Das Theater Basel hat in der vergangenen Spielzeit rund 13’000 Besucherinnen und Besucher verloren und ist bei der Gesamtauslastung unter die 60-Prozent-Marke gerutscht. Auf der anderen Seite konnte das Haus trotz der angespannten finanziellen Situation einen Jahresgewinn von 82’000 Franken erwirtschaften.
Das Eingangsvotum von Verwaltungsratspräsident Martin Batzer bei der Präsentation der Saisonbilanz 2011/12 des Theater Basel überraschte: «Wir haben heute überwiegend Erfreuliches zu berichten.» Da klang das Votum von Direktor Georges Delnon schon ganz anders: «Die Bilanz ist leider ein gutes Beispiel dafür, wie schwer es für eine Institution wie das Theater Basel wird, wenn die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen, und wie schnell eine Erfolgsgeschichte damit ins Wanken kommen kann.» Das Erfreuliche ist für Batzer die Tatsache, dass das Theater trotz den ausgebliebenen zusätzlichen Subventionen aus Baselland einen Gewinn erwirtschaften konnte. Und für den künstlerischen Direktor wiegt natürlich der Rückgang bei den Zuschauerzahlen schwer.
Zu den Zahlen. Auch hier zuerst das Erfreuliche: Während der Spielzeit 2011/12 erwirtschaftete das Dreispartenhaus einen Gewinn von 82’229 Franken. Dies obwohl sich das Theater wegen der verlorenen Abstimmung über zusätzliche Subventionen im Kanton Baselland in einer ausgesprochen schwierigen finanziellen Situation befand. Weil der Subventionsgeber Basel-Stadt seine Beiträge aber kurzfristig um 1,5 Millionen Franken erhöhte, stieg der Gesamtertrag gegenüber dem Vorjahr dennoch leicht auf 55,6 Millionen Franken an.
Weniger Produktionen
Und nun zum Negativen: Die Zuschauerzahlen sind 2011/12 um 13’000 von 178’000 auf 165’000 deutlich gesunken. Das liege, so die Verantwortlichen, zum einen an der Tatsache, dass wegen der Planungsunsicherheit die Anzahl der Neuproduktionen in der Oper auf der Grossen Bühne von sieben auf fünf gesenkt werden musste. Da wiegt natürlich eine Produktion, die beim Publikum keinen Anklang findet (namentlich wurde Christoph Marthalers «Lo stimolatore cardiaco» genannt) umso schwerer. Entsprechend sank auch die Auslastung auf der Grossen Bühne von 64,2 Prozent auf 61,6 Prozent – was, wenn man es nach Sparten aufschlüsselt, hauptsächlich an der Oper liegt, denn das Ballett konnte sich bei der Auslastung mehr oder weniger halten.
Beim Schauspiel präsentiert sich die Situation noch düsterer. Während die Auslastung auf der Kleinen Bühne dank des Renners «Die Unterrichtsstunde» von Eugène Ionesco mit 66,3 Prozent mehr oder weniger konstant blieb, sank sie im eh schon nicht sonderlich erfolgreichen Schauspielhaus von 51,0 Prozent auf 47,9 Prozent und damit auch deutlich unter die 50-Prozent-Marke. Hier fielen die schlechten Auslastungen der beiden Produktionen «Wenn die Götter weinen» von Dennis Kelly und «Das Mansion am Südpol» von Anna Viebrock besonders ins Gewicht. Einzig die Familienproduktion «Krabat» nach Otfried Preusslers gleichnamigem Roman erreichte eine Auslastung von über 50 Prozent – genauer: 59,9 Prozent)
«Jeder Zuschauerrückgang schmerzt»
Alles in allem sank die durchschnittliche Auslastung im Theater Basel um über 2 Prozent von 60,85 Prozent auf 58,5 Prozent. Während bei der Oper die geringere Zahl an Neuproduktionen eine gewisse Rechtfertigung für den Zuschauerrückgang sein kann, spielen beim Schauspiel künstlerische Gründe eine nicht unwesentliche Rolle, wie auch Georges Delnon durchblicken liess. Tatsächlich vermochten der abtretende Schauspieldirektor Elias Perrig und sein Team in der vergangenen Spielzeit wenig zu überzeugen. «Jeder Zuschauerrückgang schmerzt», sagte Delnon und ergänzte selbstkritisch, dass man sich von den erhofften Marke von 200’000 Zuschauerinnen und Zuschauern wiederum weiter entfernt habe.
Zur Auslastung in der laufenden Spielzeit 2012/13 mochten sich die Verantwortlichen nicht äussern. Künstlerisch war aber bisher vor allem im Schauspiel ein deutlicher Aufwärtstrend zu beobachten. Ob sich das auch in den Zuschauerzahlen auswirken wird, wird man aber frühestens in einem Jahr erfahren. Auch, ob sich das Theater finanziell weiter über Wasser wird halten können. Die finanzielle Situation des Theaters dürfte sich bis dahin kaum gross verbessert haben, zumal der Kanton Basel-Stadt in der laufenden Spielzeit nur noch 1 statt 1,5 Millionen Franken als zusätzlichen Subventionsbeitrag zur Verfügung stellt. Zum Teil zumindest kann diese Lücke aber künftig geschlossen werden: Mit den IWB konnte das Theater Basel einen neuen Sponsoren vorstellen, der sich auf ein zehnjähriges Engagement eingelassen hat. Über die Höhe der Beiträge herrscht allerdings Stillschweigen.
Neuer Verwaltungsrat
Zur grossen Rochade wird es Ende der laufenden Spielzeit 2012/13 im Verwaltungsrat der Theatergenossenschaft kommen: Von den neun bisherigen Mitgliedern bleiben mit Vizepräsident Rudolf Grüninger und der Personalvertreterin Verena Herzog nur zwei im Amt. Als neue Staatsdelegierte bereits gewählt wurden der Präsident der Basler Bankiervereinigung Samuel T. Holzach, der abtretende Regierungsrat Hanspeter Gass und die Kommunikationsspezialistin Adrienne Develey. Dazu kommen drei neue Verwaltungsmitglieder, die der Genossenschaft zu Wahl vorgeschlagen werden: die Biologin Catherine Alioth (Verantwortliche für die Koordinationsstelle für Neurowissenschaften an der Uni Basel), die Juristin Carolin Barthe (beruflich tätig im Generalsekretarion des Bau- und Verkehrsdepartements) und der Architekt Tom Koechlin. Noch nicht bestimmt wurde der Vertreter des Kantons Baselland.