Noch ein Beitrag zum (unteren) Kleinbasel

Autos unter dem Boden und mehr Bars obendrüber: Christian Mueller hat konkrete Ideen für das Kleinbasel, das er liebt wie keinen anderen Ort.

Autos unter dem Boden und mehr Bars obendrüber: Christian Mueller hat konkrete Ideen für das Kleinbasel, das er liebt wie keinen anderen Ort.

Als ich mit 20 gleich nach bestandener Matura von zu Hause auszog, fand ich ein WG-Zimmer in der Hammer-/Ecke Feldbergstrasse. Selbst im beinahe hinterletzten Kaff im Schwarzbubenland warnte man mich vor der Feldbergstrasse. Die Meinung auf dem Land zur Feldbergstrasse verhält sich, wie die gegenüber Ausländern: Je weniger Ausländer im Dorf, desto grösser die Angst davor.

Das Kleinbasel ist wahrscheinlich das urbanste Gebiet Basels

Als ich kurz darauf für drei Wochen in die Ferien fuhr, hatte ich zum ersten mal in meinem Leben Heimweh, aber nicht nach dem Dorf, sondern nach meinem Zimmer im Kleinbasel. Hier ist alles nah beieinander, der ÖV ist nicht erst seit der Umstellung des 33er Bus auf die 30er Linie dicht und komfortabel, nach und nach wohnten die meisten meiner Bekannten und Freunde in diesem Gebiet unterhalb der Clarastrasse. Das Gelände ist flach und als tiefster Punkt Basels, muss man auf dem Velo kaum treten, um nach Hause zu kommen. Kommt man mit dem Zug von Deutschland, geniesst man es im badischen Bahnhof auszusteigen und innert Minuten daheim zu sein. Das Kleinbasel ist wahrscheinlich das urbanste Gebiet Basels, und es entwickelt sich gerade in letzter Zeit wieder.

So schlimm kann es um die Sicherheit nicht stehen

Vor zehn Jahren konnte man im Sommer noch zu unzähligen Feiern unter freiem Himmel pilgern: NT-Areal, Zoll Otterbach, lange Erle, rostige Brücke, Hafenareal. Leider hat es die Polizei je länger je mehr zu ihrem Zeitvertrieb gemacht, zu zwanzigst in Vollmontur und Gummischrotflinte im Anschlag diese friedlichen Parties weit weg von Nachbarn aufzulösen. Die Folge waren Sauvages in Riehen, im alten Kinderspital oder in der E-Halle mit den bekannten Folgen.

Das Bedürfnis nach Musik und Tanz unter freiem Himmel liess und lässt sich nicht beschlagnahmen (Fragen sie die Fasnächtler oder das Tattoo dazu). Konnte auch bis zum Ende gefeiert werden, wurde im Normalfall auch der ganze Abfall brav wieder mitgenommen, nur die polizeilich geräumten Parties hinterliessen meistens eine Sauerei. So schlimm kann es um die Sicherheit nicht stehen, wenn dafür am Samstag Abend Zeit ist.

In letzter Zeit verändert sich die Feldbergstrasse weiter. Nachdem die Friendsbar lange Zeit ein Quasimonopol hatte, belebten plötzlich Agorabar, Ladybar, Fassbar, Carambolage Bar und der Salon das Nachtleben. Die Veranstalter tun ihr möglichstes, die Emissionen so gering wie möglich zu halten; wer aber im Gegenzug meint, man könne mitten im lebendigsten Teil der Stadt mit offenen Fenster zur Strasse schlafen, hat ein seltsames Bild vom Stadtleben. Ich kenne kaum jemanden, der sein Schlafzimmer Richtung Feldbergstrasse hat (schliesslich eine der meistbefahrenen und luftbelasteten Strassen Basels).

Kein Vergleich zum Lärm der Kuhglocken, Schützenvereine und Hundezuchten

Nirgends habe ich eine solche Ruhe erlebt, wie in den Hinterhöfen Kleinbasels. Kein Vergleich zum Lärm der Kuhglocken, Schützenvereine, Hundezuchten, Rasenmähern, Kirchengeläut und vorallem Autolärm auf dem Land. Die Strassen sind vergleichsweise sauber, wird doch jeden Tag geputzt. Auf dem Land ist Barfusslaufen im Sommer eine Tortur, in Basel herrlich. Nicht zu vergessen, das seit dem Umbau noch beliebtere Rheinufer. Tausende vergnügen sich da an lauen Abenden, und hätte es wieder ein kleines Depot auf den Gebinden, wäre das Liegenlassen von Abfall längst vorbei.

Natürlich gibt es auch Probleme, wo Menschen nahe beieinander Wohnen, wo die Mieten günstig sind, wo der Unterschied zwischen arm und reich gross ist und nicht alle die gleichen Bedürfnisse haben. Meine Erfahrung war aber bisher, dass man – ohne gleich die Polizei zu rufen – die Sache selbst in die Hand nahm und eine Lösung fand, wie man nebeneinander Leben kann. Akute Gewaltverbrechen natürlich ausgeschlossen!

Was fehlt dem Kleinbasel also? Meiner Meinung nach darf die Feldbergstrasse noch einige Bars und Clubs mehr haben, ein grosses, vielfältiges Kulturzentrum kann sich nach dem Auszug der FHNW und der Ateliers auf dem Kasernenareal etablieren. In den langen Erlen sollen Gebiete ausgeschieden werden, auf denen man feiern darf. Und der ganze Verkehr auf Hauptachsen wie Feldberg-, Klybeckstrasse, Riehenring und der Osttangente sollte unterirdisch geführt werden.

Basel darf an den Aufgaben wachsen

Stellen sie sich diese Strassen einmal als grosszügige Boulevards vor. Im Unterirdischen Tunnel könnten dann die Autofahrer 50km/h fahren, so lange sie wollen, und parkieren, wo es gerade passt. Es ist Zeit die Strassen wieder zurückzugewinnen, im Gegenzug aber nicht die nötige Infrastruktur abzubauen. Beides ist möglich, man muss die Sache halt in die Hand nehmen und zusammen eine Lösung finden. Basel darf an den Aufgaben wachsen, die sich heute und in Zukunft stellen.

Schlussendlich ist die ganze Kleinbasel-Diskussion eine Luxusdiskussion. Weshalb muss man Stadtteile gegeneinander ausspielen? Das ist so unsinnig, wie die Kantone Baselland und Basel-Stadt oder die anderen vielen politischen Grenzen in unserer Region. Vernünftiger wäre, seine Energie für eine politische Einheit der ganzen Region – über Gemeinde-, Kantons- und Landesgrenzen hinweg – zu verschwenden, damit jeder und jede ohne bürokratische Hürden selbst bestimmen kann, wo es am besten gefällt, wo sich die Politik den Menschen anpasst, nicht umgekehrt. Kooperation war und ist der grosse evolutionäre Vorteil, der uns Menschen hervorgebracht hat und auch uns 3-Ländler (Plus die über 100 anderen Nationen) verbindet am Ende mehr, als uns trennt.

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