«Ohne ein Wunder schaffen wir es nicht»

Basels Buchhandlung mit dem besten Sortiment für Geisteswissenschaftler muss in ihrer jetzigen Form schliessen. Wenn sich Geldgeber finden, wird Matthias Staub einen Neuanfang wagen.

Standbein jeder Studentenbuchhandlung: Die Reclamwand im Labyrinth.

Basels Buchhandlung mit dem besten Sortiment für Geisteswissenschaftler muss in ihrer jetzigen Form schliessen. Wenn sich Geldgeber finden, wird Matthias Staub einen Neuanfang wagen.

Die Buchhandlung Labyrinth ist eine Institution am Nadelberg. Kein anderer Laden in Basel ist für die Bedürfnisse von Geisteswissenschaftlern so gut sortiert. Da das «Labyrinth» direkt gegenüber dem Deutschen Seminar liegt, gehört es zum Campus quasi dazu.

Neben einem breiten Bestand an Primär- und Sekundärliteratur hat das Geschäft auch die Literatur von den Leselisten der laufenden Seminare und Vorlesungen auf Lager. Für eine geisteswissenschaftliche Szene ist so ein Geschäft unverzichtbar. Doch die beiden Besitzer, die den Laden seit 30 Jahren betreiben, müssen das Geschäft wegen Schulden im fünfstelligen Bereich auf Ende Jahr auflösen. Im Vergleich zu guten Zeiten umfasst das Sortiment bereits nur noch die Hälfte.

Neue Lesegewohnheiten

Woher kommt die Misere? Dass es kleine Buchhandlungen schwer haben, ist bekannt, doch bei der Ausrichtung auf geisteswissenschaftliche Bedürfnisse sollte an diesem Standpunkt ein Überleben möglich sein. «Die Lesegewohnheiten der Studenten ändern sich», sagt der langjährige Angestellte Matthias Staub. Entweder stellen die Dozenten die Texte, die in einer Veranstaltung besprochen werden, im Internet bereit (seit einigen Jahren muss man nicht mal mehr kopieren, um sein Exemplar auf Papier zu haben), oder es wird zunehmend über Onlinehändler bestellt.

Ein weiterer Punkt ist die Universitätsbibliothek, die eine wichtige Kundin des «Labyrinths» ist. Auch sie zieht Aufträge zurück und kauft bei günstigeren Quellen.

Hat nicht jeder auf Lager: den kompletten Hegel.

Hat nicht jeder auf Lager: den kompletten Hegel.

Obwohl die Situation für das Geschäft schwierig ist, würde Matthias Staub zusammen mit seinem Team einen Neuanfang riskieren. Wie sinnvoll wäre das? Nicolas Passavant, Assistent am Deutschen Seminar, bestätigt zwar, dass die Studenten seit zehn Jahren zunehmend Texte aus dem Netz laden, statt sie in Buchform zu kaufen. Doch gerade in den Kernwissenschaften des Buches wie Literaturwissenschaft und Philosophie wird sich in seinen Augen das Buch halten.

Hoffnung und neue Ideen

Wie Staub glaubt auch Passavant an die Wiedergeburt der kleinen Buchläden, in anderen Städten finde sie bereits statt. Schwer haben werden es vielmehr die grossen Buchhandlungen wie Thalia, denn sie stehen in unmittelbarer Konkurrenz zu den stärkeren Onlinehändlern. «Man sieht schon jetzt, dass die grossen Läden vor allem vom Verkauf von Radiergummis und Postkarten leben», sagt Passavant.

Doch wenn das Labyrinth weiter bestehen soll, braucht es Gönner. Es fallen Kosten für die juristische Regelung der Geschäftsübernahme und für den Ankauf des jetzigen Buchbestands an. «Miniminiminimal» 35’000 Franken müssten her, sagt Staub, 50’000 wären eine gute Basis.

Etwas Endzeitblues ist im Labyrinth bereits eingekehrt.

Etwas Endzeitblues ist im Labyrinth bereits eingekehrt.

Das Konzept, ein fundiertes Sortiment zu bieten, das Geisteswissenschaftlern genügt, will Staub beibehalten. Ausserdem hat er einige Ideen, um die Buchhandlung aus der Flaute hinauszuführen, die sich über lange Zeit eingeschlichen hat.

«Die neue Buchhandlung würde aus einer Reihe von Projekten bestehen», sagt Staub. Schon jetzt beschäftigt er mehrere Studenten, die ihn im Verkauf unterstützen und mit denen er den Laden in Zukunft gemeinsam führen möchte. Als weiterer Schritt soll ein Web-Shop her. Ausserdem will er ausgewählte Autoren dazu einladen, einen Tag in der Buchhandlung zu verbringen, damit Kunden auf Augenhöhe mit ihnen ins Gespräch kommen können. Auch denkt er an den Austausch mit Studenten. Er könnte zum Beispiel ein Buch bereitstellen, über das diese eine Rezension auf der Website des Geschäfts veröffentlichen.

So soll das Labyrinth wieder frisch ins Gespräch kommen. Auch wenn letztlich ausschlaggebend sein wird, ob das Bedürfnis nach Stöbern, Vorrätigkeit und einem Treffpunkt wieder wichtiger wird als der günstige Klick am Bildschirm. «Wenn kein Wunder geschieht, schaffen wir es nicht», sagt Staub.

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