«Nutzniesser verabscheuen Nestbeschmutzer» – Tom Fischer antwortet Knackeboul in der Affäre Sophie Hunger

Letzte Woche verteidigte Knackeboul Sophie Hunger gegen die Kritik von «Altrockern». Nun gibt Tom Gabriel Fischer (Celtic Frost) zurück: Knackeboul und all die anderen subventionierten Schweizer Musiker hätten ohne Vetterliwirtschaft gar keine Karriere.

«Du hast es nur gerade in der Schweiz zur forcierten Bekanntheit gebracht.» Tom Gabriel Fischer erklärt Knackeboul den Unterschied zwischen einer Weltkarriere aus eigener Kraft und Schweizer Stars aus dem Kulturförderkuchen.

(Bild: Nigel Crane / Montage Nils Fisch)

Letzte Woche verteidigte Knackeboul Sophie Hunger gegen die Kritik von «Altrockern». Nun gibt Tom Gabriel Fischer (Celtic Frost) zurück: Knackeboul und all die anderen subventionierten Schweizer Musiker hätten ohne Vetterliwirtschaft gar keine Karriere.

Lieber David

Ich habe Deinen Kommentar in der «TagesWoche» zur Affäre Sophie Hunger mit einigem Amüsement zur Kenntnis genommen.

Dass ausgerechnet Du Dich so ereiferst und mich polemisch anfährst, hat System. Nutzniesser verabscheuen in der Regel Nestbeschmutzer. Du bist ja genau einer derjenigen, die ohne die kritisierte Vetterliwirtschaft, ohne Zwangsgebühren und ohne Jurygelder wohl eine krass andere (sprich: kaum wiedererkennbare) Karriere hätten.

Du unterstellst mir ein «gekränktes Ego», Frust und Neid und versuchst auf diese Art, jegliche Kritik an den hiesigen Vorgängen zu invalidieren. Nun, einmal ganz abgesehen von Deiner arrogant herablassenden Art (Du nennst mich «eine Beule», etc.), trieft der blanke Neid aus Deinen gekränkten Zeilen.

Ich freue mich für Dich, dass Du selbst offenbar niemals alt wirst.

Der Neid derjenigen, deren Musik massiv weniger wahrnehmbar veröffentlicht und gehört würde, wenn sie nicht von Preisen, Gebührengeldern, Förderung etc. subventioniert würde. Und dies, obwohl sie sich unverhohlen nach dem Publikumsgeschmack richtet und sich sogar der hiesigen Sprache bedient.

Ich bin also ein «Altrocker». Du kritisierst meine zynische Bemerkung zu Sophie Hunger, greifst dabei aber selbst zu derartigen, unter der Gürtellinie liegenden Begriffen. Das Datum meiner (sowie Deiner) Geburt ist Zufall und von uns beiden nicht zu beeinflussen. Ich freue mich für Dich, dass Du selbst offenbar niemals alt wirst – denn wenn Du selbst einmal 53 wärst, dann würdest Du ja wohl eine derartige Bemerkung unterlassen.

Oder ist es – wieder einmal – der Neid darüber, dass ich mit 53 auf eine 34-jährige, international erfolgreiche Karriere (mit Hellhammer, Celtic Frost und aktuell Triptykon, Red.) zurückblicken kann, die zu keinem Zeitpunkt von solchen Geldern unterstützt wurde? Kannst Du so etwas von Dir behaupten?

Was befähigt Dich zu Deinen Kommentaren: Dass Du Teil dieses heillos erbärmlichen Kulturinzests bist?

Du hast es nur gerade in der Schweiz zu forcierter Bekanntheit gebracht, und dies mit massivster Unterstützung von Kommissionen, Kulturredaktionen, Jurys oder Preisgremien (SRF, m4music etc.).

Es sind genau diese 53 Jahre, sowie mein Lebenswerk und meine von Dir kritisierten Errungenschaften, die mir die Befähigung geben, die Vorgänge in der Schweiz zu kommentieren. Was ist Deine Befähigung? Dass Du Teil dieses heillos erbärmlichen Kulturinzests bist? I don’t think so. Die ganzen, mit Hunderttausendenden von Franken unterstützten Schweizer «Künstler» habe ich jedenfalls noch nie in Tokio, New York, Paris, Montreal, Sydney usw. gesehen, wenn wir dort gerade mal wieder Headliner waren.

