Wie kann Journalismus in Zukunft bezahlt werden? Das Finanzierungsmodell der TagesWoche beflügelt eine weltweit sehr aktuelle Debatte.
Diese Zeitung gibt es dank den guten Ideen innovativer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und auch dank zwei gemeinnützigen Einrichtungen aus Basel: der Stiftung Levedo und der Stiftung für Medienvielfalt. Beide haben entscheidenden Anteil an der Lancierung der TagesWoche.
Die Stiftung Levedo ist 2007 von der Basler Mäzenin Beatrice Oeri errichtet worden. Die Stiftung will «zur kulturellen Vielfalt sowie zu einer offenen Gesellschaft beitragen». Sie ist international tätig und vor allem in den Bereichen Musik und Medien engagiert. Die Stiftung Levedo hat die ersten Projektarbeiten für die TagesWoche finanziert – und schliesslich auch die nötigen Mittel bereitgestellt für die neue Stiftung für Medienvielfalt.
Diese zweite Stiftung ist im April 2011 gegründet worden. Sie engagiert sich für ein «vielfältiges Medienangebot zugunsten einer offenen und toleranten Gesellschaft». Präsidiert wird die Stiftung vom Basler Rechtsanwalt Andreas Miescher; dem Stiftungsrat gehören ausserdem Franz-Xaver Leonhardt, Mitglied der Geschäftsleitung des Hotels Krafft in Basel, sowie der Basler Unternehmer und Regisseur Nicolas Ryhiner an.
Die Stiftung für Medienvielfalt unterstützt kleinere und grössere Medienprojekte in der ganzen Schweiz. Ihr bisher grösstes Engagement ist die Lancierung der TagesWoche. Die Stiftung ist alleinige Aktionärin der Neue Medien Basel AG, der Herausgeberin der TagesWoche. Und sie erbringt über mehrere Jahre die gemäss Business-plan notwendigen finanziellen Investitionen für die TagesWoche.
Völlig unabhängige Stiftung
Eine Stiftung, die eine andere Stiftung alimentiert, die wiederum Medienprojekte unterstützt: Das tönt etwas kompliziert, folgt jedoch gradlinig dem Ansinnen der ursprünglichen Stifterin Beatrice Oeri. Sie engagiert sich als Mäzenin, die ein Projekt wie die TagesWoche ermöglichen will, ohne sich in irgendeiner Form einmischen zu wollen. Die Stiftung ist von ihr völlig unabhängig. Der Stiftungsrat entscheidet alleine im Rahmen des Stiftungszweckes über die Verwendung der Mittel.
Das ist ein wesentlicher Unterschied zu klassischen Unternehmensformen, wie sie etwa die Besitzer der «Basler Zeitung» über ihre MedienVielfalt Holding AG mit Sitz in Zug umsetzen. Sie sind nicht Mäzene, sondern Mitbesitzer eines Unternehmens und haben so in allen Fragen das letzte Wort.
Das stiftungsfinanzierte Modell ist in der Schweizer Medienlandschaft noch ungewöhnlich, hat sich im Ausland jedoch bereits etabliert – vor allem in den USA. Dort gilt: Wer es zu Reichtum geschafft hat, gibt der Gesellschaft auch wieder etwas zurück. Das wird von der Öffentlichkeit nicht nur bewundert, sondern erwartet.
Das Stiftungsgeld ist hochwillkommen. Der Grund liegt in der Medienkrise, die ursächlich (auch) eine Finanzierungskrise ist. Sie hat die Zeitungen hart getroffen. Die bisherigen Finanzierungsformen über Abo- und Werbeerträge brechen weg. Es wird zusammengestrichen, entlassen, fusioniert und eingestellt. Damit sinken zwar die Kosten, aber auch die Qualität und die Vielfalt des Angebots. Ein Teufelskreis.
Gesucht sind deshalb neue Geschäftsmodelle und neue Geldquellen. Während in europäischen Ländern vor allem über staatliche Hilfen für die darbende Presse diskutiert wird, hofft man in den USA eher auf die Segnungen des Mäzenatentums. Jüngst sind denn auch vielversprechende Projekte angelaufen. Zum Beispiel ProPublica – eine Non-Profit-Agentur für investigativen Journalismus. Sie wurde durch die kalifornischen Milliardäre Herbert und Marion Sandler gegründet und beschäftigt in Manhattan eine Redaktion mit über dreissig Journalisten. Sie ermöglicht journalistische Recherchen in einer Qualität, wie sie auf vielen Redaktionen nur noch selten realisierbar ist.
Leser braucht Klarheit
Der Geldsegen der Mäzene kann allerdings auch Risiken bergen. Darauf weist etwa der Hamburger Politologe Hans J. Kleinsteuber hin, wenn er «neue ethische Standards» für den stiftungsfinanzierten Journalismus einfordert. Gelder dürften nicht an bestimmte Themen gebunden werden, sagt Kleinsteuber, und vor allem: «Der Leser soll wissen, wer der Geldgeber ist. Es muss Überparteilichkeit sichergestellt werden.»
Ins gleiche Horn stösst Volker Lilienthal, Professor am Institut für Journalistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Hamburg: «Die Unabhängigkeit des Journalisten in der Wahrnehmung des Themas, in der öffentlichen Verarbeitung der festgestellten Sachverhalte, die Relevanzprüfung und die Freiheit der Kritik sind unbedingt zu gewährleisten.»
Doch das gilt nicht nur für die Arbeit bei stiftungsfinanzierten Medien. Es ist von Belang, bei einer TagesWoche genauso wie bei klassisch finanzierten Medien. Wenn aber ein Mäzen oder eine Mäzenin mit integrer Absicht eine Publikation ermöglicht, die wie die TagesWoche ganz für die Leserinnen und Leser da ist, so ist dieses Finanzierungsmodell auch aus ethischer Sicht nur zu begrüssen.
Quellen
Mitarbeit: Rebekka Stämpfli
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 03.02.12