Vor 100 Jahren gelandet: Zwei Deutsche auf der Allschwiler Fussballmatte

Am 4. Dezember 1917 verirrten sich zwei Deutsche in den Wolken und fanden sich in der Schweiz beim Allschwiler Bachgraben wieder. Einer der beiden sollte später berühmt werden.

Kurz nach vier Uhr tauchte am Nachmittag des 4. Dezember 1917 ein deutscher Doppeldecker über Basel auf und kreiste über der Stadt. 20 Minuten später landete er auf der Fussballmatte beim Allschwiler Bachgraben.

Das Flugzeug war, nachdem es in den Schweizer Luftraum eingedrungen war, mehrmals unter Beschuss geraten, ohne getroffen zu werden. Zur Landung in Allschwil gezwungen sahen sich die zwei Leutnants, welche mit dem Doppeldecker C 9288 unterwegs waren, wie es in einer Mitteilung des Schweizer Armeestabs hiess, «wegen Versagen des Motors und Benzinmangel».

Die Maschine war mit einem Maschinengewehr ausgerüstet, an Bord befand sich allerdings keine Munition. Die zwei Leutnants waren denn auch nicht mit einem Kampfauftrag gestartet, sondern hätten das Flugzeug von Strassburg zu ihrer Abteilung in Lothringen transferieren sollen. Doch schon bald nach dem Start verloren die beiden in den Wolken die Orientierung und wurden schliesslich durch einen heftigen Sturm Richtung Basel abgetrieben.

In Allschwil wurden die Flieger, die erstaunt feststellen mussten, dass sie in der Schweiz gelandet waren, von der Polizei und von Armeeangehörigen angehalten und dem Platzkommando Basel übergeben.

Kein Kampfauftrag

Auf dem Cover: Die Landung war damals das grosse Thema – auch für die Zeitschrift «Mars».

Die Zeitungsberichte nennen die Namen der beiden Deutschen nicht. Dank Briefen und anderen Dokumenten im Nachlass von Friedrich Wilhelm Murnau (1888–1931) wissen wir aber, dass der Pilot des Doppeldeckers ein Leutnant Meyer war und der zweite Mann im Flieger niemand anderes als Murnau selbst.
In Basel freundete sich Murnau mit dem kunstinteressierten Alphons Staehelin-Zahnd (1882–1943) an, der damals Adjutant beim Platzkommando Basel war. Wie Briefe von Alphons Staehelin im Murnau-Nachlass in Berlin zeigen, pflegten die beiden den Kontakt auch dann noch weiter, nachdem Murnau in die Kaserne Andermatt verlegt worden und später in Luzern in der Pension Felsberg untergebracht war.

Nach Kriegsende kehrte Murnau nach Deutschland zurück, wo er sich in den 1920er-Jahren mit Filmen wie «Faust» oder «Der letzte Mann» einen Namen machte, während man ihn heute vor allem noch wegen seiner «Dracula»-Adaptation «Nosferatu» kennt.

In Murnaus 1926 entstandenem Film «Faust» fliegt Faust mit Mephisto in einem abenteuerlichen Flug nach Parma – eine Episode, in der Murnau möglicherweise auch Eindrücke seines Gewitterflugs von 1917 einfliessen liess.

Nach seinen Erfolgen in Deutschland erhielt Murnau ein Angebot aus den USA, allerdings konnte er in Hollywood nicht recht Fuss fassen. Am 11. März 1931 kam Murnau bei einem Autounfall auf der Küstenstrasse von Santa Monica in Kalifornien ums Leben.

Mehr zum Thema gibts in der Ende 2014 erschienenen Schwerpunktnummer «Die Region im 1. Weltkrieg» der «Baselbieter Heimatblätter», der Zeitschrift der Gesellschaft für Regionale Kulturgeschichte BL und der Raurachischen Geschichtsfreunde.

Nächster Artikel