Patrick Fassbind war die eigentliche Überraschung der neuen SRF-Sendung «Arena/Reporter». Der Leiter der Basler Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Kesb griff SVP-Mann Primin Schwander frontal an. Was Fassbind zu seinem Auftritt sagt.
Am Sonntagabend testete das Schweizer Radio und Fernsehen ein neues Format. «Arena/Reporter» heisst der Hybrid und funktioniert so: Gäste und Studiopublikum sehen sich gemeinsam einen Dokumentarfilm an und diskutieren anschliessend das Gezeigte. Das Thema der ersten Sendung war gleich ziemlich brisant: die Kesb, die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, thematisiert am filmischen Porträt der Familie Kast.
Die Familie flüchtete vor zwei Jahren vor dem Staat auf die Philippinen, wobei der Vater die Kinder ihrer Pflegefamilie entriss. Er wird als Vorzeigekritiker der Kesb von den Gegnern instrumentalisiert und war in der Sendung per Videochat zugeschaltet.
Mittendrin in der Studiodebatte: ein emotionaler Patrick Fassbind, seit anderthalb Jahren Leiter der Kesb Basel-Stadt. Fassbind hätte sich, wie es Chefbeamte in der «Arena» zu tun pflegen, zurücklehnen können. Hier ein bisschen relativieren, da und dort berichtigen, stets ruhig und überlegen wirken. Doch Fassbind kam mit einem anderen Plan in die Sendung: Er griff den erklärten Kesb-Gegner und SVP-Nationalrat Pirmin Schwander frontal an, machte ihn persönlich für die Folgen seiner Polemik verantwortlich. Bereits in Fassbinds erster Wortmeldung ging es zur Sache:
«Wir sind nicht alleine für unser Image verantwortlich, Herr Schwander. Sie bringen jeden Einzelfall in die Medien. Sie haben diesen Kindern die Chance verbaut, in der Schweiz eine gute Zukunft zu haben. Sie alleine.»
Schwander setzte an, erklärte, er habe Tausende Beispiele, die zeigten, wie unqualifiziert die Kesb-Mitarbeitenden seien. Fassbind noch energischer: «Welche Tausenden Beispiele? Welche?»
«Das ist schwer erträglich, wenn man täglich mit Kindern in absolut desolaten Verhältnissen zu tun hat.»
Er selbst habe sich nicht als emotional, sondern als engagiert und kämpferisch empfunden, sagt Fassbind nach seinem Auftritt auf Anfrage. «Die Kesb-Gegner wollen den Kindes- und Erwachsenenschutz abschaffen. Das ist schwer erträglich, wenn man wie ich jeden Tag mit Erwachsenen und Familien mit Kindern in absolut desolaten Verhältnissen zu tun hat.»
Für seinen Auftritt habe er sehr viele positive Rückmeldungen erhalten, sagt er. «Natürlich sind auch immer viele Hassreaktionen der Kesb-Gegnerschaft dabei. Das ist normal bei jedem Auftritt als Kesb-Exponent. Dass einem hin und wieder mal der Tod gewünscht wird, gehört dazu.» Damit könne er umgehen. Trotzdem: Die Mehrheit der Bevölkerung wolle einen professionellen Kinder- und Erwachsenenschutz. Das habe die Abstimmung von Ende Mai im Kanton Schwyz gezeigt – 51 Prozent der Stimmbevölkerung habe sich gegen eine Abschaffung der Behörde ausgesprochen.
«Die Angstmacherei der Kesb-Gegnerschaft, die Dämonisierung der Kesb und die einseitige Berichterstattung schaden den Betroffenen und nicht uns», sagt Fassbind. Die Kesb müsse täglich gute und überzeugende Arbeit leisten. «Mehr können wir nicht tun. Ich werde an allen Fronten weiter für schwer gefährdete Kinder und Erwachsene kämpfen. Für Resignation bleibt keine Zeit.»