Rassismus, Landesverrat, Philippinen oder kurz: Das Internet der Woche

Der engagierte Kommentar einer Fernsehmoderatorin wurde zum Video der Woche, eine Anklage beschäftigt inzwischen nicht nur das Netz sondern auch die deutsche Regierung, eine Crowdfunding-Aktion lief etwas aus dem Ruder und einen prominenten Todesfall gab es vergangene Woche auch in diesem Internetz.

Der engagierte Kommentar einer Fernsehmoderatorin wurde zum Video der Woche, eine Anklage beschäftigt inzwischen nicht nur das Netz sondern auch die deutsche Regierung, eine Crowdfunding-Aktion lief etwas aus dem Ruder und einen prominenten Todesfall gab es vergangene Woche auch in diesem Internetz.

Das Netzvideo der Woche ist eines, das man ganz oben in den YouTube-Charts nicht unbedingt erwartet hätte. Es enthält keine poppigen Inhalte, keinen Hoax und keine Blödelei. Und es stammt auch nicht von einem der bekannten YouTube-Stars, sondern von einem etablierten Fernsehkanal.

Am vergangenen Mittwoch gab Anja Reschke (NDR) in den «tagesthemen» ein starkes Statement gegen Rassismus im Netz ab. «Wenn ich jetzt hier öffentlich sage, Deutschland solle auch Wirtschaftsflüchtlinge aufnehmen, was glauben Sie, was dann passiert?», begann sie ihre Rede. Das sei nur eine Meinung und die könne man sagen. Theoretisch. Praktisch würde sie eine Flut von Hasskommentaren auslösen, die teilweise sogar unter Klarnamen geäussert werden.

Das, befand sie, seien eben nicht nur Worte, die man ignorieren könne. Mit Apellen wie «Mund aufmachen, Haltung zeigen!», forderte sie in ihrem Kommentar die Zuschauer dazu auf, Rassismus und Hass im Netz nicht länger zu tolerieren, sondern aktiv dagegen Stellung zu nehmen. Das Video wurde dadurch in der vergangenen Woche zu einem der meistgeteilten Inhalte im deutschsprachigen Internet.

Leg dich nicht mit dem Internet an

Wohl knapp nach diesem hier: Bereits Anfang der Woche sorgte der Hashtag #landesverrat für Aufsehen. Der Grund: die Anklage des deutschen Staats gegen zwei Blogger des Blogs «netzpolitik.org» die in ihrem Blog geheime Dokumente veröffentlicht haben sollen.

Vollkommen absurd: Der Generalbundesanwalt startet Ermittlungen wegen Landesverrat gegen uns und die Bundesregierung…

Posted by netzpolitik.org on Donnerstag, 30. Juli 2015

Ob das so ist, ist noch nicht endgültig geklärt. Inhaltlich geht es dabei es um Pläne des deutschen Verfassungsschutzes, eine neue Gruppe für die Internetüberwachung aufzustellen, was den beiden Bloggern wohl durch Mitarbeiter des Verfassungsschutzes zugetragen wurde.

Der Skandal aus Sicht der Medien und eines grossen Teils der Netzöffentlichkeit ist, dass es überhaupt zu einer Anklage kam. Die sieht darin einen massiven Angriff auf die Pressefreiheit in Deutschland, wie er schon sehr lange nicht mehr vorkam. Entsprechend gross ist die Aufregung. Zur Erinnerung: Landesverrat ist ein Tatbestand, der sonst reserviert ist für Überläufer und Spione, die laut Gesetzestext «einen schweren Nachteil für die äussere Sicherheit herbeiführen».

Über mangelnde Unterstützung können sich die beiden Blogger on- wie offline nicht beklagen, es wurde demonstriert, gespendet und eine Petition zur Einstellung des Verfahrens gibt es auch. Für die deutsche Regierung, die sich nach Meinung der Netzöffentlichkeit besser um die NSA-Überwachung kümmern sollte, wächst sich die Anklage derzeit zur «Netzpolitik-Affäre» aus. Da sag noch einer, mit bloggen könne man nichts erreichen.

Nutzer entern Crowdfunding-Aktion

Zurück in die Schweiz: Am vergangenen Wochende geriet der Twitterhashtag #Wyssion in die Trending Topcis auf Twitter. Zurückzuführen ist er auf Jürg Wyss. Der ist Ruheständler, wohnt in Schaffhausen und führt derzeit ein Crowdfunding für ein Entwicklungshilfeprojekt auf den Philippinen durch.

Mit dem gesammelten Geld will er es jungen Erwachsenen ermöglichen, ein Kleinunternehmen zu gründen, indem er ihnen zinslose Kleinstkredite gewährt und ein begleitendes Coaching durchführt. Etwa 50 Kandidaten hat er dafür ausgesucht, deren Kurzprofile man sich auf seinem Blog anschauen kann.

 

Was das Projekt in die Trending Topics brachte, war etwas, womit er nicht gerechnet hatte: Mehrere Nutzer fingen an, das Crowdfunding zu unterstützen, indem sie zugunsten seines Vorhabens Dinge im Netz versteigerten. Eine Handtasche, mehrere Bücher, ein paar Fahrkarten und etliches mehr wechselte den Besitzer, ein Kleinunternehmen schloss sich an und spendete seinen Umsatz.

Das brachte das Crowdfunding etwas durcheinander, den Initianten erst einmal aus der Fassung und #Wyssion in die Twitter Trends. Inzwischen hat er sich wieder gefangen und die nächste Versteigerung für den 10. August selbst angekündigt

Hitchbot ist tot

Sie erinnern sich bestimmt: Hitchbot ist der kleine Roboter, der mit Schwimmnudelarmen, Gummistiefeln und einem kleinen Wortschatz versehen in den letzten Jahren sowohl durch Kanada als auch durch Europa trampte und dadurch zum Liebling des Internets wurde. Mit beschränkem Wortschatz in der Landessprache bat er jeweils darum, ein Stück mitgenommen zu werden und postete Bilder seines Abenteuer auf sozialen Netzwerken. Tausende Nutzer folgten ihm.

Trauriges Ende für den kleinen Roboter Hitchbot. Bei seiner jüngsten Reise durch die USA geriet er in die Hände von Vandalen und wurde dabei zerstört.

Trauriges Ende für den kleinen Roboter Hitchbot. Bei seiner jüngsten Reise durch die USA geriet er in die Hände von Vandalen und wurde dabei zerstört.

Seine jüngste Tour durch die vereinigten Staaten endete allerdings unglücklich. Nach einem Aufenthalt in Philadelphia wurde der autostoppende Roboter von Vandalen zerstört. Wie genau das passiert ist, wissen die Erfinder nicht. Eins jedenfalls ist sicher: zu reparieren ist er nicht. Den Glauben an die Humanoiden hat er wohl trotzdem nicht verloren.

Seinen Glauben an die Menschheit scheint Hitchbot indes nicht verloren zu haben.

Seinen Glauben an die Menschheit scheint Hitchbot indes nicht verloren zu haben. (Bild: www.hitchbot.me)

«My love for humans will never fade» postete er auf seiner Webpage. Die Ironie daran: Hitchbot wurde eigentlich als soziales Experiment begonnen. Die Eingangsfrage war: «Können Roboter den Menschen vertrauen?». Die Antwort ist nun wohl: «kommt darauf an!».

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