Häh, Headliner? Ja, zum Beispiel dieses Jahr beim weltgrössten Metal-Festival in Wacken:

Du wirfst mir vor, dass ich in der ursprünglichen Diskussion von meinem eigenen Lebensweg erzählte. Das ist richtig. Nicht zuletzt genau aufgrund dieses Lebenswegs bin ich befugt, mir über das fragliche Thema valide Gedanken zu machen.

Mein Stolz als echter Musiker war stets zu ausgeprägt, um Fördergelder anzunehmen. Und der ehrlich erarbeitete Erfolg gibt mir recht.

Es muss Dich ja schon unendlich ankotzen, dass gerade eine Heavy-Metal-Band und ein Musiker, dessen Werk vollkommen unkommerziell und unangepasst ist, als einer der weniger Schweizer global eine Karriere lebt. Einer, der niemals auch nur einen Rappen Förderung erhalten hat und auch niemals darum gebeten hat. Mein Stolz als echter Musiker war stets zu ausgeprägt für so etwas, und der ehrlich erarbeitete Erfolg gibt mir recht.

Wir hatten damals, in den frühen 1980er-Jahren, oft nicht mal den Stutz, um uns neue Gitarrensaiten oder Plektren zu kaufen, und haben trotzdem nie die hohle Hand gemacht. Wir haben alles nur durch eigene Arbeit erreicht und Unterstützung nur durch unsere engsten Freunde erfahren, die mitchrampften.

Seien wir doch einfach mal ehrlich: Welche dieser unzähligen staatlich subventionierten und deshalb künstlich am Leben erhaltenen Schweizer Pop- und Rock-Musiker haben denn jemals international wirklich etwas bewegt? Weltweit als Headliner getourt, andere Musiker im Ausland beeinflusst, die Titelseiten internationaler Musikmagazine geziert? Richtig, Du kennst die Antwort.

Euer «Erfolg» ist eine Selbsttäuschung und auf einen winzigen, regionalen Kreis beschränkt.

Wenn ich Euch so beobachte, dann stelle ich fest, dass ihr nicht nur im Ausland so gut wie bedeutungslos seid, sondern in einer schweizerischen Scheinwelt lebt, einer künstlichen Blase. Ihr seid effektiv alle gar nicht bekannt, Eure «Bekanntheit» fusst auf dem lokalen Mikrokosmos von Inzuchtsbeziehungen und Subventionen; Ihr werdet durch die ewig selben Kanäle gefeatured – SRF, «Kultur»-Institutionen, «Fach»-Jurys. Ohne diese Unterstützung würdet Ihr niemals auf dieser Ebene existieren.

Euer «Erfolg» ist eine Selbsttäuschung und dazu noch auf einen winzigen, regionalen Kreis beschränkt. Und in dieser Irrelevanz und Selbsttäuschung ertragt Ihr es nicht, wenn einer, der selber Musiker ist und in diesem Zirkus noch nie mitgemacht hat, Euch den Spiegel unter die Nase hält.

Korruption herrscht hierzulande nicht zuletzt auch in Kulturkreisen. Ich kenne dies Zeit meines (Musiker-)Lebens und weiss auch, dass sich dies nie ändern wird. Es sei mir deshalb verziehen, dass ich tatsächlich schon immer nur Verachtung für Euch subventionierte und trotzdem international bedeutungslose Wichtigtuer empfand.

Tom Gabriel Fischer – mit innovativem Heavy Metal zu Weltruhm

Tom Gabriel Fischer startete seine Karriere 1982 mit der Band Hellhammer. 1984 wurde aus Hellhammer Celtic Frost. Wo andere Bands vor allem auf Geschwindigkeit und Härte setzten, erweiterten Celtic Frost ihr Stilspektrum schon bald um Elemente aus Dark-Wave und Avantgarde und holten sich auch mal eine Sopranistin ins Studio. Damit inspirierte Fischer eine ganze Generation von Black-, Death- und Gothic-Metal-Bands. Celtic Frost sind, neben den Young Gods und Yello, jene Schweizer Band, die sich mit innovativer Musik weltweit Respekt erspielte. Seit 2008 trägt Fischer das Erbe von Celtic Frost unter dem Namen Triptykon weiter. Diesen Sommer spielte die Band als Headliner beim weltgrössten Metal-Festival in Wacken, wobei auch viele Frost-Klassiker zur Aufführung kamen.

(Bild: Ester Segarra)

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