Stephan Burri (25) ist kein reicher Mann, doch die Kunst, die ist sein Leben. Und er schafft es, seine Wohnung bis auf die Küche so einzurichten, dass alles Kunst ist. Die Stühle – designt und «für nur 100 Franken gebraucht erworben». Die Wände: geschmückt mit Bildern von Künstlern, «die mir persönlich erzählt haben, wie die Werke entstanden sind». Und die Lampen, edel gestaltet und als Schnäppchen ergattert.
Mit drei Kartonmöbeln und etwas Kleinkram zog Stephan Burri vor drei Jahren in die Wohngemeinschaft an der Kleinbasler Bärenfelserstrasse zu seinem jetzigen Mitbewohner. Das sei häufig so bei WG-Menschen, dass sie weder Tisch noch Schrank besitzen würden und so problemlos in eine möblierte Wohnung ziehen könnten. «Inzwischen wäre es schon schwieriger für mich, in eine andere WG zu ziehen – mit all den Sachen, die ich mir angeschafft habe.» Er habe allerdings nicht vor auszuziehen. Zu sehr gefalle ihm das Quartier, das Lebendige daran, die Nähe zum Rheinufer. Wobei: «Im Sommer ist es dort manchmal fast zu voll, wenn an Sonntagen Ausflügler nach Basel kommen.» Dann treffe er sich lieber mit den anderen Bewohnern des Hauses im gemeinsamen Hinterhof, wo auch der Besitzer der Liegenschaft – ein älterer Mann – lebt.
Zum Stichwort Wohnungsmarkt hat Stephan Burri wenig bis gar nichts zu sagen. Diesen habe er nicht konsultiert auf der Suche nach dem jetzigen Heim, sagt er – und präzisiert: «Ich kenne nur den WG-Markt im Internet.» Auf diesen Plattformen tummeln sich vor allem junge Leute, die auf der Suche nach einer günstigen und häufig auch vorübergehenden Bleibe sind.
Zu jung für Wohneigentum
Stephan Burri sieht nebst dem Unkomplizierten und Günstigen auch andere Vorteile an dieser Form zu leben: «In Wohngemeinschaften hat man oft die Möglichkeit, etwas selber zu renovieren und zu gestalten, ohne zuerst eine Verwaltung anfragen zu müssen. Und meistens sind die Nachmieter sogar dankbar.» Ausserdem entspreche das Wohnen in WGs seiner «Lebenseinstellung», frei zu sein und jederzeit wieder gehen zu können. «Ich bin zu jung, um mich an einen Ort zu binden oder gar über Wohneigentum nachzudenken.»
Im Quartier wohnen viele junge Leute zusammen. Häufig kannten sie sich vor dem Zügeltermin nicht oder nur flüchtig. Stephan Burri hatte Glück mit seinem Mitbewohner, die beiden verstehen sich gut. Da stört es nicht, dass sich die Dusche in der Küche befindet und das Wohnzimmer geteilt werden muss. «Wenn wir Ruhe wollen, ziehen wir uns in die Schlafzimmer zurück.»
Trotz der Begeisterung über Wohngemeinschaften hegt Burri einen Traum: «Es wäre toll, einmal in einer ausgebauten Industriehalle an einem Hafen zu leben.» Im Norden, in Kopenhagen etwa. Da könne er sich allenfalls sogar eine Eigentumswohnung vorstellen – in ferner Zukunft.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 30.03.12