Männer und Technik

Das männliche Gehirn ist eine seltsame Maschine: Ein neues Spielzeug im Fotofachhandel – und schon setzt sie aus.

Aus dem Katalog des ältesten noch in Basel ansässigen Fotofachgeschäft «Wolf-Hämmerlin» ca. 1900.

Das männliche Gehirn ist ein Verwandlungskünstler: Eine schöne Frau kann reichen, dass es sich in eine Haselnuss verwandelt. Ein neues Spielzeug im Fotofachhandel – und schon ist es nur noch Luft.

Waffen. Uhren. Kameras. Männer spielen gerne mit Technik. Geräte aus Metall, mit Knöpfen und glänzenden Linsen begeistern den Homo Apparatikus der Neuzeit. Mann interessiert sich für zeitgenössisches Hightech und ist schnell willig, dafür tief in seine Tasche zu greifen.

Achten Sie mal darauf, wie Männer ihre Geräte zärtlich halten. Sei es ein Smartphone, eine IWC oder eine Leica – Technik verzückt, verführt und erotisiert. Am extremsten allerdings funktioniert die Kriegstechnik. Das wissen Diktatoren. Sie geilen ihre Soldaten mit Hightech auf. Am Schluss liegen keine schlechten Bilder auf dem Tisch, sondern tote Menschen im Graben.

Leichtes Spiel für Verkäufer

Zuerst wälzt der Fotowillige Kataloge, Anzeigen und Fachartikel, dann streichelt er die Illustrationen der begehrten Preziosen, jetzt geht er zum Anfassen des Wunschobjekts in ein Geschäft. Haptik geht vor Optik beim Technikkauf. Hat der potenzielle Kunde Freude beim Befummeln des Gewünschten, ist es für den Verkäufer ein leichtes Spiel.

Vieles läuft beim Point of Sale (POS) irrational ab. Der Verkäufer merkt schnell, wenn beim Kunden Kaufdrang herrscht. Er muss nur die letzten Zweifel ausräumen und eine Verbindlichkeit herstellen, dass der Kaufentschlossene hier und jetzt und nicht etwa bei der virtuellen Konkurrenz im Internet einkauft. Es soll wahre Könner in diesem Metier geben. Ich bin auch schon dem einen oder anderen erlegen…

Sehnsucht Kamera

In der Basler Innenstadt waren 1900 etwa 30 Fotofachgeschäfte ansässig (heute sind es noch vier!). Die Fotografie war da schon 65 Jahre alt und mitten in der Gesellschaft angekommen. Bereits damals gab es einen florierenden Kameramarkt mit den vielfältigsten Modellen. Auch waren der Wettlauf zwischen den Kamerasystemen und die laufenden Verbesserungen in der Fototechnik Motor des Fotofachhandels. Und zwar dermassen, dass begeisterte Amateure immer wieder die neuesten Modelle oder Objektive erwerben wollten und so im Laufe der Jahre ganze Vermögen vernichteten.

Oft ging es den Fotobegeisterten mehr um die Technik als um die Produkte, die sie damit anfertigten. In den damaligen Fachzeitschriften der Amateurclubs und Fotoverbände findet man unzählige Artikel zu Technik und Gerät, seltener dagegen Diskussionen, was denn ein gutes Bild sei und was eben nicht. Die damaligen Beiträge unterscheiden sich kaum von den heutigen Dialogen auf Fotoamateur-Blogs. Für den technikbegeisterten Knipser ist in der Regel ein Bild ideal, wenn die Möglichkeiten der Kamera und der Objektive optimal ausgenutzt wurden.

Ein gutes Bild

Was ein gutes Bild ist, lässt sich auch von einem Fotoprofessor nicht eindeutig beschreiben, und die Theorien dazu füllen Bibliotheken. Als Bildredakteur kann ich nur sagen, was in meiner Arbeit Sinn macht: Ein gutes Bild ist eines, das mit der ihm zugeteilten Aufgabe am besten funktioniert (FFF: Form folgt Funktion). Qualität und Werkzeuge sind aus dieser Sicht obsolet, ein Handybild ist manchmal besser als Leica-Kitsch.

 Frauen sind interessanterweise weniger empfänglich für die Technofummelei als Männer. Nicht, dass sie ihr Smartphone oder ihre Digicam nicht zu schätzen wüssten – aber streicheln würden sie die Geräte dann doch nicht, zumindest nicht derart liebevoll. Vielleicht fotografieren Frauen darum auch meist anders als Männer: Nicht der Apparat, sondern die Situation oder das Bild ist für sie Anlass der Knipserei.

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Wir danken dem Fotohaus «Wolf_Hämmerlin» für die Infos und den schönen Katalog.

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