Die Neubesetzung der Leitung der Baselbieter Hauptabteilung Kulturelles wurde trotz eines «überzeugenden» Wahlvorschlags sistiert. Die designierte Bildungs-, Kultur- und Sportdirektorin Monica Gschwind möchte die Baselbieter Kulturpolitik in einem ersten Schritt grundsätzlich überdenken.
Es ist eine seltsame Wendung, welche die Medienmitteilung des Baselbieter Amtes für Kultur (siehe Rückseite des Artikels) zur Neubesetzung der Leitungsstelle für die Hauptabteilung kulturelles.bl nimmt. Sie beginnt nahezu euphorisch und endet relativ abrupt im Nichts.
Konkret ist von einem sehr erfreulichen Auswahlverfahren für die Nachfolge von Niggi Ullrich die Rede, die zum termingerechten Wahlvorschlag einer Person mit «hoher fachlicher Qualifikation, einem beeindruckenden Leistungsausweis, Vertrautheit mit der regionalen Kulturszene und einem breiten Netzwerk» sowie «überzeugenden persönlichen Qualitäten» gemündet sei.
Alles im besten Einvernehmen, könnte man meinen. Am Schluss der Mitteilung ist indes zu lesen: «In Absprache mit der neuen Departementsvorsteherin werden vorerst keine Zusagen gemacht.» Die Leitungsstelle werde zu einem späteren Zeitpunkt besetzt.
Auftrag erledigt
«Wir hatten den Auftrag, eine geeignete Person für die Neubesetzung der Stelle vorzuschlagen, das haben wir im vorgesehenen Zeitraum gemacht», sagt Dani Suter, Hauptabteilungsleiter Augusta Raurica und im Rotationsprinzip aktueller Leiter des Amtes für Kultur. Eine Findungskommission hat sich durch über 90 Bewerbungsdossiers gearbeitet und dem noch amtierenden Direktionsvorsteher Urs Wüthrich und seiner Nachfolgerin Monica Gschwind einen «Vorschlag zur Stellungnahme» unterbreitet.
Zur Aussetzung der Wahl kann und will Suter nicht viel sagen: «Die Findungskommission hat sehr gut gearbeitet, wir müssen aber natürlich den Wunsch von Frau Gschwind respektieren, dass sie die Stelle im Moment nicht neu besetzen möchte.»
«Ich will allenfalls das Pflichtenheft für die Leitungsstelle ändern», sagt Gschwind.
Auf Anfrage sagt die neugewählte FDP-Regierungsrätin, dass sie die Neubesetzung der «strategisch wichtigen Position im Kanton», nicht übereilen möchte. Nicht wegen der vorgeschlagenen Person, sondern aus inhaltlichen Gründen, wie sie sagt: «Ich nehme in weiten Teilen der Bevölkerung und in der Politik ein gewisses Unbehagen über die aktuelle Kulturpolitik wahr, ich möchte mir zuerst eine eigene Meinung bilden, bevor die Stelle neu besetzt wird.»
Auf die Frage, worin denn dieses Unbehagen bestehe, bleibt Gschwind vage. «Im Landrat sind in letzter Zeit einige kritische Interpellationen und Postulate zum Thema eingereicht worden», sagt sie. Dies nimmt sie nun zum Anlass, die Baselbieter Kulturpolitik zu überdenken. «Die vorgeschlagene Person hätte dem bisherigen Anforderungsprofil gut entsprochen, ich will mir aber vorbehalten, allenfalls das Pflichtenheft für die Leitungsstelle zu ändern», sagt Gschwind.
Kultur im Kanton stärken
Auch auf die Frage nach ihren kulturpolitischen Grundsätzen bleibt Gschwind zurückhaltend: «Für mich geht es darum, dass das Kulturleben im Kanton Baselland gestärkt wird.» Ob dies allenfalls eine Kürzung der Beiträge an Zentrumsleistungen in der Stadt zur Folge haben könnte, möchte Gschwind noch nicht sagen. «Ich muss mir erst einmal ein genaues Bild davon machen, wo wir gegenwärtig stehen.»
«Es ist vieles offen», sagt Gschwind. Unter anderem werde sie sich auch über Kürzungen im Kulturbudget Gedanken machen müssen. «Unsere Finanzsituation sieht bekanntlich nicht gut aus, da könnte es durchaus sein, dass auch die Kultur zusätzliche Beiträge an die notwendigen Sparmassnahmen leisten muss.»
Kultur verliert an Gewicht
Unter dem, wie sich Gschwind ausdrückt, wachsenden Unbehagen in der Baselbieter Politik hatte auch bereits der Ende 2014 zurückgetretene Amtsvorgänger Niggi Ullrich zu nagen. Auf die Gründe für seinen vorzeitigen Rücktritt angesprochen, hatte er gegenüber der TagesWoche unter anderem darauf hingewiesen, «dass sich der ideelle und politische Spielraum spürbar verengt hat».
Ähnlich äusserte sich auch sein damaliger Chef: «Ich musste die Erfahrung machen, dass zum Beispiel die FDP als bildungs- und kulturpolitische Gestaltungskraft eigentlich kaum mehr existiert», sagte auch der noch amtierende Kulturdirektor Urs Wüthrich in einem Interview mit der TagesWoche. Und jetzt wird eben gerade eine Vertreterin aus dieser Partei eine gestalterische Rolle auf diesem Gebiet übernehmen.
Unter Niggi Ullrich und seinen beiden Direktionsvorstehern Peter Schmid und Urs Wüthrich wurde das Baselbieter Engagement in der Kulturpolitik über 26 Jahre kontinuierlich ausgebaut. Auch wenn neue Anträge, wie zum Beispiel die Erhöhung der Subventionen an das Theater Basel, in jüngerer Vergangenheit keine Mehrheit mehr fanden, so blieb das Kulturbudget bislang von Kürzungen verschont. Mit der neuen Regierung könnte sich dies nun aber ändern.