Keine Mensa und kaum Kochmöglichkeiten für die Studenten, zu wenige Kunden für die Imbissstände: Mit der gastronomischen Situation auf dem Campus Dreispitz ist kaum jemand zufrieden.
Eine Einladung, die Mittagspause auf dem neuen Campus Dreispitz zu verbringen? So viel Abenteuer liegt drin, dachten wir uns. Denn seit bekannt wurde, dass die Planer des neuen – und wirklich bildschönen – Campus der Künste die Mensa vergessen haben, sei die Verpflegungssituation für die Studenten der Hochschule für Gestaltung und Kunst (HGK) prekär. So hört man.
Auf den ersten Blick erscheinen die Klagen der Studierenden etwas wehleidig. Wer den Campus betritt, steht vor einem kleinen Schilderwald mit Hinweisen zu den verschiedenen Restaurants und Imbissständen. Acht «Food Trucks» gebe es, ein Restaurant und einen Imbissstand, steht dort. Zudem gibt es im Gebäude A ein Bistro und im Gebäude D ein Café. Wo liegt also das Problem?
Tupperwares sind das Accessoire der Stunde
Der Rundgang zur Mittagszeit ergibt folgendes Bild: Viele Studierende wollen ihr Essen am liebsten selber mitbringen, das schont das Budget und fördert gleichzeitig die Geselligkeit. Ein Punkt, der insbesondere bei den langen Nachtschichten nicht zu unterschätzen sei, berichtet unser ortskundiger Führer.
Durch manchen Gang wehen denn auch Essensgerüche. Tupperwares sind das Accessoire der Stunde. Im Bistro stehen vier Mikrowellengeräte zur Verfügung, etwas knapp bemessen für rund 1000 Personen. Da und dort finden sich inoffizielle Kochplatten. Wo liegt also das Problem?
Das Problem heisst Hausordnung. Diese verbietet das Kochen und Essen überall – ausser im Bistro. Improvisierte Kochstellen können, auch wenn sie geduldet werden, also höchstens eine vorübergehende Lösung sein.
Essen ist ein Thema, so wichtig, dass in der neuen Hochschule für Gestaltung und Kunst bereits erste kreative Interventionen stattfinden. (Bild: Matthias Oppliger)
Das Thema Essen ist in der Schule derart aktuell, dass einige Studenten gar kreativ intervenierten. Jemand fragt mit bunten, auf den Boden geklebten Buchstaben: «Hungry?»
Unlängst waren einige Studierende mit dem «Chuechechare» unterwegs, um selbstgebackenen Kuchen zu verkaufen. Und jeweils montags kocht eine Gruppe vom «Hyperwerk». Mit «spontanen Lebensmitteln aus Überproduktion…, die so viel kosten, wie es Dir auch tatsächlich schmeckt», ist einem Flyer zu entnehmen.
Bei diesem ganzen Engagement bleiben die Gastroprofis mit ihren Food Trucks auf der Strecke. «Kaum ein Student fand bis jetzt den Weg zu uns, obwohl wir bestes Wetter hatten», sagt etwa Stefan Frühwirth. Er bietet an seinem Stand «Stef-Mex» mexikanische und internationale Küche.
Zwischen 8 und 12 Franken kostet bei ihm ein Mittagessen. Wer will, bekommt Nachschlag. «Bei mir geht niemand hungrig vom Tisch.» Das Angebot liegt für die meisten Studenten wohl zumindest hin und wieder in finanzieller Reichweite.
Aus den Augen, aus dem Sinn
Jens Hermes vom veganen Burgerstand «Captain Plant» hat eine Vermutung, woran es liegen könnte, dass die Tischgarnituren vor den Food Trucks meist schlecht besetzt sind. «Wir sind noch zu unbekannt.»
Die Essensstände liegen tatsächlich etwas ungünstig. Zwar hat man von der HGK aus nur wenige Minuten zu Fuss, doch muss man überhaupt erst auf die Idee kommen. «Wenn man uns von der Schule aus sehen würde, wäre hier garantiert mehr los», sagt Hermes.
Frühwirth und Hermes mieten ihre Standplätze (wobei sie ihre Wagen nicht über Nacht stehen lassen dürfen) von der Christoph Merian Stiftung (CMS). Auch aus deren Sicht dürften sich wohl noch zu wenig Studenten dort verpflegen.
Zumindest hat die Grundeigentümerin die Plätze gegenüber den Standbetreibern mit weitaus grösseren geschätzten Kundenzahlen beworben. «Auch die CMS und die HGK haben die Lage wohl falsch eingeschätzt, als sie uns sagten, dass rund ein Viertel der HGK-Leute bei uns essen würden», sagt Frühwirth. «Statt über 200 bewirten wir täglich zwischen 40 und 50 Personen.»
Die Studenten müssen die hübschen Hallen mit Leben füllen, Essen gehört nicht dazu.
Am besten besucht, weil auf dem Dreispitzareal am besten etabliert, ist das «Mamma Mia». Dort landen schliesslich auch wir. Um die Mittagszeit würden sich die Menschen regelrecht um die Tische drängen, erzählt unser Führer.
Hier nehmen hauptsächlich die Handwerker aus den umliegenden Gewerbeunternehmen Platz. Die Kost ist entsprechend herzhaft. Für acht Franken stellt die Wirtin uns mit mütterlicher Geste je einen Teller mit Kartoffelsalat und zwei enormen Wienerli hin.
Dass die Studenten trotz ordentlichem Angebot unzufrieden sind, liegt also primär daran, dass der neue Campus in erster Linie schön ist. Die praktischen Bedürfnisse der Studierenden wurden beim Entwurf kaum berücksichtigt. Sie müssen die hübschen Hallen nun mit Leben füllen. Essen scheint nicht dazu zu gehören.
Beim Kapselkaffee-Kochen hört der Spass auf. Hier herrscht eine strikte Trennung nach Institutszugehörigkeit. (Bild: Matthias Oppliger)