Liebe ist ein gar seltsames Gefühl

Zum Saisonschluss gibt’s noch eine Uraufführung: Das Theater Basel spielt «Triptychon eines seltsamen Gefühls» seiner Hausautorin Beatrice Fleischlin. Im Rahmen des Projekts Stück Labor Basel hat sie einen wortgewandten und originell geschriebenen, letzlich aber recht papierenen Exkurs zum allgegenwärtigen Thema Liebe verfasst.

Das schweinische an der Liebe: Triptychon eines seltsamen Gefühls im Schauspielhaus (Bild: Simon Hallström)

Der Text ist ganz süffig, die Schauspieler geben ihr Bestes, dennoch ist das «Triptychon eines seltsamen Gefühls» der Hausautorin Beatrice Fleischlin, das im Rahmen des Stück Labors Basel im Schauspielhaus seine Uraufführung erlebte, eine über weite Strecken ziemlich papierene Angelegenheit.

Mit einem der massgeblichsten Themen der Literatur befasst sich die Hausautorin Beatrice Fleischlin in ihrem Theatertext, den sie im Rahmen des Stück Labors Basel verfasst hat. Mit der Liebe – als ein «seltsames Gefühl» bezeichnet sie diese. «Triptychon eines seltsamen Gefühls» heisst entsprechend ihr Text, der nun im Schauspielhaus zum Saisonende uraufgeführt wurde. Und dass dieses Gefühl ja wahrlich nicht nur ein seltsames ist, wird im Titel ebenfalls gleich dargelegt, der mit einem Sternchen auf die Bezeichnung «dieses eine bombastische» verweist.

Der Begriff «Triptychon» bedeutet, dass etwas aus drei Teilen besteht. Das kann auch ein Theaterstück sein, etwa eines von Max Frisch, das eben diesen Namen trägt. Geläufiger ist Triptychon aber als Bezeichnung eines dreiteiligen (Altar-)Gemäldes mit Mittelteil und zwei Flügeln. Und da der Blick normalerweise zuerst auf die Haupttafel oder das Mittelteil fällt, gehen wir davon aus, dass die Eingangsszenerie, die am Schluss wie eine dramaturgische Klammer ihre Fortsetzung erfährt, eben diese Haupttafel ist.

Berührende Haupttafel

Diese Haupttafel im Stück zeigt einen jungen Mann und eine junge Frau ohne Namen, die nach und nach von diesem seltsamen Gefühl namens Liebe erfasst werden, das sich eben zum Schluss zum «Bombastischen» entwickelt. Diese Szene ist sehr originell geschrieben, von Elias Perrig feinfühlig inszeniert und vor allem berührend gespielt von Inga Eickemeier und Jan Viethen. Der Flirt zwischen dem etwas schlaksigen, zugleich aber schlagfertigen Mann und der leicht störrischen, aber ebenfalls wortgewandten Frau hat etwas ausgesprochen Einnehmendes. Wie die beiden trotz aller verbaler Distanziertheit der gegenseitigen Anziehungskraft erliegen, ist vorzüglich und mit viel hintersinnigem Humor in Szene gesetzt. Da muss zum Beispiel schon mal die Souffleuse tatkräftig einspringen, um den jungen Menschen aus dem Dilemma zu helfen, dass das Gesprochene dem Gefühlten mehr und mehr zu widersprechen beginnt.

Soviel zur Haupttafel. Da es sich aber um ein Triptychon handelt, kommen zwei weitere, themenergänzende Teile hinzu. Und mit diesen fällt der Theaterabend zunehmend ab. Dem Akt des sich Verliebens folgen Erfahrungen gestandener Beziehungen und Beziehungs-Sehnsüchte. Zu erleben sind vier Monologe von vier verschiedenen Typen (Andrea Bettini, Claudia Jahn, Katka Kurze und Max von Mühlen), die Unterschiedliches zum Thema Liebessehnsucht und Beziehung zu sagen haben. Dieser zweite Teil verliert sich etwas in epischen Wortspielereien einer fingerfertigen Autorin, die letzlich aber wenig Tiefgang haben und und in ihrem Bemühen um möglichst viel Originalität deklamatorisch an der Oberfläche bleiben.

Karnevaleske Swingerparty

Bleibt der dritte Teil, der sich dem körperlichen Aspekt des sich Liebens widmet. Diesen zu inszenieren hat Perrig der jungen Regisseurin Antje Schupp überlassen, die uns eine Art karnevaleske Swingerparty präsentiert, mit Vogel-, Vieh- und Affenkostümen sowie überdimensionierten Ballon-Brüsten und -Penissen. In diesem dritten Teil wandelt sich der Abend, der so feinfühlig-hintersinnig beginnt, zum mehr oder weniger derben Satyrspiel. Das ist wohl als drastischer Kontrapunkt zum eingangs gezeigten Akt des sich Verliebens gemeint. Aber hierfür ist das Ganze letztlich allzu klamaukhaft und harmlos.

«Triptychon eines seltsamen Gefühls» ist ein Projekt des Stück Labors Basel, das dieses Jahr in Luzern und in Biel/Solothurn zwei Ableger bekommen hat. In Luzern haben die Theaterleute dem dort entstandenen Text von Verena Rossbacher gründlich das Misstrauen ausgesprochen und in den chaotisch-kruden Märchenabend mit dem Titel «Grimm» nur noch wenige Versatzstücke des ursprünglichen Textes einfliessen lassen. Dass sich in diesem Fall Theaterleute so sehr von ihrer Autorin distanzieren, ist natürlich bedauerlich. In Basel wiederum hält sich das Regieduo beinahe schon akribisch an die geschriebene Vorlage. Diesem Abend hätte etwas mehr theatraler Eigensinn wohl gut getan.

 

Triptychon eines seltsamen Gefühls

Von Beatrice Fleischlin (UA)

Regie: Elias Perrig, Antje Schupp, Bühne und Kostüme: Beate Fassnacht, Dramaturgie: Fadrina Arpagaus

Mit: Andrea Bettini, Inga Eickemeier, Claudia Jahn, Katka Kurze, Barbara Lotzmann, Jan Viethen, Max von Mühlen

Theater Basel, Schauspielhaus

Vorstellungen am 05., 12.06. (20.00 Uhr) und 23.06.2012 (20.15 Uhr)

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