Linke will Anpassungen bei Roche erzwingen

Mit einem offenen Brief wollen linke Parteien Änderungen am Roche-Bebauungsplan erwirken – vor allem aber eine Diskussion über das zweite neue Hochhaus. In der Kritik steht die Basler Regierung, die jede Debatte meide.

«Ja, aber ...»: Die öffentliche Debatte über das zweite Roche-Hochhaus hat begonnen.

(Bild: Visualisierung Roche)

Mit einem offenen Brief wollen linke Parteien Änderungen am Roche-Bebauungsplan erwirken – vor allem aber eine Diskussion über die Entwicklung am Firmensitz. In der Kritik steht die Basler Regierung, die jede Debatte meide.

Der politische Widerstand gegen den zweiten Rocheturm beginnt vorsichtig: Ein offener Brief soll die Bau- und Raumplanungskommission (BRK) des Grossen Rates dazu bewegen, die Pläne des Kleinbasler Pharmariesen anzupassen. 2021 soll das zweite, 205 Meter mächtige Roche-Hochhaus in unmittelbarer Nachbarschaft des bereits gebauten Turms fertiggestellt sein. 

89 Einsprachen aus dem Quartier dagegen hat der Regierungsrat bereits abgewiesen. Jetzt ist die Politik mit ihrer Kritik an der Reihe. Verfasser des Briefes sind die linke BastA!, Juso, die Jungpartei der Grünen, sowie SP-Grossrätin Sarah Wyss. Sie erwarten von der BRK, am Bebauungsplan zwei Änderungen vorzunehmen:

  • Roche soll sich an der geplanten Erschliessung der neuen Arbeitsplätze durch den öffentlichen Verkehr finanziell beteiligen. So soll dereinst ein Tram durch die Grenzacherstrasse führen, eine Schnellbuslinie zum Bahnhof SBB eingerichtet werden und irgendwann auf Höhe Solitude eine S-Bahn-Haltestelle eröffnet werden.
  • Roche soll sich auch verpflichten, an die Solitude-Promenade angrenzendes Land abzutreten, damit der enge, von Velos und Fussgängern intensiv genutzte Durchgangsweg um mindestens einen Meter verbreitert werden kann.

Roche soll ÖV finanzieren

Rund 50 Millionen Franken, rechnet BastA!-Grossrätin Patrizia Bernasconi, muss das Unternehmen als Mehrwertabgabe bezahlen, weil das Land durch die erhöhte Nutzung an Wert gewinnt. «Das reicht nie, um die Investitionen in den ÖV-Ausbau zu finanzieren», sagt Bernasconi. Doch selbst die Verwendung der Mehrwertabgabe für diesen Zweck ist nicht möglich. Mit diesen Geldern dürfen nach Gesetz nur Grünanlagen gebaut oder aufgewertet werden.

Eine neue Motion von Bernasconi will das ändern: Sie verlangt, die Gelder sollen auch zur Förderung von preisgünstigem Wohnraum eingesetzt werden – auch weil durch die neuen Arbeitsplätze bei der Roche der Druck auf die Mieten in den umliegenden Quartieren steigen dürfte.

Hochhauskonzept übergangen

Die Kritik der linken Politiker geht aber über die beiden Forderungen hinaus. Lukas Gruntz, junger Architekt und bei den Juso für Stadtentwicklung zuständig, bemängelt, dass keine Varianten zum neuen Turm erstellt wurden. «Basel-Stadt hat ein Hochhauskonzept entwickelt, darin werden Testplanungen und Wettbewerbsverfahren vorgeschrieben – warum Roche das nicht umsetzen musste, ist nicht nachvollziehbar.»

Gruntz ärgert sich auch darüber, dass die Auswirkungen auf das Stadtbild von der Regierung als neutral taxiert werden. Vor allem aber, dass die Öffentlichkeit aussen vor bleibt. Gruntz verlangt, die Roche solle das oberste Stockwerk der Öffentlichkeit zugänglich machen, für ein Restaurant, eine Bar oder eine Aussichtsplattform. Er sagt, an den Novartis-Campus erinnernd: «Wir wollen nicht noch eine Verbotene Stadt in Basel.»

Quartier darf nicht mitreden

Kritisiert wird auch das Fehlen eines Mitwirkungsverfahrens für das Quartier: Was bei neuen Begegnungszonen die Regel ist, unterlässt die Regierung, namentlich SP-Baudirektor Hans-Peter Wessels, beim Grossprojekt an der Grenzacherstrasse, das auf die ganze Stadt ausstrahlt. 

Bernasconi stört sich an der «Salamitaktik» von Roche, neue Bauprojekte Stück für Stück vorzulegen statt eine Gesamtplanung. «Das verletzt die Regeln der guten Nachbarschaft. Wir erleben mit der Roche mittlerweile ähnlich grosse Probleme im Zusammenleben, wie wir sie bereits mit Novartis haben.» Die Abhängigkeit vom Pharmamulti habe eine kritische Grösse erreicht: «Wir sind mehr auf sie angewiesen als sie auf uns.» 

Referendum als Drohkulisse

Das derzeitige Murren und Mäkeln könnte bald stärker werden. Geht das Parlament nicht auf die Forderungen ein, wird auch ein Referendum zum Thema. «Wir haben bewusst noch nicht darüber gesprochen, weil wir uns konstruktiv einbringen und nicht als Verhinderer dastehen wollen», sagt SP-Grossrätin Sarah Wyss. Und sollte man damit abblitzen? «Dann werden wir über ein Referendum diskutieren müssen», so BastA!-Co-Präsidentin Tonja Zürcher.

«Wir dürfen jetzt nicht den gleichen Fehler machen wie beim Novartis-Campus oder dem ersten Rocheturm», mahnt Zürcher. Auch damals gingen die Bauvorhaben reibungslos über die Bühne. Das grosse Wehklagen setzte erst ein, als die Tatsachen bereits geschaffen waren.

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