestehenden Grünanlagen sind wichtiger, aber leider zu klein und können daher nicht viel weiterhelfen.

Rheinufer/Birskopf

Von der Breite aus gehen wir durch die Häuserlücke zum Rhein hinunter. Danach spazieren wir unter den drei Brücken hindurch zum Birskopf und bleiben auf der Wiese stehen. Innerhalb eines sehr kleinen Gebietes verändern sich hier die Klänge schnell. Die akustische Bandbreite reicht von donnernden Zügen bis zum plätschernden Rhein.

Auch hier spürt man das Alter der Bäume. Ein so mächtiger Stamm hat natürlich eine ganz andere Wirkung auf die Akustik als ein niedriges Gebüsch oder ein frisch gepflanzter Baum. Dieser Ort hat für mich eine schöne ruhige Ausstrahlung obwohl die Bahnbrücke sehr nahe ist. Auch der Rhein eröffnet hier einen immensen (Hör-)Raum. Diese Weite hilft uns, damit sich unser Gehör für einen Moment erholen kann.

Stadt hören

Mit der Aktion «Hörenswürdigkeiten entdecken und geniessen» will das Basler Amt für Umwelt und Energie unser Gehör für den Klang der Stadt sensibilisieren. Startschuss zur Aktion ist eine Podiumsdiskussion mit Trond Maag und weiteren Experten am 29. April. Im Mai lädt das AUE zu Soundseeing-Touren durch die Stadt mit dem Klangkünstler und Musiker Kaspar König ein: So, 18.5., 13 und 15 Uhr; Fr, 23.5., 18 Uhr. Die Teilnahme ist kostenlos, Anmeldung allerdings erwünscht: Weitere Informationen: www.stadt-hoeren.bs.ch

Die TagesWoche unterstützt die Aktion als Medienpartnerin.

Artikelgeschichte

19.4.14, 13.15 Uhr — Korrektur: Nicht Trond Maag, sondern der Klangkünstler und Musiker Kaspar König führt die Klangspaziergänge im Mai.

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