Geld stinkt nicht. Was noch lange nicht heissen muss, dass es sich beim Geldverdienen genauso verhält. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kläranlagen erzählen nur ungern davon. Und wenn die Aussenwelt etwas vom Arbeitsklima mitbekommt, dann herrscht dicke Luft in der Nachbarschaft.
So geschah es auch bei der Kläranlage ARA Rhein in Pratteln. Doch nach umfangreichen Sanierungsarbeiten dachte man eigentlich, die dicke Luft hätte sich verzogen: Der Baselbieter Finanzdirektor Anton Lauber verkündete letzten Sommer höchstpersönlich den Anbruch einer «geruchsfreien Zukunft».
Doch so ganz scheint man dieser Zukunft, mittlerweile jüngeren Gegenwart, noch nicht zu trauen. Zwar veröffentlichte die Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD) am Donnerstag eine Mitteilung, in der man erstens festhält, die neue Abluftverbrennungsanlage mindere die Geruchsemissionen aus der Abwasserbehandlung «massgeblich», so dass seit ihrer Inbetriebnahme «aus der Bevölkerung keine Geruchsklagen mehr eingegangen» seien.
Gleichzeitig aber steht in der Mitteilung:
«Durch eine Geruchserhebung im Sommerhalbjahr 2018 soll die Wirksamkeit der Abluftverbrennungsanlage bestätigt werden.»
Konkret habe man beim Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik der Hochschule für Technik in Rapperswil 20 «Probanden» bestellt. Diese würden «eigens geschult» und
«von Mai bis Oktober an verschiedenen Tagen und zu verschiedenen Zeiten (auch nachts) an zuvor definierten Standorten die aktuelle Geruchssituation beurteilen und protokollieren. Diese Standorte befinden sich rund um die ARA Rhein im Gebiet Schweizerhalle sowie in verschiedenen Wohngebieten im Raum Pratteln.»
Nun denken Sie vielleicht: leicht verdientes Geld. Nase in den Wind halten – und Alarm schlagen, wenn es übel riecht. Was sehr wahrscheinlich nicht passieren wird, weil sich ja bisher niemand mehr beschwert hat.
Doch weit gefehlt. Das ist kein Schnupper-Kurs für Amateure. Auf Nachfrage, was man mit «eigens geschulten Probanden» meine, teilt BUD-Sprecherin Fiona Schär mit, die Probanden – gesucht sind zehn Männer und zehn Frauen – würden streng selektioniert.
Man überprüfe erstens, ob es sich um Personen mit «durchschnittlicher Geruchswahrnehmung» handle. Nasen mit minderentwickeltem Sinn für Gestank oder hypersensible Riechorgane sind ungeeignet. Es folgt eine Ausbildung speziell für den Einsatz vor Ort. Fiona Schär:
«Die Probanden werden extra für diesen Einsatz geschult. Hierzu werden sie insbesondere auf die Differenzierung der möglichen Gerüche in diesem Gebiet vorbereitet und ausgebildet.»
Menschen mit Riechhemmung wird demnach dringend davon abgeraten, sich auf diesen Job zu bewerben: Wer den Geruch der Kläranlage nicht von anderen Gerüchen (etwa der von Hundekot im beliebten Spaziergebiet) zu unterscheiden lernt, wird verheerende Fehler bei der Beurteilung der Gestanksituation machen und die Studienresultate verfälschen.
Auf den richtigen Riecher legt man grossen Wert. Zwecks Schärfung des Geruchssinns sei «eine mehrtägige Schulung» vorgesehen. Und es gibt sogar einen WK, damit die Probanden nicht auf halber Strecke abstinken:
«Aufgrund der Erhebungsdauer von sechs Monaten werden nach ca. drei Monaten Wiederholungskurse durchgeführt»,
sagt die BUD-Sprecherin.
Falls Sie also über einen durchschnittlichen Geruchssinn verfügen und denken, die anspruchsvolle Ausbildung inklusive Wiederholungskurs bestehen zu können: Bewerben Sie sich.
Es mag zwar, im wahrsten Sinne des Wortes, ein Scheissjob sein. Aber Sie sind dabei an der frischen Luft, und die wird – wenn Sie und die Behörden Glück haben – nicht einmal stinken. Und nicht zuletzt: So etwas hat nicht jeder in seinem CV.
Auch das noch – die TagesWoche-Rubrik fürs Schöne, Schräge und Fiese. Immer mit einem 😉 zu verstehen.