Passiver Widerstand angekündigt

Kurz vor Ablauf des Ultimatums lenken die Bewohner des Basler Wagenplatzes ein. Sie verkleinern ihre Fläche auf die vorgeschriebenen 2500 Quadratmeter. Ob ein Polizeieinsatz damit vom Tisch ist, bleibt unklar. Andere Projekte auf der Fläche wollen weitermachen.

Mit Gabelstapler an der Arbeit: Umzug der Wagenleute. (Bild: Livio Marc Stoeckli)

Kurz vor Ablauf des Ultimatums lenken die Bewohner des Basler Wagenplatzes ein. Sie verkleinern ihre Fläche auf die vorgeschriebenen 2500 Quadratmeter. Ob ein Polizeieinsatz damit vom Tisch ist, bleibt unklar. Andere Projekte auf der Fläche wollen weitermachen.

Vielleicht sind es die letzten feierlichen Stunden auf dem Wagenplatz am Basler Hafen. Während die Wagenleute selber mit dem Rück- und Umzug auf die ihr von der Regierung zugeteilte Fläche beschäftigt sind, spielt auf dem Areal eine Live-Band, tanzen junge Leute, trinken ein Bierchen, grillieren, ein Aktivist verteilt selber gemachtes Rhabarber-Glacé. 

Obwohl die Wagenleute heute angekündigt haben, sich zurückzuziehen, droht weiterhin die polizeiliche Räumung der Restfläche. Die Kunstmesse Scope macht geltend, die Fläche für Parkplätze zu brauchen, der Verein «Shift Mode», der von der Regierung beauftragt wurde, die Fläche zu bespielen, behauptet, den vollen Platz bis auf die 2500 Quadratmeter Wagenplatz für seine geplante Zwischennutzung zu benötigen. Die Bewohner des alternativen Wohnprojekts wiederum hatten bisher den Standpunkt eingenommen, eine Weiterexistenz wie bisher sei auf dieser Fläche nicht zu machen.

Ein Kompromissangebot der Bewohner des Wagenplatzes auf dem Ex-Migrolareal war von den Behörden nicht akzeptiert worden, Regierungspräsident Guy Morin kündigte öffentlich die polizeiliche Räumung an, sollte der Wagenplatz nicht bis Sonntag von bislang 5000 Quadratmetern auf die Hälfte verkleinert worden sein.

Rückzug von der orangen auf die grüne Fläche: Der Wagenplatz gibt nach.

Rückzug von der orangen auf die grüne Fläche: Der Wagenplatz gibt nach.

Nun gibt der Wagenplatz klein bei. Tatsächlich sind auf dem Areal emsige Zügelarbeiten im Gange. «Nachdem wir wochenlang verhandelt haben und kein Entgegenkommen stattgefunden hat, haben wir beschlossen, uns zurückzuziehen, um das Wohnprojekt nicht zu gefährden», sagt ein Sprecher der Bewohner. 

Um fixe Bauten wie den Wasserturm oder die Werkstätten zu bewahren habe man sich dafür entschieden, die 2500 Quadratmeter zugesicherte Fläche in einer Dreiecksform anzulegen. Das zuständige Präsidialdepartement begrüsst diesen Schritt, wie Roland Frank, Leiter Fachstelle Stadtteilentwicklung, auf Anfrage mitteilt. Wörtlich sagt Frank: «Die Reduktion des Wohnbereichs durch den Wagenplatz auf eine dreieckige Fläche von 2‘500 m2 nehmen wir erfreut zur Kenntnis.»

Ein Teil der Demonstranten kommt am Abschnitt des Wagenplatzes an, der bei der Reduktion, die von der Regierung gefordert wird, abgerissen werden müsste.

Ein Teil der Demonstranten kommt am Abschnitt des Wagenplatzes an, der bei der Reduktion, die von der Regierung gefordert wird, abgerissen werden müsste. (Bild: Alain Appel)

Ob damit der lange schwelende Konflikt zwischen den verschiedenen Parteien friedlich beigelegt werden kann, ist eher unwahrscheinlich. Auch nach dem Rückzug des Wagenplatzes befinden sich zahlreiche Bauten und Installationen auf dem Gebiet, das geräumt werden soll, etwa der Kulturbetrieb Uferlos. Auf seiner Website kündigt der Wagenplatz an, diese Projekte würden weiterlaufen und seien weiterhin von einer polizeilichen Räumung bedroht. Ebenfalls ausserhalb der Parzelle verbleiben demnach der Spielplatz, die Grillstelle für das Quartier und der Gästebereich mit öffentlicher Küche. 

Ein Sprecher des Wagenplatzes sagte, man habe den übrigen Parteien auf der Fläche angeboten, in das genehmigte Gebiet zu ziehen, allerdings hätten diese das Angebot abgelehnt, weil etwa das Musikangebot von Uferlos das Wohnprojekt stören würde. So läuft alles auf eine Räumung hinaus, die nach Ablauf des Ultimatums Sonntagnacht stattfinden soll. Für diesen Fall sei man sich einig geworden, nur friedlich – also passiv – Widerstand zu leisten, so ein Wagenplatz-Vertreter.

Wenig Hoffnung auf Einigung

Roland Frank vom Präsidialdepartement hofft weiterhin auf Nachgeben der Alternativen. Er setzt dabei auf den neuen Verein «Klybeck bis an Bach», der sich aus engagierten Anwohnern gebildet hat: «Wir begrüssen das Engagement von «Klybeck bis an Bach», das sich als unabhängiger Moderator (und nicht als Anwalt einer der Parteien) versteht. Dieser Verein führt Gespräche mit Vertretern von Uferlos und Hafenscharte, damit diese die restlichen 2’500 Quadratmeter bis am Sonntagabend zurückbauen.»

In dieser Aussage scheint sich eher Franks Hoffnung auszudrücken als eine Einschätzung der tatsächlichen Situation. «Klybeck am Bach» weist diese Darstellung des Behördenvertreters zurück: Der Rückzug des Wagenplatzes «beinhaltet für uns auf keine Art und Weise die Forderung, dass sich Hafenscharte und Uferlos bis Sonntagabend zurückgebaut haben müssen; es bedeutet, dass bis zum 2. Juli neuer Verhandlungszeitraum entsteht, für Projekte, die dem Quartier lieb geworden sind.» 

Am 2. Juli tritt «Shift Mode» seinen Mietvertrag an, um mit der Bespielung der Fläche zu beginnen. Zuvor stellt die Kunstmesse Scope ihr Zelt auf die Brache.

Bis zum Räumungstermin sollen die Feierlichkeiten derweil weitergehen. Einige Kinder der Wagenplatz-Bewohner werden die Nacht auf Montag nicht auf dem Gelände verbringen: Einen Polizeieinsatz will man ihnen nicht zumuten.

Hintergründe zum Konflikt um den Wagenplatz

Wagenplatz: Petition an Regierung übergeben

Regierung stellt ein letztes Ultimatum bis Sonntag

Kommentar: «Der nächste Fehler ist fatal»

Behauptungen, Gerüchte, Schuldzuweisungen: Alle offenen Fragen zum Wagenplatz

Nächster Artikel