Mensch und Maschine

Vor 50 Jahren fotografierte Kurt Wyss sechs Schüler, die sich an der Muba von einer simplen Rechenmaschine faszinieren liessen.

Nie mehr Kopfrechnen: Die Aufnahme von den Buben an den Rechenmaschinen machte Kurt Wyss im April 1962 an der Muba. (Bild: Kurt Wyss)

Vor 50 Jahren fotografierte Kurt Wyss sechs Schüler, die sich an der Muba von einer simplen Rechenmaschine faszinieren liessen.

Welche Attraktion, welche Faszination, welche Konzentration! Sechs Burschen an der Muba. Die sechs Buben, die man damals – im April 1962 – noch nicht «Teenies» nannte und und von denen mindestens einer (links aussen und vielleicht der Jüngste) eine Krawatte trug, – diese sechs Buben dürften vor allem darum derart fasziniert gewesen sein, weil die Maschinen mühelos schafften, was ihnen beim Kopfrechnen in der Schulstube einiges Kopfzerbrechen bereitete. Während fünf Buben eifrig dafür sorgen, dass die Maschinen arbeiten, schaut einer seine Maschine von der Seite an: Funktionierte sie nicht richtig oder wollte er neugierig verstehen, wie sie funktionierte?

Hier klingt das klassische Thema vom Verhältnis Mensch und Maschine an. Abgesehen davon, dass es Menschen waren, die diese Maschinen gebaut haben, sind es auch jetzt Menschen, welche die Maschinen bedienen müssen, damit diese überhaupt ihre Leistung erbringen. Damals wie heute sind es die Finger von Menschen, die die Maschinen mit Material füttern. Und heute wie damals sind es, was man nicht sieht, Menschen, die das Ergebnis zur Kenntnis nehmen und – vielleicht – etwas damit anfangen.

Versteckte Botschaft: Je moderner etwas ist, desto schneller wirkt es total veraltet.

Was hat sich inzwischen geändert? Es ist immerhin genau 50 Jahre her, dass Kurt Wyss sein Muba-Foto schoss – also ein Jubiläum! Wahrscheinlich sind uns das Staunen und die Verwunderung über solche Maschinen weitgehend abhanden gekommen. Dass die heutigen Rechner noch viel mehr können als Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren, Dividieren und im besten Fall noch Potenzrechnen und Wurzelziehen, auch wenn es nur Gameboys sind, ist für uns alle selbstverständlich. Das Smart-Phone wird ganz smart und routiniert bedient, und man benutzt es vor allem dazu, um kichernd und glucksend Bildchen von sich selbst und seinen Kamerädli zu machen.

Noch eine versteckte Botschaft dieses Bildes an die nachkommenden Betrachter: Je moderner etwas ist – wie zum Beispiel diese klobigen ­Rechenmaschinen, die inzwischen auf Kreditkartengrösse redimensioniert worden sind –, desto schneller wirkt es total veraltet. Die Maschinen haben sich stark entwickelt und verändert, die Menschen sind dagegen weitgehend die Gleichen geblieben. Erfreulich wäre es, wenn ihnen die Fähigkeit zur Faszination und Konzentration, die Fähigkeit auch des Staunens erhalten geblieben sind – und einfach anderem gelten.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 09.11.12

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