Vier grosse, knallrote Wandbilder dominieren die Räume des Riehener Restaurants «Zum Schlipf». Jetzt hat der Gemeinderat dem Begehren des neuen Pächters zugestimmt, die 1995 als Auftragsarbeit geschaffenen Bilder zu übermalen. Die Urheberin des Werks protestiert.
Ihre Arbeit, schreibt die in Berlin lebende Basler Kunstmalerin Elisabeth Masé, habe sogar Eingang gefunden in das «Kritische Lexikon der Gegenwartskunst»: Die aus vier Teilen bestehende, grossflächige Wandmalerei im Riehener Restaurant «Zum Schlipf» besteht aus rotem Grund mit weissen Zeichnungen, welche mit den Mauersteinen aus dem Riehener Gemeindewappen in verschiedenen Konstellationen spielt. 1995 hatte Masé mit dem Konzept einen Wettbewerb der Kunstkommission gewonnen und es als Auftragsarbeit realisiert.
17 Jahre später passt das kräftige Rot dem neusten Pächter des Restaurants, das sich im Gemeindebesitz befindet, nicht mehr in die Raumgestaltung: Es handelt sich um einen Verein, der sich um junge Menschen mit Problemen im Anschluss an die Gesellschaft kümmert. Der «Basler Zeitung» gab der «Verein Lebensträume» sogar zu Protokoll, dass er den Pachtvertrag nicht unterschrieben hätte, wenn die Wandbilder hätten bleiben müssen. Der Gemeinderat stimmte am 10. Oktober dafür, die Bilder zu übermalen.
Von diesen Plänen wurde Masé am 15. Oktober per E-Mail in Kenntnis gesetzt. Das gebietet das Schweizer Urheberrecht: Denn die Eigentümer von Kunstwerken können ohne Einwilligung der Urheber der Kunstwerke nicht tun und lassen, was sie wollen. Namentlich Veränderungen des Werks sind ohne Zustimmung des Schöpfers unzulässig.
Das Urheberrecht erlaubt die Zerstörung
Im Fall von Kunst am Bau allerdings, zu der Wandmalerei in der Regel gehört, habe der Gesetzgeber für einmal äusserst konkrete Regeln erlassen, sagt David Studer, Rechtskonsulent der Gemeinde Riehen: Wenn ein Kunstbesitzer ein urheberrechtlich geschütztes Werk gar nicht mehr haben will, muss er es dem Künstler zum Rückkauf zum Materialwert anbieten, bevor er es zerstören darf. Und Artikel 15 des Urheberrechts regelt schliesslich diesen Fall für Werke, die nicht zurückgegeben werden können (weil sie zum Beispiel an einer Wand angebracht sind): Dann muss der Besitzer dem Künstler oder der Künstlerin vor der Zerstörung die Möglichkeit geben, das Werk zwecks Rekonstruktion zu dokumentieren.
Diese Möglichkeit habe die Gemeinde Elisabeth Masé mit der Information vom 15. Oktober gegeben, sagt Studer. Masé habe daraufhin darum gebeten, das Werk insgesamt zu schützen; der Gemeinderat habe sich deswegen an einer nächsten Sitzung mit Möglichkeiten befasst, die Wandgemälde zu bewahren, habe das Ansinnen aber mangels gangbarer Lösungen fallengelassen.
Elisabeth Masé geht es gemäss einem ausführlichen Schreiben an die Medien aber um die Kunst an sich. Sie appelliert jetzt an die Riehener Bevölkerung: Es handle sich schliesslich bei dem Kunstwerk, das nicht einfach dem Zeitgeist geopfert werden dürfe, um deren Eigentum. Dass dieses in einem Gesamtkonzept für die Gestaltung des «Schlipf» vor siebzehn Jahren in Auftrag gegeben wurde, dürfe heute kein wohlfeiler Grund für die Zerstörung sein.