Novartis stoppt Sanierung wegen Giftstaub

Novartis hat am Dienstag die Sanierungsarbeiten in der Deponie STEIH bis auf weiteres eingestellt. Die Behörden und das Unternehmen hätten festgestellt, dass die Lindan-Abfall-Stäube nicht «reduziert werden konnten».

Unter den weissen Zelten saniert Novartis den Lindan-kontaminierten Boden des STEIH-Areals. Altlastenspezialist Martin Forter hält die Zelte für unsicher. (Bild: zVg)

Novartis hat am Dienstag die Sanierungsarbeiten in der Deponie STEIH bis auf weiteres eingestellt. Die Behörden und das Unternehmen hätten festgestellt, dass die Lindan-Abfall-Stäube nicht «reduziert werden konnten».

Der Altlastenexperte Martin Forter hat am Mittwochmorgen seine Luftanalysen bekannt gegeben mit einem aufwühlenden Ergebnis: In der Basler Luft gibt es Rückstände von giftigem Lindan-Abfall-Staub. Nun hat Novartis die Sanierungsarbeiten an der Deponie STEIH in Hüningen «vorübergehend eingestellt». Wie das Unternehmen in einem Communiqué weiter schreibt, sei der Entscheid bereits einen Tag zuvor am Dienstag gefallen.

Gemäss Novartis haben die Luftmessungen der baselstädtischen Behörden und von Novartis ergeben, «dass die Geruchsemmissionen und die Verfrachtung von mit Lindan-Abfällen belasteten Stäuben vorerst nicht wie erhofft reduziert werden konnten». Die Sanierungsarbeiten auf der Baustelle STEIH werden durch eine Drittfirma vorgenommen. Novartis habe deshalb die Sanierungsarbeiten auf der Deponie «bis auf Weiteres gestoppt». 

«Keine Gefahr», sagt Novartis

Wie gross die Belastung ist, schreibt das Unternehmen in der Mitteilung nicht. Altlastenexperte Forter hatte an sechs Standorten Luftmessungen gemacht und ausgewertet. Gemäss diesen sind bis zu 94 Mikrogramm Lindan und Lindan-Abfall-Staub von Mitte August bis Anfangs September im unteren Kleinbasel niedergegangen. Selbst bei der Mittleren Brücke entdeckte Forter den gefährlichen Staub in der Luft.

Was mögliche gesundheitliche Folgen angeht, hat Novartis Entwarnung gegeben: «Eine Gesundheitsgefährdung kann zum jetzigen Zeitpunkt ausgeschlossen werden», heisst es im Communiqué. Forter schreibt hingegen in seiner Medienmitteilung vom Mittwoch, dass es schwierig einzuschätzen sei, was die gemessenen Mengen in der Luft im Hinblick auf die Gesundheitsrisiken für die Bevölkerung bedeuten, «da Inhalations-Studien weitgehend fehlen».

Der Direktor der International HCH & Pesticides Association (IHPA), John Vijgen, bestätigte Forter allerdings, dass die Aufnahme des Staubs über die Lunge aus «toxikologischer Sicht gefährlich» sei und bei Sanierungsarbeiten der Austritt «sofort unterbunden werden» sollte.

Sanierungsarbeiten sollen wieder aufgenommen werden

Novartis hat dies nun offensichtlich auch erkannt. Das Unternehmen will die Messungen auf und ausserhalb der Baustelle weiterführen. Novartis wolle «die Situation rasch verbessern und arbeitet eng mit den Behörden zusammen». Die Bauarbeiten würden erst dann wieder aufgenommen, «wenn die gewünschte Verringerung der Geruchsemissionen und Staubentwicklung erreicht werden konnte». Die Wiederaufnahme erfolge in Koordination mit den Behörden.

Der Pharmariese kommt mit dem Baustopp auch einer politischen Forderung zuvor: Die Grossräte Heidi Mück (Basta) und Daniel Goepfert (SP) haben bereits gefordert, dass Novartis die Arbeiten sofort einstellt und erst wieder aufnimmt, wenn der Konzern keine weiteren Staubaustritte garantieren kann.

«Verantwortung am liebsten weiterschieben»

Mück, die selber im Kleinbasel wohnt, hat ihrem Unmut bereits am 9. September in Form einer Interpellation Ausdruck verliehen. Darin hielt sie den «Eindruck» fest, dass die Umweltbehörden Basels die «Verantwortung am liebsten weiterschieben» und niemand «der Sache ernsthaft nachgehen wollte», bis sich Forter «an die Öffentlichkeit wandte».

Martin Forter beurteilt die ganze Affäre als «Peinlichkeit». Seine Hauptkritik gilt jedoch nicht den Behörden, sondern dem Verursacher. Mehr dazu sagt der Altlastenexperte im Interview in der Printausgabe der TagesWoche vom 27. September (Sie erhalten die TagesWoche am Kiosk oder digital über die App der TagesWoche. Oder nach Hause geliefert mit einem Abo).

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