Politiker kritisieren: Leerstandsquote ist unscharf

Die Leerstandsquote gilt als Gradmesser dafür, wie es um den Wohnungsmarkt steht. Dabei stimme die Zahl gar nicht, sagen Kritiker. FDP-Grossrat Andreas Zappalà kündigt nun einen politischen Vorstoss an.

Mit der jetzigen Zählmethode würden nicht alle leeren Wohnungen erfasst, monieren die Kritiker der Leerstandsquote. (Bild: Anthony Bertschi)

Die Leerstandsquote gilt als Gradmesser dafür, wie es um den Wohnungsmarkt steht. Dabei stimme die Zahl gar nicht, sagen Kritiker. FDP-Grossrat Andreas Zappalà kündigt nun einen politischen Vorstoss an.

Jedes Jahr um den 1. Juni hat das Statistische Amt Basel-Stadt alle Hände voll zu tun. Dann werden Formulare an Immobilien-Verwalter verschickt und Wohnungsinserate gescannt. Die Postangestellten machen sich zudem auf ihrem Rundgang Notizen, welche Wohnung leer stehen könnte. 

All diese Angaben wertet das Statistische Amt aus und errechnet eine Zahl: Am 1. Juni 2014 standen in Basel-Stadt 245 Wohnungen für mindestens einen Monat leer. Das ergab eine Leerstandsquote von 0,2 Prozent. Darauf machte das Wort «Wohnungsnot» die Runde – es zählt heute als gewichtiges Argument in der Wohnpolitik.

Neue Messmethode gefordert

Der FDP-Politiker Andreas Zappalà kritisiert indes die Erhebung der Leerstandsquote. Vergangenen Herbst monierte er in einer Interpellation an die Regierung, die Zahl sei nicht korrekt. Daraufhin ging das Statistische Amt nochmals über die Bücher und kam zu einem neuen Ergebnis: Mithilfe der Einwohner- sowie Wohnungsregister errechnete das Statistische Amt, dass am 31. Dezember 2013 zirka 1000 Wohnungen leerstanden. 

Zappalà sieht sich deshalb bestätigt, dass die bisherige Zählung der leeren Wohnungen einige Unsicherheiten enthält. Er will in den nächsten Wochen einen weiteren politischen Vorstoss einreichen, der die Regierung auffordert, eine neue Messmethoden in Betracht zu ziehen.


Kritik an der Leerstandsquote kommt auch aus Zürich. Dort forderte der Kantonsrat Josef Wiederkehr letztes Jahr ein «neues, zeitgemässes Messinstruments zur Erfassung des Zustandes des Wohnungsmarktes». Die Messung müsse auch eine Wohnungswechselrate beinhalten. Der Vorstoss blieb jedoch erfolglos. Die Zürcher Kantonsregierung teilte Wiederkehr mit, dass keine anderen Daten ermittelt werden könnten.

Dass die Leerstandsquote, wie sie heute erhoben wird, nicht alles abbildet, räumt auch das Statistische Amt Basel-Stadt ein. Die Zahl sagt beispielsweise nichts darüber, wie viel Bewegung auf dem Wohnungsmarkt stattfindet. Wenn es einen nahtlosen Mieterwechsel gibt, wird das nicht in der Leerstandsquote erfasst.

Viele Leute sind in Besorgnis

Der Schweizerische Verband der Immobilienwirtschaft (Svit) veröffentlichte letztes Jahr Zahlen, die ein anderes Licht auf die bekannten Leerstandsquoten in Schweizer Grossstädten werfen. In Zürich ging man beispielsweise am 1. Juni 2014 von 471 leeren Wohnungen aus. Die Zahlen, die die Zürcher Hochschule für Wirtschaft im Auftrat der Svit erhob, besagten hingegen, dass über 1200 Mietwohnungen auf Online-Portalen inseriert waren.

Der Leiter der Studie, Peter Ilg, erklärte gegenüber der «Handelszeitung»: «Die extrem tiefen offiziellen Leerwohnungsziffern sind für viele Leute Anlass zu grosser Besorgnis, weil sie fürchten, kein Dach über dem Kopf mehr zu finden, falls sie ihr Zuhause verlieren würden.» Tatsache sei aber, dass laufend eine grössere Zahl von Wohnungen auf den Markt komme und die Anzahl Wohnungswechsel sogar auf dem Zürcher Mietwohnungsmarkt überraschend gross sei.

Wochenthema Wohnungsnot

Diese Woche beschäftigen wir uns mit der Wohnungsnot in Basel. Lesen Sie auch:

Die Baslerinnen und Basler brauchen immer mehr Platz

Weshalb wir immer mehr Platz brauchen

Und wie viel Wohnfläche haben Sie?

Alles Weitere zum Thema lesen Sie in unserem Dossier: Wohnungsnot in Basel

Nächster Artikel