NSA späht WTO-Mitarbeiter in Genf aus

Die Plattform WikiLeaks machte am Dienstagabend publik, dass die NSA unter anderem einen Mitarbeiter der WTO in Genf überwachte. Die Behörden unternehmen nichts.

Ein hochrangiger Mitarbeiter der WTO wurde von der NSA angezapft.

(Bild: OLIVER BERG)

Die Plattform WikiLeaks machte am Dienstagabend publik, dass die NSA unter anderem einen Mitarbeiter der WTO in Genf überwachte. Die Behörden unternehmen nichts.

Das Festnetztelefon von Johann Human, Mitarbeiter bei der WTO in Genf, sei über längere Zeit vom amerikanischen Geheimdienst NSA abgehört worden. Das machte die Enthüllungsplattform WikiLeaks am Dienstag publik.

Hintergrund waren die Vorbereitungen auf einen G8-Gipfel und «Implikationen für Handelsgespräche», die der Direktor der Rules Division leitete, so steht es in dem Dokument, das WikiLeaks veröffentlichte. Der genaue Inhalt der Überwachung ist nicht einsehbar.

«Wenig überraschend»

Der Fall ist die Bestätigung dessen, was bereits seit der Veröffentlichung der Edward-Snowden-Dokumente diskutiert wird. 2013 berichtete der «Spiegel» von US-amerikanischen Abhöranlagen in Genf, über die Diplomaten belauscht werden.

Für den Datenschutzexperten Martin Steiger ist die Meldung deshalb wenig überraschend. «Es war zu erwarten, dass solche Abhöraktionen seitens der NSA auch in der Schweiz an internationalen Hot-Spots wie Genf stattfinden.»

WTO und Behörden schweigen

Das Verteidigungsdepartement (VBS) will zum Fall Human keine Stellung nehmen. Steiger sagt, die NSA sei ein Partner des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB), es sei daher naheliegend, dass der NDB die NSA decke. «Ich gehe davon aus, dass der NDB von solchen Fällen Kenntnis hat – sonst würde er seine Arbeit nicht richtig machen.»

Die Bundesanwaltschaft eröffnet aufgrund der Veröffentlichung kein Verfahren. «Um ein Strafverfahren in Zusammenhang mit verbotenem Nachrichtendienst eröffnen zu können, braucht es die bundesrätliche Ermächtigung», schreibt Nathalie Guth von der Bundesanwaltschaft auf Anfrage. Die WTO und Johann Human wollen zu den WikiLeaks-Dokumenten nichts sagen.

«Jeder ist in Gefahr»

Neben der Überwachung von Human machte WikiLeaks zudem publik, dass ein Mitarbeiter des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) über sein Schweizer Telefon abgehört wurde. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon soll bei einem privaten Gespräch in Berlin mit Angela Merkel abgehört worden sein.

Für WikiLeaks-Gründer Julian Assange ist damit ein weiterer Beweis für die ungerechtfertigte Überwachung durch die NSA erbracht. Es sei «interessant zu sehen, wie die Vereinten Nationen nun reagieren». Wenn sogar der UN-Generalsekretär folgenlos abgehört werde, sei jeder in Gefahr.

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