Nach einem Brandanschlag auf Fahrende in Allschwil leitet die Baselbieter Polizei Ermittlungen ein. Die Beamten stehen in der Kritik: Beweismittel wurden nicht gesichert und der mutmassliche Täter kurz davor laufengelassen.
Es ist kein einfacher Winter für die Fahrenden in der Region Basel. Erst wurden sie von Naturschützern von einem unbewilligten Standplatz auf der Erlenmatt vertrieben, dann am Dienstagabend beim Allschwiler Weiher mehrfach angegriffen. Der Vorfall wurde von der «bzbasel» publik gemacht.
Drei Wohnwagen standen seit gestern Mittwoch auf dem Parkplatz in Allschwil. Gegen 19 Uhr wurde die kleine Gruppe von einem 27-Jährigen beschimpft und körperlich angegangen. «Einer der Bewohner wurde von ihm verprügelt», sagt Andreas Geringer, der auf dem Platz war und politisch für die Rechte der Fahrenden kämpft. Der Mann habe rassistische Parolen gerufen und sei dann massiv auf einen 70-jährigen Fahrenden losgegangen.
Brandstiftung angedroht
Vor den Augen der alarmierten Polizei habe er die Beschimpfungen wiederholt und Drohungen ausgesprochen. «Er drohte damit, zurückzukehren und die Wohnwagen anzuzünden. Er werde alles abfackeln, rief er in Anwesenheit der Polizisten.» Diese hätten die Personalien des Angreifers aufgenommen, ihn dann aber gehen lassen.
Die Polizei schildert den Vorfall in einem Communiqué folgendermassen:
«Durch die eingetroffene Polizeipatrouille konnte vor Ort ein 27-jähriger stark alkoholisierter (1,81 Promille) Mann (ein in der Region wohnhafter Schweizer) angetroffen werden, welcher bereits durch die Fahrenden festgehalten und an die Polizei übergeben wurde.
Gemäss den bisherigen Erkenntnissen der Polizei Basel-Landschaft sowie aufgrund bestehender Aussagen soll der Mann die Fahrenden beschimpft und angepöbelt haben. Weiter wurde er auch gegen die anwesenden Personen tätlich. Der gewaltausübende Mann wurde daraufhin von einer Drittperson zurück an seinen Wohnort begleitet.»
Brandsatz unter dem Wohnwagen
Zwei Stunden später schreckte laut Geringer ein lauter Knall die Fahrenden auf. Unter einem Wohnwagen war Feuer auszumachen, daneben lag ein Brandsatz. Geringer berichtet, er habe zwei Männer wegrennen sehen. Die erneut herbeigerufene Polizei habe sich damit begnügt, den Brandsatz – eine mit einer Mixtur gefüllte PET-Flasche, in die Mitte des Parkplatzes zu bewegen und sei dann wieder gegangen.
Die Überreste der PET-Flasche, die als Brandsatz verwendet wurde. (Bild: Andreas Geringer)
«Sie haben uns nicht ernst genommen», ärgert sich Geringer. Weder seien Spuren gesichert, noch das Beweismittel eingepackt worden. Stattdessen hätten ihm die Polizisten gesagt, er solle nicht übertreiben, es sei bloss ein Feuerwerkskörper gewesen. Nach einem weiteren Anruf bei der Einsatzzentrale sei ihm beschieden worden, er solle den Brandsatz selber auf den Posten bringen, wolle er eine Anzeige einreichen.
Gegenüber der «bzbasel» räumt die Baselbieter Polizei Fehlverhalten ein: Es seien «Fehler gemacht» worden bei der Ersteinschätzung der Lage. Es habe sich definitiv nicht um einen «Feuerwerkskörper» gehandelt.
Verhandlungen um Standplatz
Warum der Mann nach dem ersten Angriff nicht in Gewahrsam genommen wurde, obwohl er eindeutige Drohungen aussprach, begründet Roland Walter, Sprecher der Baselbieter Polizei, gegenüber der TagesWoche wie folgt: «Dies können die Mitarbeitenden der Polizei BL situativ vor Ort und je nach Zustand der Person entscheiden. Wie erwähnt, handelte es sich um eine Tätlichkeit (Antragsdelikt) und die Person konnte durch eine Begleitperson, welche durch die Polizei organisiert wurde, betreut nach Hause geführt werden.»
Geringer ist mit den anderen Fahrenden unmittelbar nach dem Brandanschlag auf einen privaten Standort weitergezogen. Er hofft, die Vorkommnisse beschädigen nicht die Verhandlungen um den geplanten Standplatz in Basel-Stadt. Der Kanton foutiert sich seit Jahren um ein Bundesgerichtsurteil, dass die Kantone verpflichtet, Plätze anzubieten. Basel hat angekündigt, bis 2017 einen Platz bereitzustellen.