Modedesignerin Claudia Güdel: «Man braucht einen langen Atem, Biss und ein bisschen Glück, um zu überleben»

Sie musste Durststrecken überwinden, aber mit viel Biss, Ausdauer, Kreativität und auch etwas Glück hat es Claudia Güdel geschafft. Ihr kleines Mode-Nischenreich prosperiert auch in schwierigen Zeiten.

(Bild: Nils Fisch)

Sie musste Durststrecken überwinden, aber mit viel Biss, Ausdauer, Kreativität und auch etwas Glück hat es die Modedesignerin Claudia Güdel geschafft. Ihr kleines Atelier prosperiert auch in schwierigen Zeiten.

Die Stimmung im Atelier von Claudia Güdel ist entspannt. Vor 13 Jahren hat die Modedesignerin die hellen Räumlichkeiten der ehemaligen Seifenfabrik an der Markgräflerstrasse bezogen, Herrenmode entworfen und diese auch gleich an Ort und Stelle verkauft. Heute wird im Atelier im unteren Kleinbasel nur noch die Outlet-Ware verkauft. Die aktuellen Kollektionen gehen in edlen kleinen Label-Stores in der Basler und Zürcher Einkaufscity sowie in ausgewählten weiteren Kleiderboutiquen an den Mann und auch an die Frau. 

Und der Laden läuft, trotz schwachem Euro, trotz Online-Handel und all den anderen Umständen, die für eine Krisenstimmung im Detailhandel sorgen. Mathias F. Böhm, Geschäftsführer von Pro Innerstadt, lobt Claudia Güdel denn auch als eines der Vorzeigebeispiele, wie der Detailhandel die aktuelle Krise meistern kann.

Ausdauer und gute Ideen

«Uns geht es gut, aber wir müssen nach wie vor dafür kämpfen, dass es uns so geht», sagt Claudia Güdel. «Wir können uns noch keine Spitzenlöhne ausbezahlen, aber wir arbeiten daran», fügt sie lachend hinzu. Mit «wir» meint sie das siebenköpfige «Super-Team», das sich zwischen 500 und 600 Stellenprozente im Atelier, Büro und in den Läden teilt und offensichtlich mit viel Engagement und Kreativität zum Gedeihen des kleinen, aber hochgeachteten und -dekorierten Labels beiträgt.

Das Erfolgsrezept ist ein kreativer Kopf, der mit Biss und Ausdauer, einer guten Nase und auch etwas Glück seinen eigenen Weg gefunden hat. Ein Weg, der nicht nur streng geradeaus geführt hat. «Ich habe nach dem Vorkurs in Zürich die Modefachklasse in Basel besucht und wollte danach eigentlich gleich weiter nach New York oder London», sagt die 43-jährige Zürcherin. Sie blieb dann aber doch in Basel hängen. «In Basel gefiel mir der Zusammenhalt der Szene, das gegenseitige Wohlwollen», sagt sie.

Dank Kreativität die Karriereleiter hoch

Der enge Bezug zur Szene zählt zu den Erfolgsfaktoren in Claudia Güdels Laufbahn. Denn der Erfolg stellt sich nicht von alleine ein, so überzeugend das Produkt auch sein mag. «Die Leute kommen nicht automatisch in den Laden, sie kamen schon gar nicht ins untere Kleinbasel», sagt sie. «Ich musste für Action sorgen, Events und Ausstellungen organisieren, damit die Kunden zu mir fanden», erinnert sie sich.



Atelier und Outlet: An der Markgräflerstrasse im Kleinbasel werden die neuen Kollektionen entworfen und die alten verkauft.

Atelier und Outlet: An der Markgräflerstrasse im Kleinbasel werden die neuen Kollektionen entworfen und die alten verkauft. (Bild: Nils Fisch)

Und sie musste ihr Label und ihren Laden vorerst mit einem Geldjob als Informatik-Dozentin an der Hochschule querfinanzieren. Bis ihr Modegeschäft dann doch richtig ins Laufen kam. Vor sieben Jahren begann sie auch Kleider für Frauen zu entwerfen und zu verkaufen. Gleichzeitig eröffnete sie in Zürich eine Filiale. Seit 2011 führt sie an der Schnabelgasse 4 in der Grossbasler Innenstadt einen eigenen Laden.

Starke Verankerung, gutes Netzwerk

«Wichtig ist für mich die Verankerung in der Stadt, mit meinen Designerkolleginnen und -kollegen sowie mit meinen Kundinnen und Kunden», sagt sie. Es ist eine Kundschaft, die Produkte, in denen man auf dem Fahrrad sowie am Cocktail-Empfang gleichermassen gut gekleidet ist, schätzt – «es sind gewissermassen 24-Stunden-Kleider», sagt sie. Zur Kundschaft zählt auch der Basler Regierungspräsident Guy Morin, der explizit nach einem lokalen Label Ausschau hielt.

Der Regierungspräsident als Kunde, das sei schön. Noch wichtiger für Güdel als Geschäftsfrau ist aber der Inhaber des Optikergeschäfts Ramstein, Andreas Bichweiler: «Als Netzwerker, der gezielt junge Ladenbetreiber in die Innenstadt holt, spielt er eine enorm wichtige Rolle für die Einkaufsstadt», sagt sie.

Und ein bisschen Glück

Dass Claudia Güdel ihren Laden an der Schnabelgasse eröffnen konnte, dafür war auch ein Quäntchen Glück notwendig. Beziehungsweise der glückliche Umstand, dass sie auf eine Vermieterin stiess, die viel Wert darauf legt, dass in ihrem Haus ein attraktives lokales Geschäft untergebracht ist und deswegen auch eine erschwingliche Miete verlangt. «Sie hat mir sogar beim Umbau des Ladengeschäfts geholfen», sagt Güdel.

Dass dies alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist, bedauert Claudia Güdel sehr. «Die Immobilieninvestoren treiben die Preise hoch, das ist eine Katastrophe für die Stadt», sagt sie. Als alarmierendes Zeichen wertet sie die Liegenschaften in der Nähe ihres Ladens, das ehemalige Rümelin-Modegeschäft oder der einstige Zihlmann-Laden gegenüber, die seit Jahren leerstehen.

«Das Schöne in Basel ist die Vielfalt, umso schlimmer ist es, wenn diese zu zerbröseln beginnt», sagt Claudia Güdel. Und: «Wir alle, auch der Staat, müssen uns bewusst sein, wie wertvoll diese für Basel ist und wie wichtig es ist, diese zu pflegen.»




(Bild: Nils Fisch)

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Die TagesWoche hat dem Einzelhandel in Basel einen Schwerpunkt gewidmet, erschienen sind folgende Beiträge aktuell dazu:

– Schliessungen und Leerstand: Die Innenstadt hat ein Problem und muss dringend aufholen

– So wollen Basler Detailhändler die Kundschaft wieder in ihre Läden bringen

– Das Basler Label Tarzan weiss sich im Mode-Dschungel zu behaupten

– Was es für das Überleben braucht? Ein langer Atem, Biss und ein bisschen Glück, sagt Claudia Güdel

– An der Freien Strasse steigen die Geschäftsmieten seit Jahren, die Spitzenmieten sinken nun aber erstmals seit langem

– Gibt es eine Zukunft und wie sieht sie für die Einzelhändler aus? Konsumforscherin Marta Kwiatkowski hat Antworten

 

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