Sammelwut

Warum wir von manchen Dingen nie genug bekommen.

Diese Weltkugel als Anhänger am Armband beinhaltet eigentlich alles, was man sich ausser dem Weltall wünschen könnte. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Warum wir von manchen Dingen nie genug bekommen.

Menschen machen Dinge gerne fertig, denn so halb angefangene Sachen wie Strassen, die ins Leere führen, oder Filme mit offenem Ende oder halbgares Essen, das ist doch nichts. Denn nur, wer Sachen zu Ende bringt, ist anscheinend ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft.

Dieses Gefühl macht sich auch die Konsumgüterindustrie zunutze: Sie bringt Dinge zum Sammeln auf den Markt. Dabei gibt es verschiedene Stufen: Serien, die genau abgezählt sind (Lexika, Hummelfiguren, Dinosaurier oder Erfundenes wie Nanos von der Migros). Solcherlei Sammelwut auslösende Sachen sind meist durchnummeriert oder mit Setzkästen erhältlich, welche dem Süchtigen die fehlenden Objekte durch leere Plätze sofort schmerzlich bewusst machen. Andere Marken wiederum gehen perfider vor, indem sie die Anzahl und das Aussehen der noch zu erwerbenden Objekte nicht genau zu definieren scheinen – das Opfer hat vermeintlich die Wahl.

Ein gutes Beispiel dafür sind die sogenannten Bettelarmbänder, in deren Kettenglieder Anhänger eingehängt werden können. Jeder kleine Klunker dient laut Werbebotschaft als Erinnerung an einen unvergess­lichen Moment, also gilt es, das Armband total zu behängen (obwohl die meisten Menschen sich die richtig wichtigen Momente in ihrem Leben auch ohne Erinnerungsstütze gut merken können). Aber wenigstens weiss man jetzt immer, was man den Bettelarmband-Trägerinnen schenken könnte.

Weltkugel aus Sterlingsilber von Thomas Sabo, etwa 130 Franken, Armbänder ab 50 Franken; z.B. bei Globus oder im Stücki Center; www.thomassabo.com

 

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 09.11.12

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